Imran Khans politisches Schicksal: Aufstieg und Fall eines Hoffnungsträgers

Seite 3: Was belegt einen US-amerikanischen Umsturzversuch?

Washington wies Khans Vorwürfe entschieden zurück. Am 31. März tagte Pakistans Nationaler Sicherheitsrat und nannte Donald Lus Gebaren eine "... unverhohlene Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Nation" und übermittelte eine Protestnote an die US-Botschaft in Islamabad.

Am 22. April tagte der Nationale Sicherheitsrat wieder und nannte den Cipher keinen Beweis für eine ausländische Verschwörung.

Interessanterweise kam gleichzeitig ans Licht, dass Khans Mitarbeiter ihm das Protokoll zunächst vorenthielten – man würde gerne wissen, warum. Gefährlich wurde für Khan die Frage, ob er womöglich Geheimnisverrat begangen hatte (am 30. Januar 2024 wurde er deswegen in einem dubiosen Prozess hinter Gittern zu weiteren zehn Jahren Haft verurteilt).

Cipher: Die Enthüllung durch The Intercept

Am 9. August 2023, etwas mehr 16 Monate nach der verhängnisvollen Nacht auf dem Parade Ground in Islamabad publizierte das unabhängige amerikanische Netznachrichtenmagazin The Intercept den Cipher in voller Länge.

Kurz zusammengefasst (und mangelhaft zitiert): Under Secretary Donald Lu bringt das Missfallen von US-Amerikaner und Europäern in Bezug auf Pakistans "aggressiver Neutralität" gegenüber der Ukraine zum Ausdruck. Dann sinniert er, in Washington würde alles vergessen, falls das Misstrauensvotum Erfolg hätte.

Pakistan macht sich Sorgen, Afghanistan könnte bei den Supermächten vom Schirm verschwinden. Und spielt mehrfach auf Indien an, das einerseits bessere Verbindungen zu den USA besitzt, aber weniger für seine enge Beziehung zu Russland getadelt wird.

Am Ende wundert sich Majeed, warum Khans Moskau-Besuch für so viel Wirbel sorgte, wenn sich Washington doch nicht für Pakistans Position interessiert. Und wie viele Male davor fühlt sich Pakistan vernachlässigt und für seine den USA erwiesenen Dienste nicht ausreichend honoriert. Mehr steht in dem allgemein zugänglichen Dokument nicht drin.

Belegt dies einen Versuch der USA, Imran Khan zu stürzen?

Die Drohung

Im Vergleich zu Amerikas extremstem Eingriff in die Politik Pakistans ist der Cipher nicht einmal eine Lappalie. Kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde General Musharraf aufgefordert, im war on terror für oder gegen die USA zu entscheiden – mit allen Konsequenzen. Musharraf hatte nur wenige Stunden, um in dieser existenziellen Frage abzuwägen.

Lu sagte im Prinzip nur, in Washington würde Khans Moskau-Besuch schnell vergessen sein, falls er seines Amts enthoben würde. Auch The Intercept schreibt in seinem Aufmacher von "Secret Pakistan Cable Documents US Pressure To Remove Imran Khan", von Druck, keiner Verschwörung.

Amerikanischer Druck auf Pakistan sieht anders aus, siehe oben. Lu bleibt schwammig: "... . Otherwise, I think it will be tough going ahead." Das stellt keine konkreten Forderungen, das ist keine Erpressung.

Der Cipher ist so wie ihn Pakistans Nationaler Sicherheitsrat am 22.4. 2022 sieht: Undiplomatisch, in zu rauem Ton, doch kein Beleg einer ausländischen Verschwörung.

Der Vorwurf, die politischen Parteien wie PML-N und PPP seien instrumentalisiert worden, ist absurd. Sollen Hunderte Politiker und Abgeordnete über Monate manipuliert worden sein, um ein Misstrauensvotum durchzusetzen – für die USA? Alles vorbei am ISI?

Selbst mit dessen Unterstützung wäre das zu viel der Ehre für CIA & Co.

Die Vorbereitungen für das Misstrauensvotum begannen lange vor Khans Handschlag mit Wladimir Putin. Verständlicherweise wurde der Cipher zwischen USA und Pakistan bald vergessen, es stand nichts wirklich Wichtiges drin.

Da haben die "Verbündeten" ganz anderes erlebt und es liegen noch viele Skelette im Schrank. Am Ende fiel das Dokument nur dem auf die Füße, der versuchte, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Mancher wird gedacht haben: Wieder mal typisch Imran Khan.