In der Hand Miamis

Nach Drohungen kubanischer Exilorganisationen: US-Präsident Bush kündigt "Wechsel auf Kuba" an

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Fast täglich detonieren in Bagdad Autobomben, Anschläge auf US-Soldaten häufen sich und ein Ende des Einsatzes ist nicht abzusehen. Sieht für die US-Regierung die Lage im "befreiten" Irak nicht gut aus, so ist sie an der Heimatfront nicht besser: Wie der US-Sender Fox News berichtete, würden einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Opinion Dynamics Corporation zufolge derzeit nur 39 Prozent der Befragten für eine Wiederwahl Präsident Bushs stimmen, ebenso viele entschieden sich für einen nicht genannten demokratischen Gegenkandidaten. Noch vor drei Monaten lag Bush in der gleichen Konstellation mit 51 zu 30 Prozent in Führung.

Die Unterstützung für George W. Bush schwindet just zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die politischen Lager in den USA auf den Präsidentschaftswahlkampf im kommenden Jahr vorbereiten. Es gilt, alle verbliebenen Unterstützer zu mobilisieren. Schwierig gestaltet sich das ausgerechnet in Florida, dem Bundesstaat, dem der amtierende Präsident sein Amt verdankt.

Nachdem die US-Einwanderungsbehörden Ende Juli 15 Schiffsentführern aus Kuba die Einreise verweigerten und sie wieder auf die Insel abschoben, ist das Verhältnis zwischen den rechten Kräften des kubanischen Exils und Washington äußerst gespannt. Der Protest der anticastristischen Organisationen des kubanischen Exils war so massiv, dass Anfang August selbst Jeb Bush, Gouverneur des US-Bundesstaates Florida und Bruder des Präsidenten, das Weiße Haus öffentlich rügte. "Entweder halten sie ihre Versprechen oder sie reden Klartext mit uns", kommentierte nun Joe García, Geschäftsführer der "Kubanisch-Amerikanischen Nationalstiftung" (CANF, die aktuelle Haltung seiner Organisation zur Bush-Regierung. "Tun sie es aber nicht", fuhr er im Interview mit dem Miami-Radiosender WQBA vor wenigen Tagen fort, "so werden wir andere Wege finden, um unsere Ziele zu erreichen".

Seit vergangenem Freitag ist die alte Allianz wieder hergestellt. Zum Jahrestag des Beginns des Unabhängigkeitskrieges Kubas gegen die spanische Kolonialverwaltung im Jahr 1868 trat George W. Bush im Rosengarten des Weißen Hauses vor die Presse, um die Gründung einer Kommission anzukündigen, die "Szenarien für ein Kuba nach dem Fall des stalinistischen Regimes" entwerfen solle. Dem Gremium sollen nach bisherigen Informationen sowohl Außenminister Colin Powell wie auch der Minister für Wohnungsbau und Stadtplanung, Mel Martínez - ein gebürtiger Kubaner -, angehören.

Auch wenn die Stellungnahmen aus Washington sie nicht überraschen, verortet die kubanische Philosophin Isabel Monal sie "in der Tradition einer US-Politik, wie wir sie seit dem 19. Jahrhundert kennen". In Havanna würden solche Äußerungen mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, so Monal, die ihr Augenmerk auf die militärische Komponente der US-Politik legt. Wichtiger sei es daher, die Rede im Kontext einer aktuellen US-Außenpolitik zu betrachten, die immer aggressivere und irrationalere Formen annehme. Den USA spricht Monal die die moralische Autorität ab, Demokratie zu lehren. "Wie sind denn die meisten Diktatoren Lateinamerikas an die Macht gekommen?", fragt sie, um die Antwort nachzuschieben: "Mit Hilfe der USA."

Wenn Bushs Ansprache in weiten Teilen tatsächlich nichts Neues enthielt, so deutet sich doch eine massive Verschlechterung der Beziehungen an. Es ist kein Zufall, dass sowohl die Drohungen der CANF wie auch die jüngsten Ankündigungen des Präsidenten kurz vor Beginn des Wahlkampfes kommen. Bei der umstrittenen Präsidentschaftswahl wurde Bush in Florida nur denkbar knapp der Sieg über Gore zugesprochen, die 27 "Wahlstimmen" aus Florida entschieden den Kandidatenstreit schließlich. Ohne sie wäre wohl der Demokrat Al Gore als Sieger aus den Wahlen hervorgegangen (George W. Bush ist rechtlich, aber wahrscheinlich nicht faktisch der von der Mehrheit gewählte US-Präsident).

Mit Beginn der Präsidentschaftskampagne zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass die extreme Rechte des kubanischen Exils zu eben den Kräften gehört, die das politische Geschehen in den USA fest im Griff haben. Weder Jeb noch George W. Bush werden sich aus der Umklammerung der Exilanten befreien können, denn schon jetzt warten die demokratischen Gegenkandidaten Jeb Bushs mit Zusicherungen an die "Gemeinde" auf, die Blockade gegen Kuba ohne Wenn und Aber zu unterstützen. Jeder "falsche" Schritt der Regierung würde einen Stimmenverlust an das gegnerische Lager bedeuten.