Indien: Es wird böse werden. Gewaltig böse

Seite 2: Modi lebt in einem anderen Indien

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Schon mit dem Einbürgerungsgesetz (CAA) hat die hindunationalistische Modi-Regierung versucht, die Ausländer im Land, vorwiegend Bangladeschi, für die Probleme verantwortlich zu machen. Dabei ist es Indien, das wie kein Land der Erde sonst davon profitiert, dass 17,5 Millionen Inder im Ausland als Arbeits-Immigranten leben. Umgekehrt leben gerade einmal 5,6 Millionen Ausländer der Arbeit wegen in Indien.

In einer Rede an die Nation am Wochenende warb Narendra Modi um Geduld und Vertrauen in seine Maßnahmen. Die Rede klang so ähnlich wie die am 8. November 2016: Damals zog die Modi-Regierung über Nacht 88 Prozent des Bargelds aus dem Verkehr - angeblich, um dem Schwarzgeld auf die Spur zu kommen.

6 Tage später konnte an dieser Stelle nachgelesen werden, wie die Sache ausgehen würde: "Es wird nur die kleinen Fische erwischen" - und genauso kam es. 99,3 Prozent des Bargeldes wurde zurückgegeben, dafür vernichtete Modis Wahnsinnidee 10 Millionen Arbeitsplätze. Die Toten und das Leid, die der Wahnsinn verursacht hat, tauchen in keiner Statistik auf.

Auch 2016 lebte Narendra Modi scheinbar in einem anderen Indien, da ihm nicht bewusst gewesen war, wie wichtig Bargeld für die Mehrheit der Bevölkerung war und noch immer ist. Genau wie 2016 schiebt die Modi-Regierung jetzt die Verantwortung für die Bürger des Landes auf die Regierungen der 29 Bundesstaaten und 7 Unions-Territorien ab.

In Indien an jeder Ecke zu finden - die Tschai Bude. Deren Schließung dürfte aktuell Hunderttausende ohne Einkommen dastehen lassen. Foto: Gilbert Kolonko

Regen und Hagel haben die aktuelle Weizen- und Rapsernte in vielen Bundesstaaten schwer beschädigt. Die Hitze mit bis zu 50 Grad ist im Anmarsch. Anschließend kommt der Monsun, bei dem die indischen Großstädte regelmäßig unter Wasser stehen.

Dazu hat die Modi-Regierung seit fünf Jahren Hass zwischen den Religionsgruppen gesät, auch zwischen den hinduistischen Kasten: Die Vorgängerregierung der indischen Kongress Partei hat mit Quoten auf Regierungsstellen und Studienplätzen dafür gesorgt, dass auch Gruppen wie die Dalits, die sogenannten Unberührbaren, in die Gesellschaft integriert werden konnten.

Indische Realitäten in Kolkata - ein Viehhirte treibt seine Ziegenherde zum Grasen in den Stadtpark. Foto: Gilbert Kolonko

Doch die Modi-Regierung und ihre radikalen Hinduorganisationen stellten es in den letzten Jahren so dar, als liege es an den Quoten, dass ein "anständiger Hindu" keinen Job bekommt oder keinen Studienplatz. Dabei liegt das wohl eher an Rekordarbeitslosigkeit schon vor "Corona", auch das Wirtschaftswachstum schwächelt. Dafür legt Indien bei den Milliardären zu: im Jahr 2019 wurden das Land jeden Monat um drei Superreiche reicher.

Auch wie Kritik an dem schon verursachten "Corona-Chaos" unterdrückt werden soll, ist schon jetzt klar: Die Kritiker werden als anti-nationale Kräfte dargestellt und die nationale Einheit in der Krise beschworen.

Wenn es Narendra Modi wirklich um die Gesundheit seiner Bevölkerung geht, warum sind ihm dann bisher die 1, 2 Millionen Inder egal gewesen, die jedes Jahr an den Folgen von Luftverschmutzung gestorben sind? Auch die mindestens 200.000 Inder, die an den Folgen von verdrecktem Wasser dahin siechen?

Indien, das sich rühmt, Atommacht zu sein, hat ein Gesundheitssystem, das in weiten Teilen des Landes katastrophal ist. Auch unter Modi gehört Indien zu den größten Waffenkäufern der Erde, das sich zudem leistet, in Teilen von Kaschmir einen Soldaten für 30 Bürger abzustellen. Im 100 Millionen Einwohner-Bundesstaat Bihar dagegen gibt es auf 1.000 Einwohner 0,11 Krankenhausbetten, im Landesdurchschnitt 0,7 Betten.

Selbst wenn ab jetzt alle eingeleiteten Maßnahmen der indischen Regierung greifen sollten, und das werden sie nicht, wird es in Indien in den kommenden Monaten böse werden - gewaltig böse.