Infoterror gegen demokratischen Widerstand in Wien

Rechtliche Schritte eingeleitet.

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Die antirassistische Wiener Initiative Get To Attack, die sich Anfang Oktober letzten Jahres gegründet hatte, wurde am Freitag und Samstag Opfer extensiven Spammings und leitet derzeit rechtliche Schritte gegen die Urheber des Infoterrors ein.

In Österreich schlagen die Wellen derzeit in jeder Richtung hoch. Im Anschluss an die Wahlen in Österreich 1999, aus denen die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei Österreichs unter Führung Jörg Haiders als zweitstärkste Partei hervorging, gründeten sich ein Reihe demokratischer Offensiven gegen eine 'Koalition mit dem Rassismus' . Darunter auch Get To Attack, mit dem Ziel einer aktiven Vernetzung von Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen mit dem Ziel einer offensiven Politik gegen die Institutionalisierung von Rassismus, Sexismus und Nationalismus.

Seit der Angelobung der neuen ÖVP-FPÖ Regierung am Freitag dem 4. Februar steht Get To Attack - wie viele andere Initiativen - unter massivem Druck rechter Gruppen. Solche meist anonymen Attacken zielen vehement darauf ab, den internen Informationsfluss zu untergraben. Spamming - das massenweise versenden von Emails - traf Get To Attack extrem hart am Freitag, im Anschluss an einen friedlichen Aufruf, die Angelobung lautstark zu begleiten. Ein Sprecher von Get To Attack meint zu den Vorfällen:

"Das Spamming hat uns anfangs für einige Stunden unbeweglich gemacht. Es ist jedoch verhältnismäßig einfach eine solche Aktion schon auf der Seite des Mailservers zu blockieren."

Derzeit finden sich auf der Netzseite von Get To Attack die Email-Header, die helfen sollen, die Herkunft des Spammings zu klären.

Nach derzeit geltendem österreichischem Recht besagt der Paragraph 101 des Telekommunikationsgesetzes: "Die Zusendung einer elektronischen Post als Massensendung oder zu Werbezwecken bedarf der vorherigen - jederzeit widerruflichen - Zustimmung des Empfängers."

Get To Attack leitet rechtliche Schritte gegen den Infoterror ein. Ein Sprecher dazu: "Es geht uns natürlich in keiner Weise um eine finanzielle Entschädigung. Es geht uns um ein rechtliches Statement. Das vor allen Dingen, da wir uns als demokratische Initiative nicht auf Formen des Aktionismus außerhalb des rechtstaatlichen Rahmens einlassen wollen. Offener Informationsfluß ist wichtig für eine demokratische Streitkultur."

Während Get To Attack als Initiative dezentral und deshalb schwer identifizierbar strukturiert ist - abgesehen von regelmässigen Treffen im Depot des Museumsquartiers in Wien - lassen sich die Netzseiten bei Public Netbase, dem Institut für Neue Kulturtechnologien in Wien lokalisieren. Als Folge der Ausstellung "sex.net - sex & lies & internet" war Public Netbase selbst schon Opfer kulturpolitischer Attacken der FPÖ - die in erster Instanz abgewendet wurden.

Indirekt treffen somit die Spamming-Angriffe auf Get To Attack auch die Serveradministrator von Public Netbase. Doch man versichert dort, alles gut im Griff zu haben: "Wir haben sehr viel Zuspruch bekommen und sind schon mit Administratoren in Kontakt, die sozusagen die Emails aus erster Hand erhalten haben. Mit ein wenig Glück haben wir die Identität der Urheber des Spammings in ein paar Tagen geklärt, um das Ganze an unseren Anwalt weiterleiten zu können."

Es wird sich zeigen, wie wichtig das Informationsnetzwerk für den demokratischen Widerstand sein sird. Momentan entwickeln kulturschaffende der Stadt Wien ein SMS-Netzwerk für die Koordination von Nachrichten in öffentlichen Räumen, und auch der unabhängige Radiosender Radio Orange ist inzwischen Teil des Netzes und steht einkommenden Anrufen zur Verfügung, die dann überarbeitet per UKW die mobilen Geräte in der Menge erreichen können.

Janko Vook ist freier Journalist und lebt in Paris und Wien.