Internet in Vietnam

Das Internet boomt auch im post-kommunistischen Vietnam

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Kein leichtes Pflaster für große Erfolge, möchte man meinen, wenn man die Klagen der Wirtschaft über staatliche Regulierungswut hierzulande berücksichtigt. Doch das Geschäft mit dem Internet boomt auch im post-kommunistischen Vietnam.

Noch bis 1995 wuchs der Internetmarkt in Asien deutlich langsamer als der in Afrika und nichts ließ auf einen Boom schließen. Vielfach lag die Zurückhaltung an den Befürchtungen der Regierungen vor einem freien und ungebremsten Informationsfluss. Im Hinblick auf die internationale Konkurrenzfähigkeit stellten die meisten Staaten ihre Befürchtungen jedoch zurück und gaben den Informationshighway den Firmen- und Privatnutzern frei.

Obwohl die Bedeutung des Internets in Vietnam schon früh bekannt war und die Politik mit dem Programm "IT 2000" die Grundlagen für den Aufbruch in das damals neue Jahrtausend geschaffen hatte, zögerte die vietnamesische Führung lange. In Vietnam gibt es das Internet mit den Diensten WWW und FTP erst seit dem 1. Dezember 1997, dem sogenannten "Internet Tag". Der Nachrichtenfluss innerhalb der eigenen Grenzen wird nach Angaben der nichtkommerziellen US-Organisation Freedom House durchweg staatlich kontrolliert.

Trotzdem ist der Bereich der Telekommunikation und Informationstechnologie in Vietnam anders als die Bereiche der klassischen Medien wie Buch, Zeitung, Radio und Fernsehen nicht ganz so strikten Kontrollen unterworfen. Schon zu Beginn der achtziger Jahre begannen die Vietnamesen eine Öffnung ihres Marktes für westliche Konzerne wie die französische Alcatel oder den deutschen Siemens-Konzern. Sie gewährten großzügige Steuervorteile und gestatteten auch uneingeschränkte Gewinnrückflüsse in die Herkunftsländer. Zur damaligen Zeit konnte man von einer Infrastruktur im Telekommunikationssektor kaum sprechen. Heute sind die Netze nur in den großen Städten halbwegs gut ausgebaut und werden auch nur dort durch GSM-900-Mobilfunknetze ergänzt. Unter der mangelnden Infrastruktur leiden aber vor allem Internetzugänge in ländlichen Regionen.

In den Städten wurden hingegen schon kurz nach dem "Internet-Tag" die ersten Internet-Cafés eröffnet. Seither ist die Begeisterung der Bewohner des überwiegend landwirtschaftlich genutzten Landes am Südchinesischen Meer ungebremst. Einzig hinderlich sind die sprachlichen Probleme des überwiegend anglophilen Internets. Zwar sprechen viele Vietnamesen auch Französisch, doch das hilft in diesem Fall kaum weiter.

Trotz hoher Zugangskosten von rund 60 Mark pro Monat in der Anfangszeit schnellten die Umsätze rasant nach oben. Inzwischen gibt es schon Minutenpreise von drei Pfennigen bei einer monatlichen Grundgebühr von etwa fünf Mark. Immer noch viel Geld für die meisten Vietnamesen. Ein Ende des Booms ist noch lange nicht abzusehen. In den Internet-Cafés werden die Kunden inzwischen fast durchgängig mit westlichem Service und neuen Rechnern verwöhnt. Doch bald droht der weitere Anstieg der Nutzerzahlen an der begrenzten Internetanbindung von nur 24 MBit/s für das gesamte Land zu scheitern.

Seit 1993 ist die Vietnam Posts and Telecommunications VNPT als einzige Betreibergesellschaft für Ferngespräche zugelassen. In ihrer Hand liegt auch die Aufsicht und Regulierung der Datennetze. Ihre Tochtergesellschaft Vietnam Data Communications Co. VDC, der gleichzeitig größte Internet-Service-Provider (ISP), hat den ihr obliegenden Netzausbau zur Zufriedenheit der anderen mit ihr konkurrierenden halbstaatlichen ISP erfüllt.

Im Jahr 2000 waren gerade einmal 40.000 Internetzugänge registriert. Ende dieses Jahres soll die Zahl auf immerhin 110.000 Anschlüsse steigen. Im Januar wurden schon über 220.000 vietnamesische Internetseiten gezählt. Schon heute kann man in allen Provinzen des Landes ans Netz gehen.

Um möglichst viele neue Internetnutzer zufrieden zu stellen, will die VDC die derzeitige Kapazität auf eine Anbindung von 135 MBit/s für ganz Vietnam ausbauen. Gerade die aufstrebende Softwareindustrie ist auf eine schnelle Anbindung angewiesen. Der zu Beginn des Jahres neu eröffnete Software-Park "Quang Trung" am Rande von Ho Chi Minh-Stadt erhält daher eine eigene drei Millionen US-Dollar teure Satellitenanbindung mit 20 MBit/s. Bis zum Jahr 2005 soll Vietnam sogar über eine Internetanbindung von 1 GBit/s verfügen, das lassen die Planer der staatlichen VDC verlauten.

Es bleibt zu hoffen, dass die Zugangskosten noch weiter sinken werden und der technologischen auch eine weitere politische Öffnung des Landes folgen wird.