Intervallfasten – könnte das eine Alternative sein?

Seite 3: Effekte des Intervallfastens im Tiermodell

In einer Übersichtsarbeit konnte 2017 gezeigt werden, dass Intermittierendes Fasten (ebenso wie zeitlich beschränktes kontinuierliches Fasten) tatsächlich tiefgreifende positive Auswirkungen auf viele verschiedene Gesundheitsindizes im Tiermodell hat und vielen Krankheitsprozessen entgegenwirken kann.

In experimentellen Modellen wird das funktionelle Ergebnis einer Vielzahl von altersbedingten Erkrankungen verbessert, darunter Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurologische Störungen wie Alzheimer, Parkinson und Schlaganfall.6

Im Einzelnen wurden an Tieren folgende Effekte festgestellt:

  • Gehirn: Bildung neuer Nervenzellen aus Stammzellen gefördert, beschleunigte Autophagie, kognitive Verbesserungen, z. B. der Wahrnehmung
  • Herz: Herzschlag und Blutdruck vermindert
  • Stoffwechsel: Blutzucker, Insulin, Leptin, Cholesterin und Entzündungsmarker vermindert
  • Leber: erhöhte Insulinempfindlichkeit, Ketonkörper-Produktion gesteigert
  • Muskulatur: erhöhte Insulinempfindlichkeit, vermehrte Autophagie
  • Fettgewebe: Mobilisation von Fettsäuren, verminderte Entzündungsreaktionen
Andreas Michalsen:
"Mit Ernährung heilen"

Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, ist Hauptautor eines 2020 veröffentlichten informativen Sachbuches, das sich u. a. mit dem Intervallfasten befasst.7

Zur Bewertung der oben genannten Effekte sagt er in seinem Buch (S. 252): "Es bleibt zu klären, ob all diese Erkenntnisse voll umfänglich auch auf den Menschen zutreffen. Mice tell lies, lautet eine Meinung unter kritischen Forschern, Mäuse erzählen lügen. Nicht zu reden von den ethischen Problemen bei Tierversuchen. Daher werden mit großer Spannung die endgültigen Ergebnisse zum Intervallfasten beim Menschen erwartet."

Effekte des Intervallfastens bei Übergewicht, Adipositas und Diabetes beim Menschen

Aber einige Ergebnisse aus Human-Studien über die Effekte des Intervallfastens bei diesen Gesundheitsstörungen gibt es schon, die ich kurz vorstellen möchte.

In einer größeren Studie aus Heidelberg aus 2018 wurden bei 150 übergewichtigen oder adipösen Probanden zwölf Wochen lang Intervallfasten nach der 5:2-Methode und eine konventionelle Reduktionskost miteinander verglichen. In beiden Gruppen lag die Kalorienreduktion bei 20 Prozent. Auf die zwölf-wöchige Interventionsphase folgten 38 Wochen, in denen Gewicht und Gesundheitszustand der Studienteilnehmer beobachtet wurden.8

Nach zwölf Wochen hatten die Intervallfastenden mit 7,1 Prozent ihres Körpergewichtes zwar ein wenig mehr abgenommen als die Probanden, die auf herkömmliche Weise durch Kalorienverminderung Diät gehalten hatten (−5,2 Prozent). Aber nach knapp einem Jahr gab es keinen signifikanten Unterschied mehr beim Gewichtsverlust einschließlich der Abnahme des Taillenumfangs zwischen den beiden Gruppen. Das gilt auch für eine umfangreiche Liste von verschiedenen untersuchten Stoffwechselparametern.

Zusammenfassend zeigte diese Studie, dass das Intervallfasten und die konventionelle Reduktionskost alternative Energierestriktionsmaßnahmen zur Gewichtsreduktion mit vergleichbaren Verbesserungen der Adipositas-assoziierten metabolischen Profile sind, mindestens über die Beobachtungszeit von einem Jahr.

Beide Therapien wurden von der Mehrheit der Teilnehmer gut vertragen und können gleichwertige Gewichtsmanagementansätze sein. Weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit, Praktikabilität und Sicherheit des Intervallfastens für Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs sind erforderlich.

Das Resultat wurde von den Autoren somit positiv interpretiert: Die Studie zeige, dass Intervallfasten nicht schlechter ist als eine herkömmliche Reduktionskost und für manche Menschen, denen eine zeitweise Kalorienreduktion leichter fällt als eine dauerhafte, eine Alternative darstellen könnte, heißt es in der Diskussion dieser Studie.

Andreas Michalsen, der in seinem oben genannten Sachbuch9 die Auffassung vertritt, dass das Intervallfasten fast immer zu einer guten und nachhaltigen Gewichtsabnahme führt und dafür eine Reihe von eindrucksvollen Fallbeispielen anführt, sagt ebenfalls, dass das Intervallfasten den gleichen Effekt wie eine herkömmliche Reduktionskost habe, die aber im Alltag selten durchgehalten wird. Es scheine so, dass die 16/8-Methode leichter umzusetzen sei, denn ein Teil der täglichen Fastenzeit werde verschlafen, wird er im Deutschen Ärzteblatt zitiert.10

Weiterhin gibt es eine sehr interessante kleinere Studie aus Tschechien zum Intervallfasten bei Diabetes.11

In dieser Studie werden bei Diabetikern die Wirkung von sechs kleinen (A6-Regime), die einer üblichen Diabetes-Diät entspricht, versus zwei großen Mahlzeiten pro Tag, Frühstück und Mittagessen (B2-Regime), die einem TRE entspricht, auf Körpergewicht, Leberfettgehalt, Insulinresistenz und Betazellfunktion untersucht und verglichen.

Methode: In einer randomisierten, offenen, Crossover-Studie wurden 54 Patienten mit Typ-2-Diabetes, die mit oralen Antidiabetika behandelt wurden, sowohl Männer als auch Frauen im Alter von 30 bis 70 Jahren, BMI 27 bis 50 kg/m2 und HbA1c von 6 bis 11,8 Prozent, den oben genannten zwei Regimen einer kalorienverminderten Kost, A6 und B2, jeweils für zwölf Wochen zugeteilt.

Ergebnisse: Ein B2-Regime (nur Frühstück und Mittagessen) reduzierte Körpergewicht, Leberfettgehalt, Nüchternplasmaglukose, C-Peptid (endogenes Proinsulin) und Glucagon stärker und verbesserte die Insulinresistenz mehr als ein B6-Regime.

Schlussfolgerung: Für Typ-2-Diabetiker mit einer kalorienverminderten Kost scheint ein TRE mit zwei Mahlzeiten, einem größeren Frühstück und Mittagessen, vorteilhafter zu sein als sechs kleinere Mahlzeiten während des Tages.

Und schließlich möchte ich noch auf eine aktuelle Metaanalyse über die metabolischen Auswirkungen des Intermittierenden Fastens auf Patienten mit Typ 2-Diabetes mellitus eingehen.12

Im Abstract dieser großen wissenschaftlichen Studie wird einleitend gesagt, dass Intermittierendes Fasten (IF) als eine Strategie zur Gewichtabnahme mit zusätzlichen kardiometabolischen Vorteilen für Patienten mit Adipositas vorgeschlagen wird. Trotz seiner wachsenden Beliebtheit bleibe jedoch die Wirkung von IF bei Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2DM) unklar.

Deshalb wurde ein systematischer Review und eine Meta-Analyse durchgeführt, um die metabolischen Auswirkungen von IF im Vergleich zur Standarddiät bei Patienten mit T2DM zu bewerten.

Methodik: Über die einschlägigen Portale wurde nach randomisierten und Diät-kontrollierten Studien in der Zeit zwischen 1950 und 8/2020 gesucht, die eine IF-Intervention bei Erwachsenen mit T2DM bewerten. Es wurde der Einfluss von IF auf Gewichtsverlust, Glukosesenkung und glykolisiertes Hämoglobin (HbA1c), dem Langzeitzuckerwert, im Vergleich zu einer Kontrollgruppe untersucht.

Befund: Sieben Studien (n = 338 Teilnehmer; mittlerer Body-Mass-Index [BMI] 35,65, mittlerer Ausgangswert HbA1c 8,8 Prozent) erfüllten die Einschlusskriterien. IF induzierte eine stärkere Abnahme des Körpergewichts (-1,89 kg) im Vergleich zu einer normalen Ernährung. Der zusätzliche Gewichtsverlust, der durch IF induziert wurde, war in Studien mit einer schwereren Population (BMI größer als 36) und in Studien mit kürzerer Dauer (gleich/kleiner als 4 Monate) mit -3,73 kg größer. IF war nicht mit einer weiteren Reduktion des HbA1c im Vergleich zu einer Standarddiät assoziiert.

Schlussfolgerung: Aktuelle Erkenntnisse deuten darauf hin, dass IF bei Patienten mit T2DM im Vergleich zu einer Standarddiät mit einem größeren Gewichtsverlust verbunden ist, mit jedoch ähnlichen Auswirkungen auf die glykämische Kontrolle.