Interview mit Guerilleros

"Sie behandeln uns wie Hunde" - Westliche Reporter auf dem Weg in den irakischen Untergrund

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Man könne jetzt dank besserer Informationen, gezielter zuschlagen verkündete Verteidigungsminister Rumsfeld von seiner Stippvisite im Irak. Die Anschläge auf US-Truppen hätten sich in den letzten beiden Wochen um die Hälfte verringert: eine Erfolgsmeldung, die einen Tag später von General Sanchez relativiert wurde. Die "Guerilla-Anschläge" würden wahrscheinlich in den nächsten Monaten bis zur Wahl im Juni zunehmen, prophezeite der Oberkommandeur der amerikanischen Streitkräfte im Irak.

Dem Widerstand geht das Geld aus, freut sich General Odierno, während sich irakische Guerilleros im Gespräch mit einer Reporterin der französischen Tageszeitung Le Monde damit brüsten, dass sie von überall her Geld und Material bekämen - reichlich: von Saddam, von der Qaida, von der libanesischen Hisbullah und schließlich sogar von Muktada as-Sadr, dem radikalen Schiitenführer.

Mit einem ehemaligen Offizier der irakischen Armee und drei "Guerilleros" des "mysteriösen Widerstands" habe sie sich in einem Haus mitten in Ramadi, einer Stadt im so genannten sunnitischen Dreieck getroffen, schreibt die Reporterin Sophie Shihab, um Dinge zu erfahren, welche die "Ängste der Amerikaner mehr als bestätigen".

Sie sprachen in der Tat ganz selbstverständlich von der Unterstützung, die ihnen Al- Qaida, die libanesische Hisbullah und die radikale Gruppe der Schiiten, angeführt von Muqtada as-Sadr zukommen lassen.

Die "Armee Muhameds" nennt sich das Bündnis der Widerständler, das, so die drei jungen Kämpfer, alle unter Dreißig, kein "politisches Ziel" habe, sondern einfach nur aus Muslimen bestehe. Die Armee sei zwei Wochen nach dem Fall Saddams gegründet worden und ihre Gruppe sei etwa 500-1000 Mann stark. Über diese kühne Zahlenangabe sei allerdings gelächelt worden, vermerkt die Reporterin.

Den Chef einer Zelle von 10 Männern, hat ein UPI-Reporter an einem unbekannten Ort getroffen. Auch dieser Mann hat sich nach eigenen Angaben erst nach dem Sturz Saddams zum Widerstand gegen die US-Truppen entschlossen. Ursprünglich sei er nicht gegen die Invasion gewesen, er habe zunächst abgewartet, als er allerdings feststellte, dass das Verhalten der US-Truppen nicht so war, wie er dies von Befreiern erwartet hätte ("They treat us like dogs"), habe er sich dem Widerstand angeschlossen. Seiner Zelle sei ein Chef übergeordnet, der vier oder fünf solcher Zellen kommandiere, diesem übergestellt sei ein Mann, der vier oder fünf solcher Einheiten befehlige und darüber ein Kommandeur, der zehn solcher Gruppen usw...Insgesamt, so seine Schätzung, befänden sich etwa 2.500 Männer in seiner Organisation, in der jeder nur die engsten Mitstreiter kenne.

Saddam als Oberbefehlshaber käme nicht infrage, da dieser zu beschäftig mit der Suche nach geeigneten Verstecken sei. Das Problem des Waffennachschubs nennt der westlich gekleidete Untergrundkämpfer, der den Amerikanern mit "Respekt" ("I had met Americans before and always respected them. I still do. They are educated, they know how to build things, how to think and how to work hard.") gegenübersteht, als größtes Problem; das Geld für begehrte Jagdgewehre aus Saudi-Arabien und für sowjetische Flugabwehrwaffen komme von "Studenten" aus dem Jemen, Syrien und Jordanien, die, so sein Verdacht, Verbindungen zur al-Qaida oder anderen Terrororganisationen hätten.

In einem Punkt bestätigt der Mann aus dem Untergrund allerdings die offiziellen Verlautbarungen der amerikanischen Administration: Die Operation "Eisenhammer" habe zu schweren Verlusten unter seinen Leuten geführt, zu Toten und Gefangenen. Die allerdings zum Teil durch die Infiltration in der US-Übersetzerkerntruppe wieder befreit werden könnten, teilte Abu Mujahid seinem UPI-Interviewer mit, bevor er auf Nimmerwiedersehen verschwand.