Israel, Zypern, Griechenland und Italien haben sich auf Eastmed-Gaspipeline geeinigt
Vertrag wird am 2. Januar unterzeichnet
Der griechischen Regierung zufolge haben sich Griechenland, Zypern, Israel und Italien auf die Bedingungen für den Bau der Mittelmeer-Gaspipeline Eastmed so vollständig geeinigt, dass der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis, der dem zypriotische Staatspräsident Nikos Anastasiades, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und ein noch nicht namentlich genannter Vertreter der italienischen Staatsführung den Vertrag dazu am 2. Januar unterschreiben werden.
Über die in bis zu 3.000 Metern Tiefe verlegte und geschätzte 6 Milliarden Euro teure Pipeline soll ab 2025 israelisches Erdgas aus Offshore-Feldern wie Tamar und Leviathan nach Europa strömen (siehe Karte). Dort wird unter anderem wegen der deutschen Energiewende-Pläne und des erdbebenangstbegründeten Förderendes an niederländischen Erdgasfeldern ein so stark steigender Bedarf erwartet, dass sich die hohen Investitionen lohnen.
USA dafür, Türkei dagegen
An der Planung der Pipeline beteiligte sich auch die EU - mit der Begründung, dass Lieferungen aus Israel die Abhängigkeit der EU-Mitgliedsländer von russischem Erdgas verringern (vgl. Nord Stream 2 gestoppt). Mit dieser Begründung befürwortet auch der amerikanische Außenminister Mike Pompeo das Eastmed-Projekt, obwohl es die Nachfrage nach verschifftem US-Flüssigerdgas potenziell verringern dürfte. Dafür stärkt es mit Israel einen engen Verbündeten der USA.
Ein Gegner der Pipeline ist dagegen die türkische Staatsführung, die unter der islamistischen Führung von Recep Tayyip Erdoğan zunehmend auf Distanz zu Israel ging. Zu Griechenland und Zypern besteht diese Distanz trotz der NATO-Mitgliedschaft der Türkei noch viel länger. Sie reicht bis in die Zeit der osmanischen Herrschaft über die Ägäis zurück und umfasst sowohl die Vertreibung von eineinhalb Millionen Griechen und 350.000 Türken nach dem Ersten Weltkrieg als auch die Flucht der griechischen Zyprer nach der Besetzung des Nordens der Insel durch türkische Truppen in den 1970er Jahren (vgl. 90 Millionen Euro für Tötungen und Enteignungen von Griechen).
Auch zyprisches Erdgas könnte eingespeist werden
Verstärkt wurden diese Erbspannungen in jüngster Zeit durch einen Streit um Erdgasfunde vor den Küsten Zyperns, die man in die Eastmed-Gaspipeline einspeisen könnte (vgl. Die ostmediterrane Gasbonanza und Gasfunde im östlichen Mittelmeerraum: Wohlstandsträume mit Konfliktpotential). Auf diese Funde erhebt nicht nur die zyprische Staatsführung Anspruch, sondern auch die türkische (vgl. Gasfunde im östlichen Mittelmeer - der "dritte Korridor"? und Ägypten unterstützt Griechenland und Zypern gegen die Türkei).
Sie nennt für ihre Bohrungen zwei Anspruchsgrundlagen, die sie ihrer Meinung nach dazu berechtigen: Die erste davon ist ein internationales Schiedsgerichtsurteil, dem zufolge die vor der Küste Neufundlands gelegenen Inseln Saint-Pierre und Miquelon Frankreich keinen Anspruch auf eine eigene 200 Seemeilen umfassende "Ausschließliche Wirtschaftszone" zu Lasten der kanadischen geben. Ob diese Entscheidung als Präzedenzfall für alle Inseln taugt, ist jedoch fraglich:
Saint-Pierre und Miquelon sind mit einer Fläche von gemeinsam 242 Quadratkilometern vergleichsweise winzig und nur von etwa 6000 Menschen bewohnt. Außerdem sind sie kein unabhängiger Staat, sondern ein französisches Überseegebiet. Zypern dagegen ist 9251 Quadratkilometer groß, von gut 850.000 Menschen bewohnt, und gehört nicht zu Griechenland, sondern ist ein unabhängiger Inselstaat wie Großbritannien, Japan oder Indonesien.
Allerdings kontrolliert die Regierung Zyperns seit 1974 nur mehr den Südteil der Insel, weil im Norden nach einer türkischen Militärintervention eine türkische Republik Nordzypern ausgerufen wurde (die jedoch nur von Ankara anerkannt wird). Diese türkische Republik Nordzypern sieht die türkische Staatsführung als zweite Säule ihrer Ansprüche: Denn erstens habe ihr deren Regierung mit Sitz in Lefkoşa Lizenzen zum Bohren in Küstennähe erteilt - und zweitens müsse die zyprische Regierung in Nikosia Einkünfte aus Gasförderverträgen mit ExxonMobil, Total und ENI mit der in Lefkoşa teilen (vgl. Europäische Investitionsbank soll wegen der Gasbohrungen vor Zypern Kredite an Ankara "prüfen").
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