Ist die Euro-Krise plötzlich vorbei?

Seite 3: Wie wird sich die Euro-Krise entwickeln?

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Es will gar nichts heißen, dass die Debatte um Portugal und Spanien derzeit nicht sonderlich virulent ist und sich die Länder an den Kapitalmärkten derzeit wieder etwas günstiger Geld zur Refinanzierung besorgen können. In beiden Ländern wird gefeiert, dass man am Donnerstag Staatsanleihen wieder etwas günstiger losschlagen konnte. Man habe nun wieder einen Stand wie vor der Irland-Krise erreicht.

Doch die Zinslast war real für dreijährige (3,3%) und fünfjährige Anleihen (4,1%) weiter hoch. Portugal musste sogar 3,7% für Anleihen mit einer 12monatigen Laufzeit und 3% für eine Laufzeit mit sechs Monaten bezahlen. Bevor die Stimmungsmache gegen das kleine Land begann und es ohne reale Gründe von Moody's in einem Atemzug mit dem Griechenland genannt wurde, musste Portugal für sechsmonatige Anleihen nicht einmal 0,6% bezahlen.

So haben sich die Zinssätze derzeit nur auf einem hohen Niveau stabilisiert. Sie sind nicht auf Werte gesunken, wie sie vor der Griechenland-Krise bezahlt wurden und belasten die Haushalte beider Länder weiter stark. In Portugal wird es erst im April ernst, wenn das Land Anleihen im großen Stil braucht. Dass das Land zuletzt nur mit massiven Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB) unter der frei definierten Absturzmarke von 7% gehalten wurde, zeigt, dass die Krise jederzeit wieder auf die Tagesordnung zurückkehren kann (Wenn das "erfolgreiche" Platzieren von Staatsanleihen in den Rettungsschirm führt).

Portugal und Spanien werden ohnehin mit den Sparprogrammen wieder in die Rezession zurückgespart. Nach zwei Quartalen mit einem minimalen Wachstum und einem mit Stagnation, ist die spanische Wirtschaft im vierten Quartal schon wieder geschrumpft. Der Gang in die Rezession bietet neuen Stoff für weitere Herabstufungen, genauso wie in Spanien die extreme Arbeitslosigkeit, die ungebremst weiter steigt. Inzwischen sind es fast 5 Millionen und schon fast jeder zweite junge Mensch ist ohne Job und Perspektive (Spanien: Fast die Hälfte der Jugendlichen ohne Job).

Dazu kommt in Spanien, dass die Bankenkrise nicht ausgestanden ist, sie wohl noch nicht einmal richtig begonnen hat. Der zweite Versuch, zur Beruhigung der Kapitalmärkte, den Sparkassensektor zu sanieren, ist zum Scheitern verurteilt. Er kann dazu führen, dass Madrid 2011 sein Sparziel verfehlt. Moody's weist zudem auf große Haushaltsdefizite in einigen spanischen Regionen hin.

Ganz und gar nicht gefallen hat es der Ratingagentur auch, dass ein Richter anerkannt hat, dass es ausreicht, eine Immobilie - wie in den USA - an die Bank zurückzugeben, für die ein Kredit gewährt wurde, um den Kredit zu begleichen. Denn bisher bleiben im Bankenparadies Spanien, wo die Banken sogar die Risiken von Zinsschwankungen voll auf die Verbraucher ableiten können, die Familien auf der Differenz als Schulden sitzen, wenn bei einer Zwangsversteigerung ein niedrigerer Wert als die ausstehende Kreditsumme realisiert wurde. Oft sind das nur 50%, weil viele Wohnungen unverkäuflich sind und die Bank sie übernimmt. Das Urteil nimmt die aber nun mit in die Verantwortung, schließlich wurde der Kredit nur für die Immobilie gewährt und zudem nach einer Wertprüfung durch die Bank. Macht das Urteil nun Schule, stehen bei spanischen Banken und Sparkassen weitere massive Abschreibungen an. Eine Prozesswelle rollt nun an, also könnte die Rettung einiger Sparkassen sogar noch deutlich teurer für die Regierung werden.

Die Kreditausfallrate war schon vor dem Urteil im November 2010 – neuere Angaben liegen noch nicht vor - nach Angaben der Zentralbank auf gefährliche 5,7% gestiegen. Was die Regierung mit immer neuen Sparkassenreformen zu verschleiern versucht, ist, dass es die spanischen Banken sind, die immer heftigere Probleme bekommen. Die Ausfallrate bei den Banken hatte mit 5,8% einen neuen Rekord erreicht und sie haben die öffentlich-rechtlichen Institute nicht nur überholt, sondern der Abstand zu den Sparkassen (5,3%) vergrößert sich zusehends. Man sollte sich also nicht wundern, wenn, nachdem 2010 erste Sparkassen kollabierten, demnächst auch spanische Banken in die Pleite abschmierten. Wie bei den Sparkassen würde das international ausstrahlen und Spanien dem Absturz über steigende Refinanzierungskosten näher bringen.

Moody's hat im Dezember das Land mit Portugal ohnehin wieder unter Beobachtung gestellt, nachdem die Agentur Spanien Land nach dem letzten Generalstreik als letzte Agentur die Bestnote aberkannt hatte (Spanien wird wegen Generalstreik herabgestuft). Auch Standard & Poor's hat eine Überprüfung der Kreditwürdigkeit im Hinblick auf eine Herabstufung begonnen. Das fehlende Wachstum wird letztlich zur weiteren Abstufung führen. Der Chef der großen BBVA-Bank regt deshalb schon an, dass Spanien sich für die Sanierung der Kreditinstitute beim EU-Rettungsschirm Geld besorgen sollte. Francisco González sagte: "Wenn wir eine spezielle Unterstützung von einigen Dutzenden Milliarden Euro für konkrete Probleme, wie den Finanzsektor, brauchen, sollte man diese Kredite fordern."

Es ist auffällig, dass der BBVA-Chef nicht von Sparkassen spricht und er die Gefahr, insgesamt unter den Rettungsschirm zu müssen, nicht für gebannt hält (http://www.publico.es/dinero/359586/no-hay-problema-en-que-espana-pida-ayuda). Dass der Rettungsschirm, einst als Kriseninstrument gedacht, zum Normalzustand mutiert, bindet González also schon in seine Überlegungen ein (Wie ein Krisenmechanismus zum Normalzustand mutiert). Er kritisiert auch, dass die neuen Kapitalanforderungen dazu führen werden, dass noch weniger Kredite vergeben würden, womit die wirtschaftliche Entwicklung zudem belastet werde. Die fallen für Sparkassen, von denen eine Kernkapitalquote von 10% gefordert wird, sogar noch deutlich heftiger aus, als bei Banken, die nur 8% vorweisen sollen. Bankinter und Sabadell würden aber sogar daran scheitern.

Für ein neues Hochschießen der Zinslasten im Euroraum könnte erneut Griechenland sorgen. Immer offener wird über eine Umschuldung geredet, die der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard für quasi unvermeidlich hält. Er geht realistisch davon aus, dass Griechenland auch nach dem offiziellen Auslaufen der Hilfen weiter Unterstützung aus Europa brauchen wird. "Dass Griechenland ohne eine Umschuldung auskommt, daran kann man begründete Zweifel haben", erklärte er im Interview. Die Frage für ihn ist eigentlich nur, "wer dann die Zeche zahlen muss".

Die Sparanstrengungen lassen die Schuldenlast des Landes erwartungsgemäß nicht sinken. Schließlich sind sie gewöhnlich mit Steuerausfällen und steigenden Transferkosten in die Sozialkassen verknüpft, weil die Sparprogramme eben auch in Griechenland zurück in die Rezession geführt hat. Die Staatsverschuldung Griechenlands dürfte 2010 auf etwa 140% des BIP angestiegen sein. Die EU-Kommission rechnet damit, dass sie im Laufe dieses Jahres bis auf 150% ansteigen wird.

Diese Schulden können eigentlich nicht mehr bezahlt werden. Dafür bräuchte das Land ein großes Wachstum, stattdessen ist die Wirtschaftsleistung 2010 deutlich geschrumpft. Dafür sorgt auch die hohe Zinslast, die den Hellenen mit 5,2% sogar über den EU-Rettungsfonds aufgelastet wurden. Man kann davon ausgehen, dass es nicht einmal eine Sperrung des Suez-Kanals oder andere Verwerfungen angesichts der Konflikte im Nahen Osten braucht, um die Euro-Krise wieder auf die Tagesordnung zu bekommen.