Wie ein Krisenmechanismus zum Normalzustand mutiert
Wieder einmal wollen Staats- und Regierungschefs der EU "alles Notwendige" tun, um die Stabilität des Euro-Raumes zu sichern
Das Zauberwort "notfalls" ist aus dem Wunderkästchen der Berliner und Brüsseler Formelsprache nicht mehr wegzudenken, seit die Finanz- und Wirtschaftskrise die Welt erfasst hat. Zunächst ging es nur darum, "notfalls" Banken zu retten. Danach sollten notfalls Staaten gerettet werden und jetzt geht es darum, notfalls "die Stabilität des Euro-Raumes als Ganzes zu sichern". Nun wollen die Mitglieder der Euro-Zone im Notfall ab 2013 noch mehr Geld für die Rettung des Euro mobilisieren. Konkrete Schritte bis dahin wurden nicht besprochen. Weder wird der Rettungsschirm ausgeweitet, noch wird es gemeinsamen Euro-Anleihen geben, die als "Ausdruck der Solidarität" in der EU gegenüber den Angriffen auf den Euro gefordert wurden. Ausgeweitet wird aber der Tabubruch, die EZB wird noch stärker Staatsanleihen aufkaufen und ihr Kapital wird deshalb erstmals ausgeweitet, ja sogar verdoppelt.
Nach dem Krisengipfel ist vor dem Krisengipfel. Man muss wahrlich kein Wahrsager sein, um vorherzusagen, dass die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel, der am Freitag in Brüssel zu Ende ging, die "Märkte nicht beruhigen" werden, wie man sich angeblich erhofft. Das hat schon damit zu tun, dass konkrete Maßnahmen bis 2013 auf die lange Bank geschoben werden. Erneut werden blumige und unkonkrete Formulierungen bemüht, um die Uneinigkeit und Handlungsunfähigkeit zu verschleiern, welche die Staats- und Regierungschefs wieder einmal gezeigt haben. Bekräftigt wurde nach dem Treffen, "alles Notwendige zu tun, um die Stabilität des Euro-Raumes als Ganzes zu sichern". Der Euro, so wurde unterstrichen, sei das zentrale Mittel zur europäischen Integration.
Doch man staunt, dass zum Schutz des Euro gegen andauernde Angriffe keine konkreten Beschlüsse gefasst wurden. Eine Aufstockung des EU-Rettungsschirms wird es ebenso wenig geben wie Euro-Bonds, weil sich Deutschland und Frankreich quergestellt haben (Ist die Europäische Zentralbank pleite?). Man muss aber nur etwas in die Geschichte von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Benutzung des Wortes "notfalls" schauen, um schon jetzt sagen zu können, dass demnächst wohl wieder die hektische Eile nach der langen Weile ausbrechen wird (Die hektische Eile nach der langen Weile. Hektisch wurde im Frühjahr die Nothilfe für Griechenland mit 110 Milliarden Euro beschlossen und zudem der 750 Milliarden Euro umfassende Rettungsschirm aufgespannt. Zuvor hatte man immer davon gesprochen, dass notfalls gehandelt werde, obwohl der Handlungsbedarf lange zuvor offensichtlich war. Doch man tat weiter so, als bräuchte Griechenland keine Hilfe. Die wurde deshalb dann richtig teuer, vor allem für die Griechen.
Dieses Spektakel konnte am Fall Irland genauso beobachtet werden, wie am Bad-Bank-Gesetz in Deutschland oder bei der Verstaatlichung des abgestürzten Münchner Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE). Der Vorgang ist stets gleich. Zunächst wird abgestritten, dass Hilfen, Verstaatlichungen … überhaupt notwendig sind. In Berlin legte man sich zunächst ins Zeug, um nationalistisch geschwellter Brust jede Hilfe für Griechenland kategorisch abzulehnen. Vor knapp einem Jahr hatte zum Beispiel Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erklärt, er wolle nicht, "dass jetzt die deutschen und französischen Steuerzahler die Missentwicklung in Griechenland zu finanzieren haben".
Doch schon kurz danach werden erste blumige Beschlüsse gefasst, auch die Ähnlichkeit ist erstaunlich. Nach dem Gipfel im Februar wurde erklärt: "Die Mitgliedstaaten der Eurogruppe werden entschlossen und koordiniert handeln, sofern das nötig ist, um die finanzielle Stabilität in der Eurozone insgesamt zu sichern." Betont wurde natürlich, dass eine Hilfe nicht nötig sei und Griechenland sie auch nicht beantragt habe. Dass solche Phrasen ohne Substanz die Spekulation eher noch antreiben, hat sich an Griechenland gezeigt. Die Zinsen für die Staatsanleihen schossen hoch, weshalb man, anders als in Berlin gedacht, nach einem heftigen Schlingerkurs noch vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) vom Bremspedal auf das Gaspedal umsteigen musste. Dass diese Politik der schwarz-gelben Regierung die Macht in NRW und eine Mehrheit im Bundesrat gekostet hat, war Merkel und dem schwer angeschlagen Guido Westerwelle aber genauso wenig eine Lehre, wie die Tatsache, dass sie schon damals das Streichholz für den Flächenbrand in der EU angezündet wurde.
Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy zerschlagen unterdessen im Gespann weiter Porzellan in Europa und haben erneut konkrete Mechanismen blockiert, um die Angriffe auf den Euro und einzelne Mitgliedsländer abzuwehren. Besonders deutlich wurde das an den Forderungen nach einer schnellen Aufstockung des Euro-Rettungsschirms und der Diskussion um die Euro-Bonds (Ist die Europäische Zentralbank pleite?). Auch hier wird angesichts der Entwicklungen in Europa demnächst wieder umgeschaltet werden, weil Spanien und Portugal gerade damit zum Abschuss freigegeben wurden. Die Lage beim Schuldenmeister Italien ist mehr als bedenklich, weshalb die Zeitbombe für den Euro immer lauter tickt.
Das Spiel der Ratingagenturen
Sogar die Lage in Irland hat sich weiter dramatisch zuspitzt, obwohl das Land schon unter den Rettungsschirm der EU gekrochen ist. Das hat damit zu tun, dass die Ratingagentur Moody's an Irland immer heftiger den Hebel ansetzt. Moody's hat die Kreditwürdigkeit des Landes gestern sogar gleich um fünf Stufen herabgestuft. Nach der Note "Aa2" ist Irland nun auf dem Niveau "Baa1" kurz vor dem Junk-Niveau eines Entwicklungslands angelangt und die Agentur kündigte sogar an, dass die Bonitätsnote noch weiter sinken könnte. Das ist natürlich völlig absurd. Es zeigt sich immer deutlicher, dass die selbsternannten Bonitätswächter, welche die US-Pleitebank Lehman Brothers bis zum Absturz noch mit der Bestnote bewertet haben und die Immobilienblase in den USA, Spanien und Irland verschliefen, für eine bestimmte Klientel Politik machen. Das können sie aber nur, weil die EU auch an dieser Baustelle bisher versagt, denn die Vormachtstellung der Ratingagenturen wurde bisher nicht aufgebrochen, wie es seit langem gefordert wird (Der Euro stürzt ab).
Moody's, Fitch und Standard & Poor's (S&P) können weiter ihre Geschäfte machen und mit ihren Ratings dafür sorgen, dass ihre Prognosen als selbsterfüllende Prophezeiung auch eintreten (Kreist auch über Portugal der Pleitegeier?). Wie gerade in Spanien wieder gesehen, reicht die Drohung einer neuen Abstufung, um die Schulden eines Landes stark zu verteuern und quasi unbezahlbar zu machen. Damit wird in einer Krise diese sogar noch deutlich verstärkt wird, weshalb Spanien nun definitiv abzustürzen droht. Inzwischen müssen Spanien und Portugal schon fast so hohe Renditen für ihre Staatsanleihen bieten, wie Griechenland und Irland vor der Auslösung des Notfalls. Die hohen Zinsen sorgen dafür, dass die Einschätzung eintritt, vor der die Agenturen zu warnen vorgeben: dass immer mehr Geld für den Schuldendienst aufgebracht werden muss, dass dann für viele Jahre fehlt, um es in Bildung, Forschung, Infrastruktur und Sozialprogramme zu stecken.
Dass nun auch der Internationale Währungsfonds (IWF) in die Kerbe haut und offen zweifelt, dass die grüne Insel ihre Schuldenprobleme in den Griff bekommen kann, könnte als schlechter Witz aufgefasst werden. Schließlich hat der IWF, den Merkel unbedingt in das europäische Rettungsboot holen musste, an den Auflagen mitgestrickt, mit denen Irland die Schlinge um den Hals gelegt wurde, an dem sich das Land erhängen soll, weil es Privatbanken auffängt. "Das Tempo der Erholung ist gemäßigt, die Abwärtsrisiken sind beträchtlich", stellte der IWF in einem am Freitag bekannt gewordenen Bericht fest. Verantwortlich dafür sind auch die hohen Zinsen, die Irland sogar für Geld aus dem Rettungspaket bezahlen muss, die mit 5,8% sogar noch deutlich über denen liegen, die Griechenland zahlt. Dass die Washingtoner Finanzagentur trotz des festgestellten Ausfallrisikos für das Land seinen Anteil an der teuren "Rettung" mit 85 Milliarden erwartungsgemäß freimacht, nachdem Irlands Parlament in die Knie gegangen ist, ist nur scheinbar ein Widerspruch, weil damit der Durchgriff auf die Macht erst ermöglicht wird.
Erste Kapitalerhöhung in der Geschichte der EZB
Die einzige konkrete Maßnahme, die im Rahmen des EU-Gipfels zeitnah wirkt, ist, dass der Sündenfall der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgeweitet wird. Um die EZB vor einer Pleite zu bewahren, hat sie beschlossen, die nationalen Notenbanken anzupumpen. Ihr Grundkapital soll nun auf mehr als zehn Milliarden Euro verdoppelt werden.
Grund für diese erste Kapitalerhöhung in der Geschichte der EZB ist die Befürchtung, dass die Notenbank hohe Verluste durch die umstrittenen Ankäufe von Staatsanleihen macht, womit sie nach Einschätzung vieler Experten zur "Bad Bank" verkommt (Ist die Europäische Zentralbank pleite?), auf die Risiken durch verstärkte Aufkäufe noch in größerem Umfang ausgelagert werden. Bisher soll die EZB für 72 Milliarden Euro Papiere von Staaten wie Griechenland, Irland, Portugal und Spanien aufgekauft haben.
Wie schon bei der Regulierung der Finanzmärkte wird der Rest der Schritte auf die lange Bank geschoben. Allerdings ist das Zeitfenster, anders als bei unzureichenden Basel III-Beschlüssen, diesmal nur bis 2013 gestreckt und nicht bis 2018. Wenigstens sind die Basel-Beschlüsse gegenüber den Beschlüssen des EU-Gipfels konkreter, wenngleich auch sie so wachsweich sind, dass viele Staaten, wie das Bankenland Schweiz, freiwillig darüber hinausgehen.
Nebulöse Formulierungen, starke Rolle des IWF, Bankenbeteiligung unwahrscheinlich
Abgesegnet wurden in Brüssel nun die Grundzüge dieses "Europäischen Stabilitätsmechanismus" (ESM), der allerdings erst ab Mitte 2013 greifen soll, um den befristeten Rettungsschirm abzulösen. Die Selbstbeweihräucherung in der Einleitung zeigt schon an, dass vom Text nicht viel zu erwarten ist. "Während der gesamten Krise haben wir entschlossen gehandelt, um die Finanzstabilität zu wahren." Das ist eine erstaunliche Analyse, schaut man sich an, dass Griechenland und Irland abgeschmiert sind und neue und immer größere Kandidaten nachrücken.
Bis Ende 2012 soll dazu der EU-Vertrag geändert und von allen EU-Staaten bis Mitte 2013 ratifiziert sein. Das sei wichtig, weil man sich damit verpflichte, "die Stabilität des Euros als Ganzes sicherzustellen", meinte Merkel. Die Frage ist nur, ob es bis dahin den Euro noch als Gemeinschaftswährung in der heutigen Form gibt, weil schon jetzt in einigen Ländern die Stimmen lauter werden, den Euroraum zu verlassen. Das gilt für Griechenland genauso wie für Portugal.
Beobachter bemerken, dass Deutschland auf die Änderung des EU-Staatsvertrags gedrängt und angeblich eine deutlichere Formulierung durchgesetzt habe, wann ein Staat auf die Hilfe der Partnerländer zurückgreifen kann. Man fragt sich, wie wohl die Formulierung zuvor aussah, denn von Deutlichkeit ist noch immer keine Spur. Das gilt auch dafür, dass notleidende Euro-Länder Finanzhilfe der Partnerstaaten nur unter strikten Bedingungen in Anspruch nehmen dürfen. Beschlossen wurden zwei sich widersprechende Passagen über die Beschlussfassung. Nebulös heißt es in den zunächst: "Der Mechanismus wird im Falle eines Risikos für die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt im gegenseitigen Einvernehmen der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets aktiviert werden." Später wird dann angefügt: "Auf dieser Grundlage werden die Minister der Euro-Gruppe einstimmig über die Bereitstellung einer Finanzhilfe entscheiden."
Starker Tobak ist, dass nun dem IWF quasi per Staatsvertrag eine zentrale Rolle in der EU erhalten soll. "Die Finanzhilfe, die einem Mitgliedstaat des Euro-Währungsgebiets bereitgestellt wird, wird an ein strenges wirtschafts- und finanzpolitisches Anpassungsprogramm und an eine rigorose Schuldentragbarkeitsanalyse geknüpft werden, die die Europäische Kommission und der IWF in Zusammenarbeit mit der EZB durchführen." Erneut taucht der IWF bei der "fallweisen" Beteiligung privater Gläubiger auf, die nur "unter uneingeschränkter Einhaltung der IWF-Vorgaben" möglich sein soll.
Das Darlehen aus dem neuen ESM-Fond, auch das ist hervorzuheben, wird dem "IWF-Darlehen gegenüber nachrangig sein". Das heißt, zunächst würde bei einer Staatspleite der IWF bedient, der im Fall Irland mit 22,5 Milliarden Euro beteiligt ist und in Griechenland mit 30 Milliarden. Dass damit "das Geld der Steuerzahler geschützt" wird, ist eine interessante Auslegung. Schaut man sich die Stimmverteilung im IWF an, sind es im Wesentlichen jedenfalls keine europäischen Steuerzahler.
Ab 2013 sollen beim Auftreten des "unerwarteten Falls" einer Staatspleite auch private Gläubiger wie Banken mit einem Forderungsaufschub oder -verzicht an der Rettung beteiligt werden. Allerdings zeigte sich Merkel hier wieder einmal nachsichtig. Denn diese Gläubigerbeteiligung soll nur "teilweise" erfolgen, und, wer hätte es anders erwartet, auf den Notfall beschränkt sein, sagte Merkel und bemühte damit ihr Zauberwort erneut. Wie ein Notfall aussehen soll, wurde natürlich nicht festgelegt.
Dass damit in der Praxis jede Haftung von Banken ausgeschlossen wird, ist klar. Dazu braucht man sich nur die Fälle Lehman und HRE sowie die Verflechtungen der Banken untereinander anzuschauen, um das zu verstehen. Denn man würde im Notfall auf das nächste Zauberwort "systemisch" zurückgreifen, um eine Beteiligung der Banken an einer Staatspleite wieder zu kippen. Denn das würde die Institute wieder in Gefahr bringen und die müssten dann wieder staatlich gerettet werden, wie die HRE oder die irischen Banken. Damit kämen aber wieder Staaten in Bedrängnis. Die Katze beißt sich also in den Schwanz. Deshalb wurde die Hintertüren "teilweise" und "notfalls" eingebaut, um die Gläubigerbeteiligung bestenfalls in sehr engen Grenzen zu halten. Wenn man weiß, dass deutsche Institute mit einer halben Billion Euro fast die Hälfte der Schulden von Portugal, Irland, Griechenland und Spanien (PIGS) halten, ist von Merkel auch nichts anderes zu erwarten, als mit ihrem Vorstoß zur angeblichen Gläubigerbeteiligung Nebelkerzen zu zünden.
Trotzdem kann man sich vorstellen, dass sogar angesichts dieser zaghaften Formulierungen die Kanzlerin noch mit einem "Merkel Crash" in die Analen eingehen könnte. Denn schon die minimale Angst vor einer Beteiligung macht derzeit zwei Szenarien denkbar, weil so etwas nicht längst bei der Verabschiedung des Staatsvertrags beschlossen worden war:
- Die mögliche Beteiligung an Staatspleiten in PIGS-Ländern und darunter auch die enorm verschuldeten Länder Italien und Belgien, die zudem noch unter massiven Staatskrisen leiden, könnte schon jetzt dazu benutzt werden, das "Risiko" in die Zinsen für Staatsanleihen einzupreisen. Damit würde die Refinanzierung einiger Länder schnell so unerträglich hoch, wie schon zuvor im Fall Griechenlands und Irlands. Zerschellt Italien als großer Euro-Staat daran, kann der Euro als beerdigt gelten, mit massiven Auswirkungen für das große Exportland Deutschland
- Man spielt das Verschuldungsspiel noch bis 2013 mit, solange das Rundum-Sorglos-Paket der EU für die Staatsanleihen besteht, um dann aus den Papieren auszusteigen. Dann werden die Zinsen steigen, etliche Länder flüchten unter einen längst enorm ausgeweiteten befristeten Rettungsschirm oder die Risiken werden auf eine "Bad EZB" ausgelagert, die wie die US-Notenbank (FED) dann die Geldpressen auf Hochtouren laufen lässt. Das wird der Euro wohl ebenfalls kaum überleben, außer wenn die immer weiter steigenden Schulden dann gemeinsam weginflationiert werden.
Prinzip Hoffnung als Strategie
Letztlich kann man bestenfalls bei Merkels und Sarkozys Politik das Prinzip Hoffnung als Strategie erkennen. Das gilt aber nur, wenn man ihnen abnimmt, sie wollten den Euro retten, weil "der Euro unser gemeinsames Schicksal und der Euro unsere gemeinsame Zukunft" sei, wie Merkel erklärte. Dabei sind die Chancen, dass die derzeitige Politik der Nein-Non-Achse dem Euro das Grab schaufelt, ungleich höher. Sie hoffen offenbar darauf, dass es in den nächsten zwei Jahren zu einer temporären wirtschaftliche Erholung weltweit kommt, die erneut die Schuldenkrise für eine gewisse Zeit verdeckt, die sich seit vielen Jahren aufbaut und durch die Weltwirtschaftskrise eine neue Dimension erhalten hat (Die Weltwirtschaftskrise als Schuldenkrise). Der Krisenfall wird nun ab 2013 über den dauerhaften Krisenmechanismus ESM zum Normalzustand definiert.
Da mit weiteren Verwerfung und das Überschwappen der Euro-Krise nach Griechenland und Irland auf weitere Staaten absehbar ist, dürfte die Debatte um die schnelle Ausweitung des Rettungsschirms und die Frage Euro-Bonds ohnehin nur kurzeitig vertagt worden sein. Zwar führt Merkel gerne die Rezepte des IWF im Mund, doch wenn das für Deutschland Nachteile statt Vorteile bringen könnte, hört sie geflissentlich weg. Gerade hat sich der IWF in Person seines Chefs, Dominique Strauss-Kahn, mit deutlichen Worten zum Beispiel für die gemeinsamen Euro-Anleihen stark gemacht hat und das Fehlen eines umfassenden Ansatzes zur Lösung der Euro-Krise kritisiert. Die bisherige "Salamitaktik", bei der ein Land nach dem anderen gerettet werden müsse, wäre keine gute Strategie. Doch das ist die Strategie, der gefolgt wird und die führt ziemlich sicher zur Ausweitung des bisherigen Rettungspakets und zu Euro-Bonds, genauso wie schon zuvor zur Verstaatlichung von Banken und zur Rettung von Pleitestaaten, zu denen es ebenfalls nie hätten kommen sollen.