Journalistenmord in Gambia

Die Ermordung Deyda Hydaras, einem der prominentesten Journalisten Westafrikas, löste in Gambia eine Protestwelle aus

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Am 22.12. protestierten Hunderte Journalistinnen und Journalisten in Gambia und anderen Westafrikanischen Staaten gegen die Ermordung Deyda Hydaras. Außerdem veröffentlichten Beschäftigte aus allen Medienhäusern Gambias einen gemeinsamen Aufruf, in dem die Einrichtung einer Untersuchungskommission zur Klärung der Hintergründe des Attentats gefordert wird.

Hydaras war Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung Point, Mitinhaber der führenden unabhängigen Zeitung Gambias, The Independent, Korrespondent der französischen Nachrichtenagentur AFP sowie Vertreter der Organisation Reporter ohne Grenzen. In seinen Texten sparte er nicht mit Kritik an der Regierung Gambias. Zuletzt prangerte er das neue Mediengesetz an, das Anfang Dezember in Kraft getreten war. Demnach können Journalisten für das Schreiben eines "verleumderischen Artikels" zu einer Haftstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt werden. Verleger, die solche Artikel in ihren Publikationen veröffentlichen, verlieren ihre Lizenz und müssen sich innerhalb von 14 Tagen neu registrieren lassen. Diese Neuanmeldung ist mit Zahlung einer hohen Geldsumme verbunden. Als "verleumderisch" gilt u.a. "üble Nachrede" oder die Veröffentlichung "aufrührerischer" Artikel.

Hydara wurde am 16.12. ermordet, als er von einem Gespräch mit dem US-amerikanischen Botschafter kam. Zwei Kolleginnen, die sich mit ihm im Wagen befanden, wurden schwer verletzt in eine Krankenhaus gebracht.

Die Ermordung Hydaras löste eine Welle von Protest bei Medienschaffenden in Gambia aus. Am 21.12. begannen unabhängige Medien einen einwöchigen Streik, einen Tag später demonstrierten etwa 300 Journalistinnen und Journalisten in Banjul, der Hauptstadt Gambias. Die Aktion, mit der sie dem Kollegen Hydara gedenken wollten, stand unter dem Motto: "Meinungs- und Pressefreiheit". Zeitgleich fanden in Mali und im Senegal Solidaritätskundgebungen statt. Das geht aus einem Independent-Artikel vom 23.12. hervor, der am 30.12. auf allafrica.com veröffentlicht wurde (die Website des Independent ist derzeit nicht zugänglich).

Laut Independent brachte der Protest gegen die Ermordung Hydaras Beschäftigte aus allen Medienhäusern des ganzen Landes zusammen. Die Medienschaffenden veröffentlichten einen Aufruf, in dem das Innenministerium und die Polizeiführung zum "raschen Eingreifen gegen die Straflosigkeit im Land" aufgefordert wurden. Die Petition wurde einem Mitarbeiter des Innenministeriums übergeben. Der Minister selbst befand sich nicht in Banjul und konnte zu dem Vorfall keine Stellungnahme abgeben. Demba Jawo, Präsident der Mediengewerkschaft Gambias, sagte, viele Journalistinnen und Journalisten hätten Angst um ihr Leben, denn sie glaubten, der Mord sei politisch motiviert.

Diesen Vorwurf weist die Regierung Gambias laut Reporter ohne Grenzen jedoch zurück. Tatsächlich wird das ganze Land von einer Welle von Anschlägen heimgesucht. Im Independent ist von einer Reihe von Morden die Rede, "die von Kriminellen ausgeführt werden, die Fahrzeuge ohne Nummerschild benutzen und in den dunklen Nachtstunden Morde und Brandanschläge verüben". Polizeiberichten zufolge wurden einige dieser Anschläge verfolgt, bislang konnten jedoch keine verdächtigen Personen festgenommen werden.

Auch Hydaras Mörder benutzten ein Taxi ohne Nummernschild, allerdings war das Attentat nicht das erste Anschlag auf die freie Presse in Gambia: Am 8.8.2001 wurde ein Brandanschlag auf das Gebäude des Radio 1FM verübt, zwei Tage später auf das Haus eines 1FM-Mitarbeiters. Am 13.4.2004 setzten Unbekannte das Pressehaus des Independent in Brand. Das Gebäude brannte nieder und die Druckmaschinen wurden beschädigt. Am 15.8.2004 wurde das Haus des BBC-Korrespondenten Ebrima Sillah in Brand gesteckt. Doch Hydara sei das erste Opfer, bei dem die Attentäter "sicher gestellt hätten", dass der Anschlag ihn "sechs Fuß tief" brächte. Das sei nicht tolerierbar und könne und dürfe sich nicht wiederholen, heißt es in der Petition, die dem Innenministerium übergeben wurde. Auch die International Federation for Human Rights (FIDH) hat Präsident Jammeh eine Petiton eingereicht, in der die Verfolgung und Bestrafung der Täter und die Einhaltung der Pressefreiheit verlangt wird.