Käpt'n Hook auf Schnellbooten

Zur Aktualität der Piraterie in Südostasien

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Selbst wenn die Flutkatastrophe in Südostasien momentan natürlich die globale Öffentlichkeit bestimmt und die schrecklichen Bilder über die heimischen Bildschirme flimmern, bleibt auch ein anderes Thema in der Region aktuell: die Piraterie.

Einem Bericht des International Maritime Bureau (IMB), einer Einrichtung der Internationalen Handelskammer ICC in London, über "Piracy and Armed Robbery against Ships" zufolge, ist in dem Zeitraum vom ersten Januar bis Anfang Oktober letzten Jahres besonders in den Regionen Südostasiens eine unverändert hohe Bedrohung für die dortige Handelsschifffahrt erkennbar.

Von den weltweit gemeldeten Überfällen auf Schiffen oder Schiffsentführungen finden zwei Drittel in Südostasien, besonders in den Gewässern um Indonesien und hier insbesondere in der Straße von Malakka statt. Dieses strategische Nadelöhr verbindet den Persischen Golf und den Indischen Ozean mit dem Südchinesischen Meer und dem Pazifik und ist für die Handelsschifffahrt von erheblicher Bedeutung. Allein ein Viertel aller weltweit gehandelten Waren und etwa 50 Prozent des gehandelten Erdöls passieren diese Strecke.

Die bestens bewaffneten Piraten nähern sich mit Schnellbooten den fahrenden Containerfrachtern und den vor Anker liegenden Schiffen, um diese zu entern. Nach Angaben des IMB gehen die Piraten bei ihren Angriffen zunehmend brutaler vor, entführte und später ausgesetzte Seeleute zählen noch zu den glücklicheren Opfern.

Die Reedereien rüsten gegen die anhaltende Bedrohung auf. Das von der IMB offiziell unterstützte Satellitenortungssystem ShipLoc, mit dessen Hilfe Reeder den Kurs ihres Schiffes via Satellit überwachen können, ist nur eines dieser Sicherheitssysteme. Ein weiteres ist der von der IMB empfohlene Einbau eines elektrischen Zaunes am Oberdeck. Dieser von der niederländischen Firma Secure-Marine entwickelte Hochspannungszaun namens Secure-Ship soll durch seine 9000 Volt einen ausreichenden Schutz vor dem Entern des Schiffes bieten.

Neben diesen Abwehmaßnahmen seitens des IMB und der Handelsschifffahrt gibt es auch Versuche der regionalen Staaten, der Piraterie Herr zuwerden. Seit einem Jahr patrouillieren insgesamt 17 Schiffe der Marine aus Malaysia, Indonesien und Singapur die dortigen Gewässer. Als problematisch erweist sich hierbei die Kontinuierlichkeit der Patrouillen, doch auch die Piraten selbst begegnen der Aktion der Staaten wirkungsvoll: Sie verlagern ihre Aktivitäten und vergrößern so das zu kontrollierende Terrain.

Ein weiteres Erschwernis kommt noch hinzu. Zwar erlaubt es das Seerechtsübereinkommen der UN von 1982 im Artikel 100, dass alle Staaten in größtmöglichem Maße zusammenarbeiten, um der Piraterie auf Hoher See und an jedem anderen Ort zu bekämpfen, aber diese Orte dürfen keiner staatlichen Hoheitsgewalt unterstehen. Die Kriegsschiffe dürfen also nicht in fremde Hoheitsgewässer einlaufen, um die Piraten zu verfolgen bzw. zu stellen. Dementsprechend reagieren auch die Piraten, denn über 80 Prozent aller Schiffsüberfälle spielen sich in Küstengewässern, an Ankerplätzen oder gar Häfen ab. In den meisten Fällen bleiben also die militärischen Maßnahmen wirkungslos.

Welche Rolle die Piraterie in Zukunft in der Region haben wird, welche Möglichkeiten einer logistischen wie personellen Zusammenarbeit mit islamistischen Terroristen bestehen werden, wie weit die Realisierungschancen für eine durch die USA geforderte und unterstützte Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten (im Rahmen der sogenannten Regional Maritime Security Initiative - RMSI) voranschreiten, bleibt abzuwarten, wenn sich die Region von der verheerenden Naturkatastrophe erholt hat.