Kein Tattoo für Microsoft

Der Mac-Kult geht unter die Haut

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Tat's the Way Mac Heads Like It, unter diesem schönen Titel präsentiert Wired in der Cult of Mac Serie (Vgl. Tönerne Scherben des digitalen Zeitalters) ein weiteres Detail im drolligen Szenario der Mac-Fan-Kultur: Das Apple Tattoo.

Bild:Mark Tappert

Hand? Arm? Oberkörper? Oder alles drei? Bitte klicken sie an, wo sie sich bevorzugt tätowieren lassen möchten. Die Webseite Tadoos bietet dem Besucher einen einschneidenden Deal an: Er soll seine Haut als Werbefläche verkaufen, dafür werden 800 bis 1270 Dollar versprochen; je nachdem natürlich, wie oft er schwimmen geht und die ihm eingeritzte Marke zu Markte trägt.

Stellt man seine Stirn zur Verfügung, gibt es bis zu 15 000 Eisen. Selbst wenn man sich einen Pony wachsen lässt? Das ist ja so lukrativ wie Plasma spenden...Das kann doch nur.... perfekter Warenzynismus und logische Entwicklung veräußerten Slackertums sein? Nein, es handelt sich um einen Hoax, ganz abwegig jedoch ist die Idee freilich nicht: Jimmy the Cornman beispielsweise versprach jedem, der sich für 80 Dollar das Maskottchen seines Restaurants in die Haut tätowieren ließe, Burritos und mexikanisches Bier auf Lebenszeit. Und die Rockband Rocket from the Crypt versprach jedem Fan mit eintätowiertem Rocket-Logo, dass er freien Einlass zu den Konzerten habe. (Eine hübsche Ironie liegt darin, dass die Auftritte dann ohnehin keinen Eintritt kosteten) Ganz ohne Versprechen oder Gegenleistung lassen sich jedoch Apple-User ein so genanntes Graffiti für die Seele machen: Schon in den späten 1990er Jahren tummelten sich laut Wired in den Mac the Knife Foren etliche Groopies die sich gegenseitig ihre Apple-Tattoos zeigten.

Alle möglichen Leute von Grafikdesignern bis zu führenden Akademikern will Wired mit eingeritztem Apple Logo gesichtet haben, Arm, Bein oder Rücken werden als bevorzugte Flächen angegeben. Love, loyalty and bravado das sind, glaubt man den Experten die Dinge, auf die es beim Tätowieren ankommt und glaubt man den Apple-Freaks, so geht es auch bei Macintosh um nichts anderes. So viel Liebe und Loyalität bringen Konsumenten sonst nur noch Harley Davidson und Campagnolo, einem italienischen Fahrradspezialisten entgegen.

Ich würde Apple immer treu bleiben, nicht aus religiösen oder politischen Gründen, sondern um mich selbst davon zu überzeugen, dass Macs auf dem richtigen Weg sind,

zitiert Wired einen der Gezeichneten. Brüderschaften, Sportvereine und Fanclubs aller Art kennen dieses Bedürfnis, sich zugehörig zu zeigen.

Wir sind laut und marktschreierisch. Wir wollen, dass die Welt weiß, wo unsere Loyalitäten liegen, so ein anderer.

Ein dritter verbrachte eine entsetzliche Woche ohne zu schlafen oder zu essen oder sich zu duschen mit einer verzweifelten Datenrettung, weil sein Mac ihm das Sad Mac Gesicht gezeigt und sich damit aus der Verantwortung verabschiedet hatte. (Selbst schuld, wenn er sich einen Mac kauft)

Als ich wieder auftauchte, triumphierend und vollkommen erschöpft, war ich wie neugeboren und musste diesem Erlebnis ein Gedenken widmen, a nerd-tough memento

Mit dem ausgedruckten Sad Mac begab er sich, es ist bereits zwölf Jahre her, schnurstracks zum nächsten Tattoo-Shop. Den Rest können wir uns vorstellen.

Ich wette, es gibt niemanden, mit Microsoft-Logo,

schmunzelt schließlich Wired's Starzeuge, der weltbekannte Wissenschaftler Christof Koch. (Weiß er etwa nicht, dass einer der 15 wichtigsten Beweise dafür, dass Microsoft Teilhaber von Apple ist, der ist, dass jeder neue Apple-Mitarbeiter ein großes property of B. Gates auf seinen Hintern tätowiert hat??) Koch, der sich wacker weigerte als der Tätowierer ihn mit dem McDonalds Logo abspeisen wollte (corporate ist coporate) und zum Zeitungsstand sprintete, um dem Künstler eine Vorlage zu liefern, gibt allerdings zu, dass sein 18jähriger Sohn sein Tattoo reichlich albern findet.

Dabei erfreut sich die Verbindung zwischen Computer und Tattoo in der Szene zunehmend großer Beliebtheit. 22 Prozent der 18-25jährigen sind laut Details Magazine tätowiert. Vom Signieren des elektrischen Körpers erzählte Martin Conrads bereits vor fünf Jahren in Telepolis, als er das Projekt CyberTattoo (Vgl.CyberTattoo) vorstellte, welches 1997 erster Preisträger des Internet-Kunstwettbewerbs war:

Waren damals noch Häfen die Plug-Ins für das Speichermedium Körper, werden die Tattoogifs heute bei #tattoopics kulturausgetauscht (so stellt man sich das jedenfalls vor). Also: Von der Information, die aus dem Bild kam zum Bild, das aus der Information kam. Vorteil: Der End-user braucht für eine neue Gravur nicht mehr auf St.Pauli zu fahren; was er hier basteln darf sind neue Interfaces und Peripherien. CyberTattoo liefert gleich beides fast frei Telefonrechnung und mitgelieferter Bauanleitung: Instant Tattoos: CyberTattoo kann überall praktiziert werden, alles was man braucht, ist ein Laptop und ein Modem. Wozu noch eine Lizenz? Bei CyberTattoo kommt die Tätowierung aus der Steckdose: when you can browse an update, browse an application, browse a myth, why not browse a tattoo?

Conrads

Neben der digitalen Tätowiermaschine, die aus dem Internet Tattoomotive laden kann, welche mit einer an den Computer angeschlossenen Maschine per Klick in die echte Haut gestochen werden, gab es auch so merkwürdige Phänomene wie das Patent für eine Barcode-Tätowierung zur Identifizierung (Vgl. Eine Barcode-Tätowierung zur Identifizierung). Das US-Patent Nummer 5,878,155 beinhaltet den Einsatz von "unsichtbaren, unzerstörbaren Tätowierungen zum Zweck der Identifizierung, um Geld- und Kredittransaktionen auf sichere Weise durchzuführen." Die neue Methode zielt besonders auf eine Anwendung in elektronischen Medien, bei denen "E-Money" zum Einsatz kommt.

Keine schöne Vorstellung so gebrandmarkt zu werden, auch wenn es unsichtbar sein soll. Dass es nicht leicht ist, sichtbare Tattoos wieder wegzukriegen, weiß jeder, der sich mal den Namen seiner Geliebten auf die Schulter brennen ließ und eine neue Flamme hatte, die nicht ganz uneifersüchtig war. Verwischte graue Felder lösen eine in Blumen eingerahmte Susi oder Dörte ab. Deshalb hat man viel mehr Spaß mit den vergänglichen Tattoos aus Prilblumenaufklebern, welche die Sonne kostenlos herstellt. Vielleicht gibt es dafür ja ein bisschen Spüli umsonst? Und wer möchte, dass es einmal eine originelle Bedeutung bekommt, wenn er sagt: ich bin schon ganz blau!, nämlich die, dass er nicht rot werden möchte, trägt den Sun To See UV Strip: Der daumennagelgroße Aufkleber ist TÜV-geprüft und färbt sich blau wenn es Zeit wird, aus der Sonne zu gehen und die drei großen H aufzusuchen: Hemd, Hose und Hut. Das Bratenthermometer für Sonnenbadende funktioniert weil es ein phytoaktives Anzeigefenster besitzt, das sogar Sonnenschutzmittel berücksichtigt.