Keine Bewegung im Krim-Konflikt

In einem letzten Gespräch vor dem Krim-Referendum erzielten Kerry und Lawrow keine Ergebnisse, nun ist für die USA und die EU nach den eigenen Drohungen Eskalation angesagt

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Nützlich sei das sechsstündige Gespräch mit US-Außenminister Kerry in London gewesen, sagte sein russischer Kollege Lawrow. Das war es aber auch schon, was die beiden erreicht haben. Lawrow erklärte, es gebe "keine gemeinsame Sicht" zwischen dem Westen und Russland, die Differenzen blieben bestehen. Und er sagte, dass Russland trotz des beobachteten Truppenaufmarsches an den Grenzen nicht beabsichtige, in die Ostukraine einzumarschieren.

Im Hinblick auf die Krim, wo am Sonntag das Referendum stattfindet, wurde keine Einigung erzielt. Das von der ebenso fragwürdig wie Interim-Regierung in Kiew an die Macht gekommene Regierung der Republik Krim sieht in dem von ihr angesetzten Referendum nur zwei Optionen vor, nämlich die Unabhängigkeit von der Ukraine als selbständiger Staat und den Anschluss an Russland. Die Option, Teil der Ukraine zu bleiben, bleibt also unbeantwortet. Das Parlament hatte schon vor dem Referendum die Krim als unabhängig erklärt. Lawrow schweigt sich noch darüber aus, was Russland nach dem Referendum, das es als rechtmäßig betrachtet und mit der vom Westen beförderten Unabhängigkeit des Kosovo vergleicht, machen wird. Die Regierung warte erst einmal das Ergebnis ab und werde die Entscheidung respektieren. Es gehe um das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung.

Weiter hielt er an den bekannten Positionen der russischen Regierung fest, also dass Janukowitsch der rechtmäßige Präsident ist und dass die Interims-Regierung von Russland nicht anerkannt wird. Von dem besonders von deutscher Seite ins Spiel gebrachten Vorschlag, eine Kontaktgruppe einzurichten, hält er auch nichts. Er gestand Kerry zu, nicht gedroht zu haben, bezeichnete aber wieder die Sanktionsdrohungen als konterproduktiv, was aber auch heißt, dass sich Russland zumindest von der Androhung nicht beeinflussen lassen will. Aber er machte den Vorschlag, dass die internationale Gemeinschaft das ukrainische Parlament dazu bringen sollte, eine Verfassungsreform auf den Weg zu bringen und dazu alle Regionen ohne Ausnahme einzuladen. Kerry gab als Inhalt des Gesprächs bekannt, dass Putin vor dem Ausgang des Referendums keine Entscheidung im Hinblick auf die Ukraine treffen wird. Zumindest nach dem Gespräch warnte Kerry die russische Regierung, dass es zu Konsequenzen kommen werde, wenn diese ihre Richtung nicht ändert. Und er drohte eine "stärkere Antwort" an, wenn Russland die Ukraine bedrohen sollte.

Auf beiden Seite ist also keine Bewegung zu sehen. Nun läuft für den Westen das Referendum auf eine Eskalation zu. Wie die USA und die EU nun handeln werden, ist offen. Klar dürfte sein, dass sie das Ergebnis des Referendum nicht anerkennen werden und Sanktionen ansetzen. Was aber soll folgen, wenn die Mehrheit für den Anschluss an Russland plädiert? Russland hätte noch die Möglichkeit, dann einen Kompromiss anzubieten: kein Anschluss, aber eine selbständige Republik Krim nach dem Vorbild des Kosovo.

Heute hatte der russische Präsident Putin auch noch einmal mit UN-Generalsekretär Ban Ki-moon telefoniert. Auch dabei ist nichts herausgekommen. Putin, so heißt es auf der Kreml-Website, habe dargelegt, dass das Krim-Referendum nach der UN-Charta und dem internationalen Gesetz legal sei. Vereinbart wurde, weiterhin im Kontakt zu bleiben. Er habe der russischen Seite Garantien angeboten, dass die USA Russland nicht bedrohen werde. Man wolle die "russischen Rechte und Interessen" auch nicht in Frage stellen, aber es gebe bessere Wege, diese in der Ukraine zu verfolgen.

Die russische Regierung hatte sich beim französischen Außenminister Fabius beschwert, dass dieser die rechten Tendenzen in der ukrainischen Regierung herunterspiele. Fabius hatte gesagt, die Swoboda-Partei sei nur ein klein bisschen mehr rechts als andere Parteien.

Das russische Außenministerium weist darauf hin, dass das Europäische Parlament erst im Dezember die demokratischen Parteien aufgefordert habe, nicht mit Swoboda zu kooperieren. Nun seien die Führer von Swoboda aber "angesehene Personen im Westen" geworden. Die Partei sei aber wegen ihres Nationalismus, ihrer Fremdenfeindlichkeit und ihres Antisemitismus gefährlich.

Gegen Oleh Tyahnybok, den Chef der Swoboda-Partei, Dmitro Jarosch, den Führer des Rechten Blocks, und andere Mitglieder der rechtsextremen Partei UNA-UNSO nahm die russische Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen der Bildung einer kriminellen Gruppe auf. Der Rechte Sektor will sich zur Partei wandeln, Jarosch hat sich schon als Präsidentschaftskandidat geoutet, der Rechte Sektor hat Selbstverteidigungsgruppen aufgebaut, die nun wohl teilweise in die Nationalgarde integriert werden sollen (Yarosh, der Führer des Rechten Blocks, tritt als Präsidentschaftskandidat an). Mitglieder UNA-UNSO hatten Mitte der 1990er Jahre zusammen mit tschetschenischen Islamisten gegen russische Truppen in Tschetschenien gekämpft. Jarosch hatte sich vor kurzem wieder an diese gewandt und um Unterstützung gebeten.

Auch in der Ukraine werden nach Janukowitsch und anderen Regierungsmitgliedern weitere Personen auf die Fahndungsliste gesetzt. Gerichtlich wurde das Referendum auf der Krim als illegal erklärt. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse einer Umfrage, nach der nur 5 Prozent nichts gegen eine Annexion der Krim hätten, 77 Prozent wären dafür, die Krim weiterhin als autonome Region in der Ukraine zu belassen. 9 Prozent sprechen sich für eine Unabhängigkeit von der Ukraine aus. Im Süden der Ukraine sind 19 Prozent für einen Anschluss der Krim an Russland.