Keine Kohle mehr für Israel: Kolumbien stoppt Exporte

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro

Kolumbiens Präsident Gustavo Petro

(Bild: lev radin/Shutterstock.com )

Kolumbien hat im August die Kohleexporte nach Israel eingestellt. Was die Firma Glencore damit zu tun hat und was das für Netanjahu bedeuten könnte. Eine Analyse.

Während sich die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock Sanktionen gegen einzelne israelische Minister wie den kahanistischen Hardliner und amtierenden Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir vorstellen konnte, äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz strikt ablehnend.

Ungarn und Italien lehnten Sanktionen strikt ab. Sanktionen gegen Israel gibt es aus der "westlichen Welt" bis heute nicht, dafür täglich Waffenlieferungen und wortreiche Solidarität (siehe die Blockade gegen Waffenlieferungen im griechischen Piräus dieser Tage).

Zur Einordnung: Mit Ben-Gvir ist eine Person im Amt, die wegen "rassistischer Aufhetzung" und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung rechtskräftig verurteilt wurde; gegenüber dem Guardian plädierte das in einer Siedlung im Westjordanland lebende Mitglied des Kabinetts Netanjahu für einen kürzeren Prozess mit Gefangenen aus dem Gazastreifen – Tenor: "Warum gibt es so viele Gefangene? Kann man nicht einige von ihnen töten?"

Ein Dekret, vier Artikel – viele Folgen?

Dies und das generelle Gebaren des israelischen Staates gegenüber dem Gazastreifen könnten die auslösenden Gründe für einen historisch bisher einmaligen Schritt der kolumbianischen Linksregierung unter Präsident Gustavo Petro sein.

Neben den juristischen Ansatzpunkten aus Südafrika und Nicaragua (gegen Israel und Deutschland) geht das lateinamerikanische Land den Weg der ökonomischen Sanktionen. Schon im Juni kündigte Präsident Petro – nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen – auch die Einstellung der Kohlelieferungen an Israel an. Am 14. August trat ein entsprechendes Dekret in Kraft.

Vier Artikel verbieten den Handel mit Kohle/Briketts und verleihen den Worten des Präsidenten "Mit kolumbianischer Kohle machen sie Bomben, um die Kinder Palästinas zu töten" wirtschaftliche Bedeutung. Bereits abgeschlossene Verträge behalten jedoch ihre Gültigkeit. Man werde – so der Präsident – die Lieferungen aussetzen, bis Israel seinen "Völkermord" (Petro) beendet habe.

Zu den Fakten: Das israelische Stromnetz ist zu 22 Prozent auf Kohle angewiesen – Kolumbien war 2023 mit über 60 Prozent der größte Lieferant.

Exportwert rund 450 Millionen US-Dollar bei einer Menge von drei Millionen Tonnen. Im von Petro via X verbreiteten Dokument ist gleichsam die Rede davon, dass die kolumbianische Kohle als "strategische Ressource für die Herstellung von Waffen, die Mobilisierung von Truppen (…)" verwendet werden würde.

Der Faktor Glencore

Der Deal zwischen Tel-Aviv und Bogota wurde von den Rohstoffunternehmen Glencore (Schweiz) und Drummond (USA) eingefädelt. Die Regierung Netanjahu reagierte bewusst kühl – man geht davon aus, dass die Unternehmen die Kohle aus verschiedenen anderen Quellen beziehen werden.

Damit werden mehrere spannende Ebenen deutlich: Bogotá, bis 2022 eng an der Seite Tel Avivs, dreht endgültig den Spieß um, die Gefahr eines Blackouts scheint zwar nicht unmittelbar gegeben, könnte aber langfristig durch Preissteigerungen und Verknappung Wasser auf die Mühlen der Protestbewegung gegen Netanjahu sein.

Zünglein an der Waage: Sollte Kolumbien durch Wirtschaftssanktionen isoliert bleiben, wird der "Faktor Glencore" durch geschicktes Ausweichen auf andere Rohstoffquellen zu kompensieren wissen.

Die fünf größten Kohleproduzenten der Welt vereinen 75 Prozent der Marktmacht auf sich – die Volksrepublik China, die USA, Indien, Australien und Indonesien. Wenn das Beispiel Kolumbien Schule macht, könnte es für die Israels Regierung düster werden. Ob das realistisch ist, steht auf einem anderen Blatt.