Keine Lösung der Zypern-Frage in Sicht

Seite 2: Der Annan-Plan und sein Scheitern

Dieser Plan für eine Lösung der Zypernfrage wurde nach dem damaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan benannt. Anfang 2004 fanden zwei getrennte Volksabstimmungen über den Annan-Plan auf der Insel statt.

Darin war eine vom Parlament gewählte Regierung, bestehend aus vier griechischen und zwei türkischen Zyprioten, sowie eine kollektive Führung mit Vetorechten für beide Volksgruppen vorgesehen. Mehr als die Hälfte der griechisch-zypriotischen Geflüchteten sollten zurückkehren können und mehrere zehntausend türkische Zyprioten sollten umgesiedelt werden.

Es sollte eine dauerhafte griechische und türkische Militärpräsenz geben und Griechenland und die Türkei sollten zusammen mit Großbritannien Garantiemächte mit Interventionsrecht bleiben. Zwei wichtige Fragen wurden im Annan-Plan jedoch nicht geregelt:

Sollte ein neuer Staat durch zwei gleichberechtigte Staaten gegründet werden, wie dies die türkische Seite forderte? Dies lehnte die griechische Seite mit dem Argument ab, dies es sei ein möglicher Ausgangspunkt für eine spätere Abspaltung. Oder sollte die bestehende Republik Zypern in einen neuen Staat umgewandelt werden, wie dies die griechische Seite forderte? Sollte es eine Föderation oder Konföderation sein?

Der türkische Norden stimmte zu 65% für den Annan-Plan. Der griechische Süden stimmte u.a. wegen der türkischen Militärpräsenz zu 76% dagegen. Die Zyperngriechen lehnten eine dauerhafte Präsenz türkischer Armeeeinheiten auf der Insel ab. Auch die Begrenzung der Rückkehrzahl griechischer Vertriebener fanden die griechischen Zyprioten ungerecht.

Insgesamt wurde der Plan von dieser Seite als zu "pro-türkisch" empfunden. Damit war der Annan-Plan gescheitert. Die internationale Staatengemeinschaft hatte große Hoffnungen gehabt, dass der Annan-Plan in der Bevölkerung beider Seiten auf Zustimmung stoßen würde. Die ablehnende Haltung des griechisch-zypriotischen Präsidenten und seiner Medienkampagne wurde international kritisiert.

Aufnahme in die EU, Entspannung und Erdogan

Trotzdem wurde Zypern 2004 als Gesamtstaat in die EU aufgenommen. Das EU-Recht und Regelwerk gilt aber - solange es keine gesamtzypriotische Lösung gibt - nur im Süden.

2008 wurde Dimitris Chistofias zum griechisch-zypriotischen Präsidenten gewählt. Nun gab es in beiden Teilen der Insel moderate Präsidenten und damit wieder Annäherungen in der geteilten Republik: Die mit Sandsäcken und Barrikaden gesperrte, symbolträchtige Ledra-Einkaufsstraße in der Altstadt von Nicosia wurde zusammen mit einer Reihe anderer Grenzübergänge geöffnet. Somit konnten die Bürger:innen der Insel wieder in beide Teile Zyperns fahren, um Einkäufe zu tätigen, oder Verwandte zu besuchen. Mehr passierte allerdings nicht.

2011 erklärte der damalige türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, keine weiteren Verhandlungen mehr mit der EU zur Republik Zypern führen zu wollen. Bisherige Zugeständnisse hätten ebenfalls keine Gültigkeit mehr.

2014 gab es jedoch erneute Gespräche über eine Wiedervereinigung. Nun stellten der griechisch-zypriotische Präsident Nikos Anastasiadis und sein türkisch-zypriotischer Amtskollege Dervis Eroglu in einer gemeinsamen Erklärung die Umrisse einer Verfassung vor. Danach sollten beide Teilgebiete eine weitgehende innere Autonomie erhalten. Von 2014 bis 2017 fanden alljährlich erneut Gespräche statt - ohne Ergebnisse.

Die Militärpräsenz der Türkei

Alle bisherigen Bemühungen zur Überwindung der Teilung scheiterten, zuletzt 2017 in Crans-Montana in der Schweiz. Wieder ging es um die Militärpräsenz der Türkei und um die Teilung der Macht auf Zypern. Da sie die Bevölkerungsmehrheit stellt, lehnte die griechische Seite nach wie vor eine rotierende Präsidentschaft ab.

Die Fronten sind verhärtet. Alte Nationalismen treten wieder in den Vordergrund. Dies wird anlässlich der diesjährigen 200-Jahrfeier der griechischen Revolution gegen das Osmanische Reich deutlich: Auf den Plätzen der griechisch-zypriotischen Seite wehen Hunderte von blau-weißen griechischen Flaggen, während auf der türkisch-zypriotischen Seite die roten Flaggen mit dem weißen Halbmond wehen.

Nun sind die Verhandlungen im April 2021 erneut gescheitert, diesmal an der Haltung der Türkei und des AKP-treuen Präsidenten des türkisch-zypriotischen Teils von Zypern.