Kinderkrippen auch nachts geöffnet

In den USA passen sich Kinderbetreuungsstätten den neuen Arbeitszeiten an

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Wohin mit den Kindern, wenn Überstunden zur Pflicht werden? In den USA gibt es nun Kinderbetreuungsstätten, die 24 Stunden offen sind. Das habe größeres Potential für die Zukunft, so der Kommentar von Fachleuten. Die Arbeitszeiten hätten sich geändert.

Niemand arbeite mehr fünf Tage in der Woche von 9 bis 17 Uhr, so die Aussagen von amerikanischen Arbeitnehmern, die die New York Times dazu gesammelt hat.

Mit geschätzten 40 Prozent beziffert ein Professor der Universität von Maryland, den Anteil der amerikanischen Arbeitnehmerschaft, für den die lange Jahre üblichen Arbeitszeiten nicht mehr gelten, die Flexibilität zeigen müssen, und "nonstandard hours" arbeiten, abends, nachts, am Wochenende und in den frühen Morgenstunden. Dieser Trend, so der Tenor des Berichts, dürfte sich in den nächsten Jahren noch verstärken. Umso mehr, als für viele ein Job allein nicht mehr ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten.

Darauf reagieren nun erste Kinderbetreuungsstätten, die ihre Öffnungszeiten bis in die Nacht ausdehnen, mit Vorreitern, die ihren Dienst 24 Stunden anbieten:

Donna McClintock, chief operating officer for Children’s Choice Learning Centers Inc., which runs 46 employer-sponsored child care centers across the country, said that demand for nontraditional hours had grown and that centers providing care after-hours care made up a large part of the company’s recent growth. About a fifth of the company’s centers have added nontraditional hours in the past few years, she said.

New York Times

Das Angebot ist angesichts der ungleich höheren Kosten, die für Babysitter aufzubringen wären, für Alleinerziehende, Schichtarbeiter und Angestellte in zeitintensiven Beschäftigungsverhältnissen die bessere Lösung, da Jobs mit weniger Arbeitsstunden und verläßlichen Arbeitszeiten schwer zu finden sind.

Familienleben und Arbeit: Zurück in die fünziger Jahre?

"Man geht als modernes Paar rein (in den Kreißsaal, Einf. d. A.) und kommt in den fünfziger Jahren wieder raus" - der Satz einer Mutter, den Alex Rühle in einem SZ-Bericht vom Wochenende über Teilzeitarbeit in Deutschland zitiert, beschreibt das Problem vieler Eltern sehr anschaulich - wenn auch nicht ganz vollständig, denn man müsste dem hinzufügen, dass die fünfziger Jahre noch einigermaßen verlässlich "fordistische" Arbeitszeiten zur Maßgabe hatten. Die zehner Jahre des neuen Jahrhunderts verlangen von vielen Arbeitnehmern mehr Zeitaufwand und eine Flexibilität, die das Familienwochenende ignoriert - Feierabend ist ein überholter Begriff geworden.

Worauf der oben zitierte Satz anspielt, ist dass unter den aktuellen Bedingungen das alte Modell - der Mann als Ernährer mit stetig wachsenden Überstundend und die Frau als Hausfrau und Teilzeitkraft, die sich weitaus mehr um die Kinder kümmert - sehr viel öfter praktiziert wird, als es Vätern, Müttern und Kindern lieb ist.

Die größte Traditionalisierungsfalle ist Kind 1. Und die allergrößte ist Kind 2. Stefan Reuyß, Institut für sozialwissenschaftlichen Transfer, Berlin.

In der Arbeitsfalle

Da war doch mal von neuen Vätern die Rede von einer neuen Art des Familienlebens? Tatsächlich wird dies auch gewünscht, wie der Familienreport des Bundesfamilienministeriums letzte Woche verlauten läßt. Demnach würden 60 Prozent der Väter in Deutschland gern weniger arbeiten.

Jeder dritte Vater arbeitet real mehr als 40, jeder vierte sogar 50 Wochenstunden und mehr. Jeder zweite aber wünscht sich eine Wochenarbeitszeit von 36 bis 40 Stunden, jeder fünfte hält 30 bis 35 Stunden für ideal. De facto dümpelt die Teilzeitquote bei Männern seit Jahren fast unverändert bei sechs Prozent.

FAZ

Die Wünsche nach Teilzeitarbeit haben mit großen Hindernissen zu kämpfen. Das allergrößte ist die Antwort auf die Frage, wie die Miete und der Lebensunterhalt mit weniger Geld zu bestreiten wären. Dem existentiellen Argument, dem ja vielleicht dadurch auszuweichen wäre, dass nur einer der Partner - meist ist es noch immer die Frau - Teilzeit arbeitet, steht jedoch eine "betriebliche Vollzeitkultur" gegenüber, deren Realität Rühle in seinem SZ-Bericht vom Wochenende mit dem Titel "Ach du gehst schon?" (leider nicht online) beschreibt.

"Laxe Arbeitsmoral"

Demzufolge wird Teilzeitarbeit in vielen Unternehmen nicht für voll genommen. Das bedeutet einmal, dass diejenigen, die sich um eine der wenigen Teilzeitstelle bewerben, in den meisten Fällen damit rechnen müssen, dass dies ein Karriere-Knick ist und zur Folge hat, dass die Rückkehr zu einer Vollzeitstelle sehr schwierig wird. "Wer einmal draußen ist", so wird eine Finanzberaterin zitiert, "kriegt seine volle Stelle meist nicht wieder."

Zum anderen hält sich laut Rühle unter manchen "Personalern" die Ansicht, dass Teilzeitarbeit gleichbedeutend mit "laxer Arbeitsmoral" ist...