Klimagesetz: Nachsitzen und Nachhilfe
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Im und um den Hambacher Forst im Rheinland gab es am vergangenen Sonntag den 85. Waldspaziergang, mit dem gegen den immer noch weiter vorgetriebenen Hambacher Tagebau protestiert wurde.
Seit sieben Jahren finden diese politischen Wanderungen statt und aus Anlass des Jubiläums wurde es diesmal als eine Aktion Rote Linie durchgeführt, um dem Betreiber RWE zu zeigen: Bis hierher und nicht weiter.
Auf Twitter hat die Initiative Buirer für Buir (Buir ist eines der Dörfer am Rande des Tagebaus) Luftaufnahmen der Demonstration veröffentlicht, die zugleich einen beklemmenden Eindruck von den Ausmaßen der Landschaftszerstörung durch die Braunkohlegrube zwischen Köln und Aachen vermitteln.
Der Tagebau wird wie andere in der Region von RWE betrieben, dem Konzern, dem zuliebe der nun nach seinen eigenen Angaben so sehr ums Klima besorgte Armin Laschet und dessen CDU noch im vergangenen Jahr explizit der Braunkohle ohne jeden wissenschaftlichen Nachweis eine energiepolitische Notwendigkeit im Kohlegesetz attestieren ließ.
Einige Tage vor den jüngsten Protesten hatte am 4. Mai Sturmtief "Eugen" dem Rheinland einen Sand- und Kohlesturm beschert. Kleine Videos, zumeist vom etwas nördlich der Hambacher Grube gelegenen Tagebau Garzweiler 2, zeigen hier, hier, hier, hier und hier die unerträglichen Bedingungen, die die Tagebaue für die Anwohner bedeuten.
Und ansonsten?
Dann wäre da noch von einer Blockade bei Heidelberg Cement in Leimen in der Nähe von Heidelberg zu berichten. Verantwortlich war die dortige Ortsgruppe von Extinction Rebellion, eines internationalen Netzwerks, das mit gewaltfreien Aktionen auf die schwere Ökosystemkrise aufmerksam machen will, auf der die Menschheit mit dem großen Massenaussterben von Arten zusteuert.
Heidelberg Cement ist einer der weltweit größten Zementhersteller. Die Aktivisten wollten zum einen auf die mit der Herstellung und dem Abbau der benötigten Rohstoffe in manchen Ländernverbundenen Menschenrechtsverletzungen hinweisen.
Zum anderen ging es ihnen auch um die Rolle, die der Zements für den Klimawandel spielt. Bei der Herstellung von Zement fällt nämlich das Treibhausgas CO2 nicht nur aufgrund der eingesetzten fossilen Brennstoffe an, sondern auch durch die chemische Prozesse, die aus den Rohstoffen das begehrte Produkt machen. Weltweit gehen etwa sieben bis acht Prozent der CO2-Emissionen auf das Konto der Zementproduktion.
Mehr Schäden
Außerdem ist von einer Buchveröffentlichung zu berichten. Nick Reimer, der auch für Telepolis schreibt, hat gemeinsam mit seinem langjährigen Kollegen Toralf Staud Gedanken gemacht, wie Mitteleuropa in den nächsten Jahrzehnten vom Klimawandel verändert wird. Kiepenheuer & Witsch hat ihr Buch ("Deutschland 2050 - Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird") letzte Woche herausgebracht. Auf über 300 Seiten werden die diversen Auswirkungen beschrieben, die bereits in den nächsten 30 Jahren zu erwarten sind.
Passend dazu untersucht eine in Nature Climate Change am Montag erschienene Studie, über die der Carbon Brief berichtet, über die Schäden die Europas Landwirtschaft durch Dürren bis zum Ende des Jahrhunderts drohen. Die vier Autoren kommen zu dem Schluss, dass bis zum Ende des Jahrhunderts in der EU und Großbritannien der von Dürren in der Landwirtschaft verursachte ökonomische Schaden um ein Drittel anwachsen wird.
Das entspräche einer Zunahme von durchschnittlich neun auf zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Und zwar wird das selbst dann geschehen, wenn der Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden kann, wie es als Ziel in der Pariser Klimaübereinkunft verabredet wurde.
Erheblich schlimmer wird es allerdings werden, wenn das schlimmste denkbare Szenario eintritt und kein Klimaschutz betrieben wird. Dann würde die globale Erwärmung sich unvermindert auf vier Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau fortsetzen und es wäre mit Dürreschäden von durchschnittlich 65 Milliarden Euro pro Jahr zu rechnen.
Public Climate School
Schließlich noch eine kleine Vorankündigung: Am kommenden Montag beginnt die Public Climate School, organisiert von den Students for Future, dem Hochschulableger der Klimaschutzbewegung der Schülerinnen und Schüler.
Als Referenten wurden unter anderem der Arzt und Kabarettisten Eckhart von Hirschhausen, die Klimaschutz-Aktivistin Hilda Flavia Nakabuye aus Uganda, die Ökologin Susanne Abel vom Greifswalder Moorzentrum, der Philosoph und Astrophysiker Harald Lesch sowie die Ozeanografin Janin Schaffer vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung gewonnen, die im vergangenen Jahr einen Teil der MOSAIC-Arktisexpedition geleitet hat.