Klimaschutz: Alles nur woke?

Seite 2: Armutsbekämpfung durch Klimaschutz

Dann findet sich bei Kisin neben einer groben Unkenntnis der chinesischen Politik das ebenfalls beliebte Argument, den meisten Menschen sei Armutsbekämpfung und Wohlstand nun einmal viel wichtiger.

Das ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Umfragen in Deutschland zeigen zum Beispiel, dass zumindest in der potenziellen Wählerschaft der Linkspartei – immerhin ein knappes Fünftel der Wahlberechtigten – gilt: je geringer das Einkommen, desto wichtiger wird der Klimaschutz genommen.

Davon abgesehen gibt es hierzulande diverse Studien und Fallbeispiele, die die positiven Auswirkungen eines dezentralen Ausbaus der erneuerbaren Energieträger auf Arbeitsplätze und ländliche Entwicklung belegen.

Anderswo, insbesondere in Afrika und Südasien spielt die Solarenergie eine wichtige Rolle, um in den oft dünnbesiedelten ländlichen Regionen eine Stromversorgung aufzubauen, für die nicht erst teure Hochspannungsnetze aufgebaut werden müssen.

Und ansonsten kann man am rasanten Ausbau von Wind- und Solarenergie in China, das in diesen Sektoren inzwischen den mit Abstand größten Markt hat, eigentlich ganz gut beobachten, wie Klimaschutz und Armutsbekämpfung zusammenpassen.

Die Technik ist da

Schließlich bemüht Kisin noch eine Ausflucht, die hierzulande unter Stichworten wie "Technologieoffenheit" oder "Flugtaxis" in bestimmten Kreisen verbreitet ist. Nur wissenschaftlicher Durchbruch zu neuen, sauberen und billigen Energien könne das Klima retten und dafür müsse man arbeiten und studieren.

Damit wird negiert, dass die Optionen längst auf dem Tisch liegen, dass Solar- und Windenergie längst im viel größeren Maßstab ausgebaut werden könnten, hätte nicht der Widerstand konservativer und liberaler Parteien sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern einschließlich Russlands jahrelang ihren Fortschritt zum Teil massiv behindert. Nur an kontinentaler Vernetzung und an Speichern muss noch mehr gearbeitet werden.

Auch sonst ist Klimaschutz keine Geheimwissenschaft. Die Stahlindustrie könnte etwa zügig auf emissionsfreie Verfahren umgestellt werden, und für den Verkehrssektor liegen die Antworten längst vor. Sie heißen elektrifizierte Eisenbahn, Bus und Straßenbahn sowie Schifffahrt, für die sich gleich mehrere CO2-freie Antriebe anbieten.

Fazit

Alles in allem ist die Einladung eines Kabarettisten in einen einst angesehenen universitären Debattierclub, um ihn dort eloquent uralte, abgedroschene Plattitüden vortragen zu lassen, vielleicht einfach nur ein Ausdruck des Grades intellektueller Dekadenz eines Kontinents, dessen Eliten ein paar Jahrhunderte durch die rücksichtslose Ausplünderung des Planeten eine ziemlich gute Zeit gehabt haben und sich nun auf dem absteigenden Ast befinden, dabei allerdings immer noch bereit sind, alle anderen mit in den Abgrund zu reißen.