Klimaschutz: vom Ladenhüter zum Bestseller
- Klimaschutz: vom Ladenhüter zum Bestseller
- Die Welt kann es sich leisten, die Welt zu retten
- Staaten sorgen sich um die natürlichen Grundlagen des Geschäfts
- Der Verursacher des Schlamassels wird zum Hoffnungsträger ...
- Die Enttäuschung über die nächste Klima-Konferenz ist programmiert
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Nicht mehr nur Umwelt- und sonstige Randgruppen, sondern alle wollen plötzlich die Welt retten. Woher kommt diese Einigkeit?
Jetzt verurteilen schon Gerichte Unternehmen und Regierungen zu mehr Klimaschutz, so geschehen in den Niederlanden und gerade in Deutschland. Und die Herrschaften arbeiten ihre diesbezüglichen Programme eilig nach. Inzwischen gilt die Frage, wie es die Parteien mit dem Klimaschutz halten, als entscheidend für den Ausgang der kommenden Bundestagswahl. Der Markt für nachhaltige Finanzanlagen wächst.
Unternehmen mit "Purpose", also Daseinsberechtigung, behaupten, alles, wirklich alles zu tun, um ihre Umweltbelastung auf das Maximalmögliche zu verringern. Und ja, immer mehr achtet "der Verbraucher" darauf, was er mit seinem Konsum anstellt. So viele Klima-Bestseller auf dem Büchermarkt müssen schließlich Folgen haben.
"Die Klima-Angst steigt weltweit" überschrieb vor kurzem die Süddeutsche Zeitung ihren Bericht über eine Umfrage unter 12.000 Personen in den führenden G-7-Nationen und den sogenannten Schwellenländern China, Brasilien, Russland, Indien und Südafrika (SZ, 8. Juni 2021), und auch Telepolis berichtete darüber. "Wenn es so etwas wie einen weltweiten Konsens über Risiken gibt, dann dreht er sich um die Umwelt, die Zerstörung natürlicher Ressourcen und den Klimawandel", hieß es im SZ-Text. In Deutschland rangiert daher bei den Befragten der "Klimawandel" auf Platz 1 der größten Gefahren, noch vor Corona und weiteren Pandemien, islamistischem Terrorismus und Flüchtlingen.
"Klima-Angst" des Westens: China überholt bei E-Autos und Erneuerbaren
Interessanterweise erhoben hat die Umfrage die "Münchner Sicherheitskonferenz". Die ist eigentlich bisher eher aufgefallen durch beinharte Rüstungsthemen und ungelöste Konflikte zwischen den mächtigsten Staaten. Was nun den neuen Risiko-Spitzenreiter betrifft, stellt der Konferenz-Vorsitzende Wolfgang Ischinger den Bezug zu seinem Kernthema locker her: "Wir tun noch so, also ob wir von Panzern und Nuklearwaffen bedroht werden. Im 21. Jahrhundert entscheidet aber die Herrschaft über Daten und technologische Systeme den Wettbewerb. Da fällt schon auf, dass China in der Klimatechnologie die Führung übernimmt." (zitiert nach SZ, ebenda)
Mit Abstand führe die fernöstliche Macht bei Elektroautos, Batterien und Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Sonnenenergie. Außerdem habe sie die maßgebliche Kontrolle über die für viele moderne Produkte so wichtigen Seltenen Erden. Die Europäische Union (EU) liege lediglich bei der Produktion von Windenergie-Turbinen vorn.
Die "Klima-Angst" sieht für einen Außenpolitiker doch anders aus als für den Normalmenschen: Ischinger treibt die Sorge um, dass der falsche Staat am meisten von den Geschäftschancen profitiert, die der Klimaschutz bietet. Für ihn besteht die größte Gefahr des Klimawandels darin, im Kampf um die sich bietenden Profitgelegenheiten ins Hintertreffen zu geraten. Und damit von einem erklärten Gegner wie China die Geschäftsbedingungen diktiert zu bekommen.
Nicht auszudenken, wenn die EU zu wenig Seltene Erden aus anderen Ländern importieren kann oder auf Batterien aus Fernost angewiesen ist. Dann ändern sich damit auch die Machtverhältnisse.
So buchstabiert sich das "Risiko" des Klimawandels aus staatlicher, westlicher Sicht. Klimaschutz bedeutet hier Schutz vor unliebsamer Konkurrenz: In Sachen Erneuerbare Energien und emissionsfreie Mobilität darf sich der Westen nicht von China oder irgendwelchen anderen Staaten den Rang ablaufen lassen!
Was die Konkurrenz untereinander im westlichen Lager nicht ausschließt, im Gegenteil: Die EU versucht mit ihrem "Green Deal", Vorreiter weltweit zu sein und so Technik und Standards für eine Welt ohne Öl, Kohle und Gas global zu definieren. Und davon entsprechend zu profitieren.
Maßgeblicher Treiber dabei: Deutschland. Andererseits verfolgen die USA dies mit Argwohn. Schließlich will die Weltmacht Nr. 1 auch auf diesem Gebiet Hauptnutznießer sein, ganz besonders unter dem neuen Präsidenten. Entsprechend große Dollar-Summen will Joe Biden in den vielversprechenden Klimaschutz investieren.
Der von Ischinger angesprochene Wettbewerb um die beste klimaschonende Technik basiert auf einer global inzwischen durchgesetzten Erkenntnis und Erfahrung: Der Klimawandel ist im Gange. Er verändert unsere Umwelt enorm. So sehr, dass die natürlichen Grundlagen für Staat und Wirtschaft in Gefahr sind. Der bereits laufende Anstieg der Temperaturen überall auf der Erde muss gebremst oder besser gestoppt werden.
Die Liste der Folgen, wenn das nicht gelingt, liest sich erschreckend: Hitzewellen, Sturmfluten, Waldbrände, überschwemmte Küsten und Inseln, Wassermangel, Lebensmittelnot, Verkehrschaos, Stromausfälle - um nur einige zu nennen. Und das betrifft nicht nur die ferne "Dritte Welt", sondern mehr oder weniger alle Nationen, auch Deutschland (siehe unter anderem Nick Reimer/Toralf Staud: Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird, Köln 2021; Klimawirkungs- und Risikoanalyse des Umweltbundesamts vom 14. Juni 2021).
Maßnahmen gegen die sich abzeichnenden verheerenden Folgen des Klimawandels werden von den reicheren Staaten geplant und in die Wege geleitet: Die Liste ist lang - beispielsweise die Pflanzung widerstandsfähigerer Bäume, eine bessere Wasserwirtschaft oder der Bau stärkerer und höherer Deiche an den Küsten.
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