Klimaschutz: vom Ladenhüter zum Bestseller
Seite 5: Die Enttäuschung über die nächste Klima-Konferenz ist programmiert
- Klimaschutz: vom Ladenhüter zum Bestseller
- Die Welt kann es sich leisten, die Welt zu retten
- Staaten sorgen sich um die natürlichen Grundlagen des Geschäfts
- Der Verursacher des Schlamassels wird zum Hoffnungsträger ...
- Die Enttäuschung über die nächste Klima-Konferenz ist programmiert
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Die außen- und wirtschaftspolitischen Überlegungen der Nationen bewegen allerdings deren Untertanen weniger. Würden sie sich mit diesen Kalkulationen beschäftigen, wäre es für sie kein Rätsel mehr, warum ihre Regierungen nicht umstandslos alles für den Klimaschutz unternehmen.
Die Herrschaften haben eben einen sehr verschiedenen Blick auf das Thema, gemäß ihren Ambitionen und Möglichkeiten in Konkurrenz zueinander. Diese Politik erntet jedoch bei den besorgten Bürgern nur verständnisloses Kopfschütteln. Wieder hat eine Klima-Konferenz zu wenig erbracht, wieder ein Klimaprogramm oder -gesetz die Ziele zu niedrig angesiedelt!
Diese ständig wiederkehrende Enttäuschung speist sich aus der Vorstellung, dem Staat ginge es zuallererst um den Schutz von Mensch und Umwelt. An diesem eingebildeten Maßstab scheitern die Politiker dann sehr zuverlässig.
Den zweiten Teil vom "Bestseller" hat die deutsche Öffentlichkeit daher viel besser verstanden. "Bis 2050 wird es hierzulande im Durchschnitt rund zwei Grad wärmer. Was bedeutet das konkret? Für unsere Gesundheit, für die Natur, für den Wald? Für unsere Städte, für die Bauern, für die Wirtschaft? Haben wir in dreißig Jahren noch genügend Wasser? Ist unsere Energieversorgung sicher? Nicht zuletzt: Wo machen wir 2050 Urlaub?", schreiben Nick Reimer und Toralf Staud im Klappentext zu Deutschland 2050.
Das Buch ist, natürlich, ein Bestseller, weil das bewegt die meisten Deutschen: So wie bisher wird es wohl nicht mehr weitergehen, es wird ungemütlich, vorsichtig ausgedrückt. Das wird es tatsächlich wohl, schenkt man den zahlreichen zitierten Experten aus allen möglichen Fachrichtungen Glauben.
Klimaschutz leicht gemacht: Die Herrschaft an ihren Job erinnern und wählen gehen
Also finden nun immer mehr "Fridays For Future" gut, weil "unsere" Zukunft ja bei den jungen Leuten liegt. Die Protestierenden erwarten ernsthaft von genau den Machthabern mehr Klimaschutz, die der Wirtschaft die Plünderung der Natur vorsätzlich und gezielt stets genehmigen und die dafür nötige Infrastruktur bereitstellen, ebenfalls wenig klimafreundlich.
Die angesprochenen Damen und Herren in Berlin bedanken sich auch artig für die Erinnerung an ihren vermeintlichen Auftrag - und machen mit ihrem Programm weiter. Darin steht immerhin jetzt viel öfter das Wort "Klimaschutz". Denn die "Klima-Angst" der Deutschen könnte ein ausschlaggebender Faktor bei den bevorstehenden Bundestagswahlen werden. Da will sich selbstredend jede Partei empfehlen als die einzig richtige Adresse - und das Feld nicht den Grünen überlassen.
Neben dem Wahl-Kreuz kann man auch noch etwas anderes gegen seine "Klima-Angst" unternehmen: Den ganz persönlichen CO2-Fußabdruck ermitteln und weniger Auto fahren, weniger Fleisch essen, mehr "Bio" kaufen.
Wer noch ein wenig Kleingeld übrig hat, setzt aufs Dach eine Solaranlage. Mit der produziert man dann Strom ohne Treibhausgas-Ausstoß, und es rechnet sich auch noch! So ist der Klimaschutz bei jedem Einzelnen angekommen. Der indes nur auf Basis seines mehr oder minder gefüllten Geldbeutels entscheiden kann, ob und wie er mit seinem Verbrauch das Klima entlastet.
Und der doch nur eine Wahl hat, die ihm die kapitalistische Warenwelt bietet - die damit ihr Geschäft macht. Winkt kein Geschäft, gibt es auch die Ware nicht, also nicht die Wahl. So viel zum Thema "souveräner Verbraucher". (mehr dazu siehe https://www.heise.de/tp/features/Der-Verbraucher-Koenig-Kunde-oder-der-Kaiser-ohne-Kleider-4928622.html)
Keine "Menschheits-Katastrophe", aber eine Katastrophe für viele Menschen
Der "Klimawandel" gilt als "Menschheits-Katastrophe". Tatsächlich bekommen ihn alle Bewohner dieser Welt zu spüren. Damit hört die Gemeinsamkeit aber gleich wieder auf. Welcher Staat wie betroffen ist, wie er damit umgeht, welche Mittel er hat, die Folgen abzuwehren, welches Kapital er im Land hat, um mit neuer Energietechnik zu profitieren, wie er damit mehr Macht durch Energie-Autarkie erlangt - all das scheidet die rund 200 Nationen dieser Welt schon mal ziemlich deutlich voneinander.
"Die Menschheit" gibt es als diese vorgestellte Einheit eben nicht. Noch viel weniger, wenn man sich die Unterschiede an den Leuten in einer kapitalistischen Gesellschaft ansieht: Unternehmer, Selbstständige und Arbeiter, Politiker, Beamte und Angestellte, Reiche, weniger Reiche, fast und ganz Arme, Vermieter und Mieter, Familien, Alleinerziehende, Singles, gut versorgte und weniger gut versorgte Rentner, Migranten, Flüchtlinge, Obdachlose und viele weitere, sehr verschiedene und gegensätzliche Lebenslagen.
Je nach Ausstattung mit Geld und Macht werden daher die Staatsangehörigen den Klimawandel sehr unterschiedlich erleben. Eine "Menschheits-Katastrophe" ist der Klimawandel nicht. Aber mit Sicherheit eine Katastrophe für viele Menschen.
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