Klimaschutz: vom Ladenhüter zum Bestseller
Seite 3: Staaten sorgen sich um die natürlichen Grundlagen des Geschäfts
- Klimaschutz: vom Ladenhüter zum Bestseller
- Die Welt kann es sich leisten, die Welt zu retten
- Staaten sorgen sich um die natürlichen Grundlagen des Geschäfts
- Der Verursacher des Schlamassels wird zum Hoffnungsträger ...
- Die Enttäuschung über die nächste Klima-Konferenz ist programmiert
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Gern kann das aus Sicht der sie beherbergenden Staaten so weitergehen. Die Regierenden haben aber noch eine andere, zusätzliche Sicht auf die Natur: Wenn sie in absehbarer Zeit nicht mehr zur Benutzung für die Unternehmen taugt, hierzulande, in Europa und anderswo, ist das Geschäft grundsätzlich in Gefahr. Gedacht wird dabei nicht nur an nicht mehr benutzbare kaputte Landschaften, verpestete Luft und tote Gewässer, sondern auch an die Folgen für das Staatsvolk.
Die Vergiftung der Umwelt darf nicht zu weit gehen. Die Bürger müssen in ihrer Mehrheit so gesund bleiben, dass sie ihren Berufen nachgehen und ihren familiären Verpflichtungen nachkommen können. Die zahlreichen "Volkskrankheiten" sind dazu kein Widerspruch, sondern einkalkuliert.
Diesen übergreifenden Standpunkt hat eine einzelne Firma nicht. Sie achtet nur auf ihre bestmögliche individuelle Bilanz. Also muss ihr der ihr fremde Standpunkt vom Staat auferlegt werden, mittels Vorschriften zum Umweltschutz. Wie weit diese gehen, entzieht sich objektiven Kriterien. Vielmehr wägen die Staaten ab, welche finanziellen Belastungen ihrer Wirtschaft zuzumuten sind einerseits; andererseits welchen Umfang der Schutz der natürlichen Grundlagen mindestens haben muss.
Bei den Umweltauflagen für die Unternehmen ist zudem zu bedenken: Die Firmen werden die Kosten auf die Preise ihrer Produkte abwälzen wollen. Am Ende zahlen also "die Verbraucher" für viele Waren die Zeche, beispielsweise das wegen des CO2-Preises verteuerte Benzin.
Was wiederum auf der einen Seite zu begrüßen ist: Der Eingriff des Staates wirkt. Auf der anderen Seite darf die Belastung aber auch nicht zu groß werden. Das Geschäft sollte allenthalben weitergehen, auch mit dem weniger zahlungskräftigen Teil der Bevölkerung.
Der Wettbewerb um Klima-Profit verschärft sich
Worin besteht also das neu entflammte Interesse der Regierungen dieser Welt am Klimaschutz? Die beschriebenen Zusammenhänge existieren schon länger, die Erkenntnisse zum drohenden Klimawandel ebenfalls. Die Chancen und Risiken sind allerdings in der Welt sehr unterschiedlich verteilt.
Auf Seiten der Chancen verschärft sich der Wettbewerb zwischen den Industrienationen, siehe Ischingers "Klima-Angst". Wer bekommt am schnellsten den Umbau in Richtung Energie-Autarkie hin, wessen Kapital profitiert am meisten von Techniken für den Klimaschutz und für die Abwehr der Folgen des Klimawandels? Wer setzt die Standards für die Märkte? Und wer gewinnt den größten Einfluss im Rest der Welt?
China hat sich für den Geschmack des Westens schon viel zu sehr mit Engagements in der "Dritten Welt" breit gemacht, wie die Münchner Sicherheitskonferenz festgestellt hat. Auf dem G-7-Gipfel erklärten die Teilnehmerstaaten kürzlich, bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Unterstützung von Klimaschutz und Dekarbonisierung in den ärmeren Ländern aufzubringen.
Das hatten sie zwar schon 2009 bei der Klimakonferenz in Kopenhagen als Ziel ausgegeben, aber nie verwirklicht. Nun soll das aber tatsächlich passieren. Die USA ziehen mit, und Deutschland will seinen Anteil von vier auf sechs Milliarden Euro jährlich erhöhen (vgl. Michael Bauchmüller: Angst vor Zielen und Zeitplänen, in: SZ, 14.06.2021).
Überhaupt sitzen die Milliarden gerade im Hinblick auf Klimaschutz locker. Bundesfinanzminister Olaf Scholz will für 2022 noch einmal deutlich mehr zusätzliche Kredite aufnehmen. "Mit dem Geld sollen nicht nur die Folgen der Pandemie gemildert, sondern massiv der Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität vorangetrieben werden." (SZ, 18.06.2021)
Auch die Ziele des deutschen Klimaschutzgesetzes erhöhte die Regierung in atemberaubendem Tempo. Das Bundesverfassungsgericht hatte einer Klage gegen das Gesetz teilweise stattgegeben. "Die Regelungen des Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 (...) über die nationalen Klimaschutzziele und die bis zum Jahr 2030 zulässigen Jahresemissionsmengen (sind) insofern mit Grundrechten unvereinbar (...), als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen."
Also änderte Berlin mal eben die Eckpunkte: "Bislang hatte die Bundesregierung Treibhausgasneutralität bis 2050 angestrebt. Das Zwischenziel für 2030 wird von derzeit 55 auf 65 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990 erhöht. Für 2040 gilt ein neues Zwischenziel von 88 Prozent Minderung. Die Klimaschutzanstrengungen werden so bis 2045 fairer zwischen den jetzigen und künftigen Generationen verteilt."
Deutschland wird demnach bereits 2045 klimaneutral. Wie dies im Einzelnen erreicht werden soll, bleibt jedoch unklar. Sicher ist auf jeden Fall: "Eine grundlegende Wende in der Klimapolitik lässt sich nur mit einer starken und leistungsfähigen Volkswirtschaft in Deutschland umsetzen und weltweit zum Durchbruch bringen", erklärt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier (CDU). (Broschüre Klima schützen und Wirtschaft stärken des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, September 2020, S. 6)
Dass den Unternehmen der damit verbundene Aufwand erstattet gehört, meint nicht nur er: "Wir schlagen der deutschen Industrie einen Pakt vor. Es geht um eine verbindliche Verabredung, dass der Staat den Unternehmen die Kosten ausgleicht, die sie zusätzlich erbringen müssen, wenn sie klimaneutral werden wollen", sagt die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock (zit. nach SZ, 14.06.2021)
Und die grüne Spitzenpolitikerin - nicht die Konkurrenten von CDU und SPD, aber sicher mit deren Zustimmung - bringt das Ziel deutscher Klimapolitik auf den Punkt: "Ob einem das nun gefällt oder nicht - klar ist, der Wettbewerb darum, wer die Märkte der Zukunft als erstes klimaneutral erreicht, der wird in Zukunft auch wirtschafts- und damit gesellschaftspolitisch die Nase vorn haben", sagte sie beim "Tag der Industrie".
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