Fleischindustrie vor Herausforderung: Klimawandel befeuert Tierseuchen

Foto zeigt Schwarzkopfschafe

Vor allem Schafe und Rinder sind durch die Blauzungenkrankheit gefährdet. Foto: Simon / Pixabay Licence

Blauzungenkrankheit breitet sich durch Erderhitzung aus. Experten sehen auch Nutztierbestände in Europa gefährdet. Wird Billigfleisch zum Auslaufmodell?

Massentierhaltung wird nicht nur als Beitrag zur Klimakatastrophe kritisiert – sie könnte auch durch die Erderhitzung selbst erschwert oder zunehmend unrentabel werden.

Denn bisher auf den globalen Süden beschränkte Tierseuchen wie die Blauzungenkrankheit breiten sich zunehmend auf andere Weltregionen aus. Davor warnt unter anderem die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH), die mit der für Menschen zuständigen Weltgesundheitsorganisation (WHO) kooperiert.

Der Forschungs- und Entwicklungsinformationsdienst der Europäischen Gemeinschaft (CORDIS) sieht die Nutztierbestände in ernster Gefahr.

Virus für Menschen ungefährlich; Rinder und Schafe bedroht

Die Blauzungenkrankheit befällt vor allem Wiederkäuer wie Schafe, Rinder und Ziegen. Obwohl das Virus für den menschlichen Organismus ungefährlich ist, wird es als ernsthafte Bedrohung für diesen Sektor der Landwirtschaft eingeschätzt, da es die Fleisch- und Milchproduktion verringern und zu Verwerfungen auf dem Markt führen kann. Übertragen wird das Virus von Stechmücken.

Ursprünglich in tropischen und subtropischen Regionen heimisch, hat das Virus seit den späten 1990er-Jahren seine Verbreitung in den Mittelmeerraum und weiter nach Südeuropa ausgedehnt. Bis 2023 erreichte es auch nördlichere europäische Breitengrade. Vor allem der Serotyp 3 wurde in mehreren europäischen Ländern festgestellt. Er gilt als besonders gefährlich, da er hohe Sterblichkeitsraten bei Schafen verursacht.

Mehr als zwei Millionen Wiederkäuer, vor Schafe, sind seit 1998 Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit zum Opfer gefallen. CORDIS-Experten sind überzeugt, dass die zunehmenden Temperaturen für dieses Problem verantwortlich sind.

Tierseuche: Impfstoffe stoppen jeweils nur einen Serotyp

Als entscheidendes Problem im Umgang mit der Krankheit gilt die Vielzahl von Serotypen – mehr als 27 sind bekannt, was die Kontrolle erschwert, da Impfstoffe gegen einen Serotyp keinen Schutz gegen andere bieten.

Das Virus verbreitet sich aufgrund des Klimawandels zunehmend in bisher als gemäßigt geltenden Regionen. Höhere Temperaturen verlängern die Übertragungszeit, da die Stechmücken früher im Jahr aktiv werden und länger aktiv bleiben. So schrumpft die Lücke zwischen den Übertragungsperioden schrumpft.

Massentierhaltung und Tiertransporte als Multiplikator

Massentierhaltung und Tiertransporte über weite Strecken begünstigen die Ausbreitung der Krankheit. Laut WOAH erfordern diese Entwicklungen eine verstärkte Überwachung und internationale Zusammenarbeit, um die Ausbreitung einzudämmen.

Es sei wichtig, dass Impfstoffe entsprechend den internationalen Standards produziert würden und gegen die spezifischen Serotypen schützten, die in der jeweiligen Region zirkulieren. Eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Sektoren sei nötig, um die Verfügbarkeit von Impfstoffen sicherzustellen und den Bedarf zu decken, unterstrich die WOAH in einer Stellungnahme vor wenigen Wochen.

In Zukunft 75 Prozent weniger Fleisch?

Um die Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren, sei es wichtig, ein umfassendes Verständnis der Vektorökologie zu entwickeln. Der "One-Health"-Ansatz, der die Verbindung zwischen Tiergesundheit, Umwelt und öffentlicher Gesundheit betone, sei entscheidend, um künftige Risiken zu managen und innovative Lösungen zu finden.

Eine Studie der Universität Bonn hatte 2022 ergeben, dass der Fleischkonsum in den Industrienationen um mindestens 75 Prozent sinken müsse, um die Ernährung der Menschheit insgesamt langfristig sicherzustellen. Berücksichtigt wurden dabei Auswirkungen auf Umwelt, Klima und Gesundheit sowie auch wirtschaftliche Aspekte.