Klimawandel und Demokratie: Wie die Waldbrände in Griechenland den Polizeistaat befördern

Seite 2: Griechenland: Klimaschutz versus Naturschutz

Das ist einer der Knackpunkte in der ansonsten vor allem auf dem Papier vorbildlichen Klimapolitik der Regierung Mitsotakis, die etwa dazu geführt hat, dass E-Mobilität für Unternehmer Pflicht ist und sie ihre Fuhrparks schrittweise auf Elektroautos umstellen müssen.

Ein Wärmegesetz, wie es in Deutschland derzeit auf Initiative von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) diskutiert wird, ist in der Hellenischen Republik seit Jahren Realität. Windkraft- und Solaranlagen werden seit 2019 mit Hochdruck im ganzen Land gebaut. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat mit entsprechenden Fördergesetzen und vereinfachten Genehmigungsverfahren für einen Investitionsboom der heimischen Industrie gesorgt.

Dass viele der Anlagen in Naturschutzgebieten und nach verheerenden Waldbränden wie auf Euböa 2021 anstelle von wiederaufgeforsteten Wäldern errichtet werden, ruft lokale Naturschützer auf den Plan. Ihre Proteste werden immer wieder mit massivem Polizeiaufgebot niedergeschlagen – ganz so, wie es die extreme Rechte in Deutschland angesichts von Klimaprotesten fordert.

Klimaaktivisten, wie man sie aus Deutschland kennt, gibt es in Griechenland nicht. Es ist eine soziologische Frage, ob dies mit dem Verschwinden der Mittelschicht als Folge des Spardiktats zusammenhängt.

Die Mittel für die Pflege der Wälder wurden seit dem Staatsbankrott massiv gekürzt. In der Region Ost-Attika sind zwar Dutzende Stellen für Waldarbeiter eingeplant, tatsächlich aber wurde keiner dieser Stellen besetzt.

Keine Mittel für die Feuerwehr

Wenn der wissenschaftliche Konsens weder den Klimawandel noch die Bedeutung der Wälder für den Klimaschutz leugnet, sollte man erwarten, dass der Schutz der Wälder für die Abmilderung der Klimakatastrophe ebenso wichtig ist wie die Energiewende. Nicht so in Griechenland, wo zudem die Feuerwehr kaputtgespart worden ist.

Die beiden verunglückten Piloten, die vergangene Woche mit einem Löschflugzeug des Typs Canadair 215 abstürzten, waren zusammengenommen jünger als ihr Flugzeug des Baujahrs 1969. Zum Vergleich: Die Türkei verfügt für ihre Waldbrände über Löschhubschrauber, die die Feuerwehr auch nachts aus der Luft unterstützen können.

Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis aber wollte lieber in Kampfflugzeuge vom Typ Rafale investieren und bestellte F-35-Jets. Die Explosion des Munitionslagers in Nea Anchialos, in dem auch Nato-Waffensysteme lagern und die fast die Hälfte der F-16-Flotte auf den Stützpunkt bedrohte, zeigt die Konsequenz der fragwürdigen griechischen Brandschutzpolitik.

Evakuierungsanordnungen und Polizei als Allheilmittel

Ähnlich wie bei der Covid-Pandemie, bei der die Regierung nicht das Gesundheitssystem stärkte, sondern mit drakonischen Strafen, strikten Sperrmaßnahmen und massivem Polizeieinsatz der Ausbreitung der Pandemie Herr werden wollte, ist auch bei den Waldbränden die Polizei das Allheilmittel.

Am vergangenen Wochenende wurden Polizeieinheiten mit C-130-Transportern nach Rhodos geflogen. Sie sollten Evakuierungsbefehle durchsetzen. Dabei drangsalierten sie die freiwilligen Feuerwehrleute, die zu evakuierenden Bürger und ließen die Touristen über die Lage im Unklaren. Bei Widerspruch wurde sofort mit drastischen Strafen gedroht, auch wenn der Widerspruch logisch begründet war.

Es gibt zahlreiche Berichte und Aussagen von Touristen, die sich bei der Zivilbevölkerung bedanken, aber darauf hinweisen, dass sie weder von Beamten noch von Reiseveranstaltern Informationen erhalten haben. Abgesehen von resoluten Anweisungen der Polizei kam von dieser Seite keine Hilfe. Keine Vorsorge für die Versorgung nach der Evakuierung, keine Hilfe - nichts.

Für die Regierung in Athen war es hingegen die erfolgreichste "größte Evakuierung in Friedenszeiten".

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