Knochen aus Glas

Trotz Schwächen ist der Thriller "Unbreakable" durchaus sehenswert

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zappen ist nicht nur eine TV-Krankheit. So sind in Hollywood inzwischen viele Kinoproduzenten fest der Überzeugung, dass das heutige Publikum kaum noch in der Lage ist, eine ruhig aufgebaute Geschichte über eine längere Zeit aufmerksam zu verfolgen. Ein Mangel, der also geradezu nach Filmen verlangt, die Nonstop-Action liefern und aufgebaut sind wie Videoclips. Aktuellstes Beispiel ist das zwar knallbunte, aber sinnleere und -lose "3 Engel für Charlie"-Abenteuer.

Und dann dreht trotz dieses Vorurteils vergangenes Jahr ein indisch-amerikanischer Filmemacher mit "The Sixth Sense" einen Thriller, der das genau Gegenteil ist: ein verdammt ruhiges, gleichwohl spannend-unheimliches Spiel um Leben und Tod. Und ein weltweiter Kassenerfolg - nicht zuletzt weil man den Film, um ihn ganz zu verstehen und zu genießen, einfach zweimal gesehen haben muss.

Letzteres kann man von M. Night Shyamalans zweiten Streich "Unbreakable - Unzerbrechlich" leider nicht sagen. Zwar ist auch der Schluss überraschend, aber im Vergleich zum Vorläufer doch eher banal, und die Auflösung der Geschichte ist, wenn man's ganz genau nimmt, ziemlich haarsträubend. Es sei denn, man ist ein so absoluter Comic-Fan, dass man die Helden dieser Heftchen für die wahren mythischen Gestalten unserer Zeit hält. Mehr dürfen wir an dieser Stelle allerdings nicht verraten.

Doch bei aller Kritik auch "Unbreakable" lohnt durchaus einen Kinobesuch. Der Film hat eine ähnlich düstere und gleichzeitig faszinierende Atmosphäre wie "The Sixth Sense", auf vordergründige Knall- und Horroreffekte wird völlig verzichtet, Bedrohlichkeit wird statt dessen mit raffiniertesten Kameraeinstellungen geschaffen und auch die Charaktere werden fast penible entwickelt. Der Regisseur versteht eben sein Handwerk.

Im Mittelpunkt stehen zwei grundverschiedene Männer: Elijah Price (Samuel L. Jackson), ein Galerist und Spezialist für Comic-Raritäten, der unter einer seltenen Krankheit leidet. Seine Knochen sind zerbrechlich wie Glas. Ein Umstand, der ihn schon als Kind zum Außenseiter abgestempelt hat. Ganz anders David Dunn (Bruce Willis), ein zwar frustrierter und in sich gekehrter Typ, der einen miesen Job hat und dessen Ehe kurz vor der Scheidung steht, der aber komischerweise schier "unzerbrechlich" ist. An irgendeine Krankheit, die er mal gehabt haben könnte, kann er sich nicht erinnern. Unfälle übersteht er stets unverletzt. Und so überlebt er - in der Anfangssequenz - als Einziger eine verheerende Zugkatastrophe, bei der mehr als 100 Leute umkommen.

Als Price davon erfährt, nimmt er sofort Kontakt auf. Auf einen solch "Unzerbrechlichen" hat er nämlich seinen Leben lang gewartet, aus Gründen, die für den Zuschauer und für Dunn lange im Dunkeln bleiben. Wie sich die Beziehung dieser beiden Männer dann entwickelt, wie Dunn die Kontaktversuche anfangs abwehrt, sie schließlich jedoch langsam zulässt, ist genauso perfekt inszeniert, wie es auch die Dialoge sind, die die Handlung eigentlich voranbringen. Und da sich zudem Willis, der derzeit wohl beste Darsteller amerikanischer Durchschnittsmänner, und der zynisch elegante Jackson sehr gut ergänzen, werden sich in diesem Film vermutlich nur notorische Zapper langweilen.