Kommt die Pkw-Maut jetzt bald für Alle?

Verkehrszeichen "Autobahn" mit maroder Brücke und Verkehrszeichen "Maut"

Nach dem Maut-Debakel 2019 kommt neue Bewegung in die Diskussion. Die Wirtschaftsweisen fordern eine Pkw-Maut für alle Autofahrer.

Der frühere Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte den an der geplanten Umsetzung der Maut beteiligten Unternehmen die Verträge gekündigt, nachdem der Europäische Gerichtshof in Luxemburg das Vorhaben der Infrastrukturabgabe, die letztlich nur ausländische Verkehrsteilnehmer getroffen hätte, gekippt hatte.

In einem Schiedsverfahren wurde der Schadensersatzanspruch der ehemaligen Vertragspartner autoTicket sowie dessen Gesellschaftern CTS Eventim und Kapsch TrafficCom auf 243 Millionen Euro gedeckelt, für die der deutsche Steuerzahler aufkommen musste.

Der Bund blieb darüber hinaus auf einer weiteren zweistelligen Millionensumme für Anwalts- und Verwaltungskosten und weitere Verfahren sitzen, was gerne übersehen wird.

In Regress nehmen wollte der Bund seinen ehemaligen Verkehrsminister in der Folge jedoch nicht, weil eine Klage gegen Bundesminister a. D. Scheuer nur geringe Aussichten auf Erfolg gehabt hätte, wie ein unter Nachfolger Volker Wissing in Auftrag gegebenes Fachgutachten der Kanzlei Müller-Wrede dargelegt hatte.

Dort wurde festgestellt, dass bereits die Rechtsgrundlage für einen Haftungsanspruch des Bundes gegen einen Bundesminister a. D. zweifelhaft und damit angreifbar sei.

Der Bund könne sich gegenüber einem Minister nicht auf die Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG berufen, da diese nur Grundlage für Ansprüche eines Dritten gegenüber dem Dienstherrn eines Amtswalters sei. Ferner habe der Gesetzgeber weder im Bundesministergesetz (BMinG) noch an anderer Stelle eine Haftungsnorm für Minister vorgesehen.

Könnte eine Infrastrukturabgabe für Alle EU-konform sein?

Die damalige Infrastrukturabgabe war vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gescheitert, weil sie EU-Bürger einseitig benachteiligt hätte. Eine Abgabe für alle war im damaligen politischen Klima jedoch offensichtlich nicht durchsetzbar und so wurde das Vorhaben zu den Akten gelegt.

Inzwischen hat sich die Lage jedoch grundlegend geändert. Die Verkehrsinfrastruktur steht in verstärktem Maße vor dem Kollaps, und dem Bund fehlen nicht nur aufgrund der Schuldenbremse die Mittel.

Im Zusammenhang mit der angestrebten Aufrüstung und der zunehmend geforderten Erhöhung der Rüstungsausgaben auf knapp vier Prozent des BIP und dem erneut diskutierten neuen Sondervermögens für die Bundeswehr scheint klar zu sein, dass der Bundeshaushalt die für die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur benötigten Mittel auf absehbare Zeit nicht wird aufbringen können.

Der Verfall der Infrastruktur geht daher ungebremst weiter und der Zuwachs beim Lkw-Verkehr beschleunigt den Verfall zudem. Daher muss für die Sanierung der maroden Verkehrswege eine andere Finanzquelle gesucht werden, die in Verbindung mit den zu sanierenden Bauwerken steht.

Eine neue Straßenverkehrssteuer wäre wenig zweckdienlich, weil Steuern grundsätzlich nicht zweckgebunden eingesetzt werden können und dann im allgemeinen Haushalt versickern.

Der KFZ-Steuer ist dieses Schicksal nicht erspart geblieben und bei der Mineralölsteuer dürfte sich zudem das Aufkommen über kurz oder lang aufgrund der Elektrifizierung des Straßenverkehrs reduzieren, auch wenn die deutschen Verbraucher hier derzeit noch auf der Bremse stehen.

Die Wirtschaftsweisen haben sich aktuell für einen Verkehrsinfrastrukturfonds ausgesprochen, um die maroden Straßen- und Schienen-Systeme hierzulande wieder auf Vordermann zu bringen, und haben zu seiner Finanzierung eine Pkw-Maut vorgeschlagen.

Konkret wird im Jahresgutachten 2024 empfohlen:

Für den Erhalt, die Modernisierung und den Ausbau des bundeseigenen Straßen- und Schienennetzes eignet sich ein Verkehrsinfrastrukturfonds mit dauerhaft eigenen Einnahmequellen, die aus dem Bundeshaushalt übertragen werden – wie beispielsweise Mauteinnahmen.

Damit könnte die Finanzierung der Verkehrswegesanierung dauerhaft den Parlamentsdebatten entzogen und einer technokratischen Struktur überantwortet werden.

Welche Vorteile hätte eine Maut

Der Vorteil einer Maut wäre die Zweckbindung dieser Abgabe für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur, wobei dies nicht auf den Bundesstraßenbau beschränkt bleiben müsste, sondern auch Landesstraßen, Fahrrad- und Schienenwege betreffen könnte, welche die auch Straßen der privatwirtschaftlich organisierten Autobahngesellschaft dauerhaft entlasten könnten.

In welcher Form eine solche Pkw-Maut erhoben werden könnte, ist bislang noch offen. Es bieten sich grundsätzlich eine Jahresmaut wie in der Schweiz an, die unabhängig von der konkreten Nutzung zu bezahlen wäre oder eine Maut, die ähnlich wie die Lkw-Maut nur für die jeweils gefahrenen Strecken anfällt.

Monika Schnitzer, die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, wird schon im Mai dieses Jahres im Dialog mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland auf die Frage, dass sie vorschlage, noch einmal eine Pkw-Maut zu diskutieren und wie realistisch das in der Autonation Deutschland sei, wie folgt zitiert:

Mir beschert das bestimmt wieder böse Mails. Aber wir müssen darüber sprechen, wie die Nutzer von Infrastruktur diese auch finanzieren können. Eine Maut hätte den Vorteil, dass man die Einnahmen zweckbinden kann – was die Geldflüsse für die Infrastruktur ein Stück weit verstetigen würde.

Gerade sind alle genervt, 50 Prozent der Straßen sind in keinem guten Zustand, die Brücken bröckeln, es gibt viele Staus. Ich würde nicht unterschätzen, wie zahlungsbereit die Menschen sind, wenn sie sich dafür auf die Straßen verlassen können.