Kommunikationsfreiheit statt Angst!

Seite 2: In Sonderstellung: Presse- und Medienfreiheit

"Kommunikationsfreiheit": Das Kompositum fungiert als Oberbegriff z.B. von Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit, aber auch von Freiheit der Kunst, Wissenschaft oder einer ungestörten Religionsausübung; Presse- und Medienfreiheit stellen einen zusätzlichen Aspekt der Kommunikationsfreiheit dar, wobei die Medien als Institutionen eine Sonderstellung genießen. Die Presse- und Medienfreiheit, wie sie im deutschen Grundgesetz kodifiziert ist (GG Art. 5), unterscheidet sich dabei vom individuellen Jedermanns-Recht auf freie Meinungsäußerung. Im Buch heißt es dazu:

Sie (Journalismus und Medien) sollen informieren, bei der Meinungsbildung helfen, die Regierenden ebenso wie Konzerne, Verbände, Kirchen etc. kritisieren und kontrollieren, aber auch unsere Fragen, Themen und Meinungen artikulieren. Alle diese Rollen, die weit über das hinausgehen, was der oder die Einzelne leisten kann, sind durch die institutionelle Presse- und Medienfreiheit besonders vor dem Staat geschützt.

Aber wissen die Medien diese Freiheit auch zu schätzen? Die Antworten fallen arg optimistisch aus, etwa wenn man an die Konzentration im Mediensektor denkt, und die damit einhergehende Meinungsmacht. Beck formuliert frohgemut:

Die ganz überwiegend marktwirtschaftliche Struktur der Medien in Deutschland hat den großen Vorteil, eine große Unabhängigkeit vom Staat oder einer Staats-Partei zu gewährleisten.

Gleichwohl, so setzt der Autor fort, berge die kapitalistische Medienorganisation "auch Gefahren für die Kommunikationsfreiheit", manchmal als "materielle Zensur" bezeichnet. Einschränkungen sieht Beck jedoch "vor allem im Hinblick auf Vielfalt und Gleichheit der Freiheitsrechte".

Hier hätte man sich mehr systemkritische Chuzpe und einen Hinweis auf die Filterfunktion gewünscht, die der "Öffentlichen Meinung", als soziales Konstrukt verstanden, zukommt ("öffentliche Meinung" vs. "veröffentlichte Meinung"). Ein Heer professioneller Kommunikationsarbeiter ist schließlich tagtäglich dabei, uns zu "versorgen", und das unter den Voraussetzungen definitiver gesellschaftlicher Verhältnisse und konkreter Interessenlagen.

Kleiner Exkurs: der "nervöse Mensch"

Medienhistorisch hat sich die Macht tendenziell zugunsten der Transporteure verschoben. Die immensen publizistischen Apparate der sekundären und tertiären Medien, so rekurriert Klaus Beck in einem Aufsatz von 2016 ("Lebensthema Medientheorie") auf den Publizistikwissenschaftler Harry Pross, bergen die Gefahr in sich, die soziale Kommunikation in einen "Einbahnverkehr" zu verwandeln und verhindern den direkten Kontakt mit den Urhebern der Mitteilung.

Harry Pross (1923-2010) seinerseits typologisierte die Medien bereits 1970 abhängig von deren Produktions- und Rezeptionsbedingungen - und hörte nicht auf, die unmenschlich gewordene Taktung der modernen Welt zu betonen: Die "Angst vor dem Versäumnis" ("Versäumnispanik") habe den "nervösen Menschen" hervorgebracht.

In einem Zeitzeugengespräch 2002 in São Paulo sprach Pross von einem "Durcheinander der Signale", das eine sich auflösende Ordnung hinterlassen habe, und nannte die euphemistische Rede von der Welt als globalem Dorf abfällig einen "Phantomspruch".