Kosovo und die Aufmerksamkeitsökonomie
Die NATO und Milosevich agieren vor einem unterschiedlichen Publikum
Die Situation im Kosovo gibt uns ein genauso gutes oder, eher, schlechtes Beispiel als jedes andere für das Sprichwort aus der Kindheit, daß zwei böse Taten keine gute Handlung ergeben. Die Bomben bringen eine (meist ökonomische) Zerstörung über die Region mit sich, die von Jugoslawien noch übriggeblieben ist, aber sie haben sicherlich nicht die "ethnische Säuberung" und die Gewalt gegenüber den Albaniern im Kosovo seitens der serbischen Regierung und ihrer Unterstützer gestoppt.
Was führte zu diesem schrecklichen Dilemma? Wenn wir eine Möglichkeit haben sollten, es zu beenden und sogar es nicht zu wiederholen, dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt zu verstehen, wie alles begann und was die Dynamik verstärkt.
Manche rechtsgerichtete amerikanische Gegner der Bombardierung sagen, daß man mit diesem Mittel nicht die Interessen der USA verteidigt, was diese auch immer sein sollen. Viele linksgerichtete Gegner halten im Gegensatz dazu die Bombardierung selbst für einen Beweis der dabei eine Rolle spielenden imperialistischen Interessen der USA. So wird etwa gesagt, daß die USA deswegen am Kosovo im Unterschied zu Regionen wie Tschetschenien, Ruanda oder Kurdistan interessiert seien, weil es "im Zentrum von Europa, Asien und dem Mittleren Osten" liegt. Andere verstehen den Angriff auf Jugoslawien als Teil eines größeren Plans, das Öl in Zentralasien unter Kontrolle zu bringen. Manche verweisen gar auf Gerüchte, daß man im Kosovo Gold gefunden habe.
Soweit es die Strategie betrifft, haben die USA lange Zeit ganz gerne den Kosovo nicht beachtet. Wie kann er also plötzlich im Mittelpunkt von Europa und dem Mittleren Osten stehen? Über Jahrhunderte war es eine rückständige Region und nichts weiter als eine wenig benutzte Verbindung zwischen Albanien, Montenegro, Serbien und Mazedonien, eine Null also innerhalb von Nullen, was den strategischen Wert für fremde Mächte betrifft.
Da man Öl überall findet, kann man es stets als Grund für igendetwas anführen. Aber zur Zeit gibt es zuviel Öl auf dem Weltmarkt und die USA demonstrierten überdies erst vor kurzem, daß ihre Haltung gegenüber dem Öl anderen Problemen nachgeordnet sein kann. Die amerikanischen Wirtschaftsexperten betrachteten den Versuch der OPEC wohlwollend, die Preise zu erhöhen, weil dies der Erholung der russischen Wirtschaft dienen könnte.
Gold ist ein ebenso unsinniger Grund, wie ein Blick auf die Goldpreise auf dem Weltmarkt seit einem Jahrzehnt zeigt. Seit einiger Zeit ist die Sicherung des Zugangs zu natürlichen Ressourcen keine Grundlage mehr für die Außenpolitik. Rohstoffe lassen sich immer kaufen, selbst von Feinden, oder man kann sie ersetzen. Der Preis für den Großteil der Ressourcen aller Arten ist, gemessen am Dollar, niemals niedriger gewesen.
Warum findet also die Bombardierung statt? Man könnte annehmen, daß nur die Sorge um die Menschenrechte den NATO-Krieg motiviert, aber das würde nicht erklären, warum alle übrigen Regionen, in denen Menschenrechte verletzt werden, nicht weiter beachtet wurden. Es würde auch nicht erklären, warum man sich bei allen verfügbaren Optionen für die Bombardierung entschieden hat.
Ich bin der Meinung, daß es dafür teilweise eine ökonomische Erklärung gibt, die nicht die mögliche Rolle eines wirklichen Mitgefühls ausschließt, sondern ihr einen Kontext verschafft. Und dieselbe Erklärungsweise läßt auch die Aktionen von Milosevich und seiner serbischen Verbündeten eher verstehen.
Es wird niemanden überraschen, der meine Texte kennt, daß meine Erklärung auf der Grundlage der neuen Ökonomie erfolgt, die nach meiner Ansicht die Welt beherrschen wird. Diese Ökonomie basiert nicht auf der Knappheit der Güter, sondern auf der unvermeidlichen Knappheit der menschlichen Aufmerksamkeit, wie sie zunehmend mehr vom Publikum kommt. Das ist die Ökonomie, die den Aufstieg des Cyberspace mit unterstützt hat. In einer traditionellen Geographie scheint es ziemlich absurd zu sein, daß das Kosovo strategisch so wichtig sein kann, doch in der gegenwärtigen Geographie des Cyberspace ist eine solche Hypothese überhaupt nicht absurd.
In der neuen Ökonomie bedeutet der Sachverhalt, ein Star zu sein, auch Reichtum und Macht zu haben. Ronald Reagan hat die Verwandlung der politischen Macht in eine Anwendung der Prinzipien des Starsystems vorangetrieben, und jetzt wurden seine Fortschritte von Bill Clinton aufpoliert. Da das US-amerikanische Publikum das weltweite Publikum vertritt, überrascht es nicht, daß Politiker in großen Teilen der Welt den Stil Clintons übernommen haben, um ihren eigenen Anteil am Publikum zu gewinnen. Daher wird die NATO jetzt von Clinton-Klons, die von Blair bis Schröder reichen, beherrscht. Sie nehmen die Dinge nicht nur in derselben Weise wahr, sondern handeln auch nach denselben Prinzipien.
Dieser neue Typ des Politikers muß sich stets leicht in einer Welt der Berühmtheit bewegen, zu der nicht nur die Film- oder Sportstars gehören, sondern auch die berühmten Journalisten, die natürlich ihre Berühmtheit durch eine andauernde Beziehung zu den Stars der Staatsmänner gewinnen.
In dieser Welt muß der Präsident oder Premierminister alles, was geschieht, als einen Hintergrund darstellen, vor dem er aufleuchtet. Wenn jemand bei einem Sportereignis gewinnt, dann muß sich der Präsident mit diesem Menschen zeigen. Sollte sich eine Naturkatastrophe ereignen, dann muß der Präsident dorthin reisen und innerhalb von ein oder zwei Tagen sein Mitgefühl mit den Verletzten oder Obdachlosen zum Ausdruck bringen.
Im Wesen eines erfolgreichen Stars liegt es, so aufzutreten, daß er die Bedürfnisse des Publikums bedient, und erfolgreiche Politiker der amerikanischen Art bedienen das größte Publikum, wobei sie alles vermeiden, was irgendeinem Menschen im Publikum besonders verletzen könnte. In dieser Welt ist das Publikum nicht durch Grenzen beschränkt, sondern es ist ein weltweites Publikum, das den amerikanischen Stars und ihren Nachahmern so dicht wie möglich folgt.
Diese Anforderungen lassen das Spektrum der akzeptablen Handlungen sehr eng werden, aber sie erzeugen auch bestimmte Handlungsnotwendigkeiten. Wenn ein Krieg ausbricht, bei dem die Kriegsberichterstatter mit ihren Kameras dabei sein können, dann wird dieser Krieg im Internet und im Fernsehen erscheinen. Auf diese Weise können letztendlich die Reporter zu Stars werden. Und wenn Brutalitäten oder Kriegsverbrechen geschehen, dann wirken sie in den Nachrichtensendungen so abstoßend wie Verbrechen im eigenen Land. Kein vernünftiger Politiker kann heute solche Bilder beiseiteschieben, besonders wenn ein Teil des Publikums sich leicht mit ihnen identifizieren kann.
(Meine Ausdrucksweise mag ungerechtfertigt zynisch erscheinen, aber ich will nur so objektiv wie möglich zu zeigen versuchen, wie die Aufmerksamkeitsökonomie die politischen Handlungen beeinflußt. Die meisten der beteiligten Journalisten und Politiker empfinden wahrscheinlich wirkliches Mitgefühl mit den Opfern und sind auch wirklich empört über die Taten der Kriegsverbrecher. Aber ihre wirklichen Gefühle sind nicht so wichtig wie die erfolgreiche Darstellung ihrer Betroffenheit, egal ob diese echt ist oder nicht. Menschenrechtsorganisationen haben auch eine wichtige Rolle dabei gespielt, kontinuierlich auf Themen aufmerksam zu machen, die sonst eher in den Hintergrund getreten wären, aber ihre Wirksamkeit ist gleichfalls ein anderes Thema als die Tiefe ihrer Betroffenheit.)
Es gibt im wesentlichen zwei Arten von Bildern, die für die Charakterisierung des Kosovo-Krieges eines Rolle spielen. Die eine Art von Bildern zeigt den verwundeten Soldaten oder, schlimmer, den Leichensack zusammen mit den besorgten oder trauernden Verwandten und Freunden zuhause. Diese Bilder sind die Spezialität der zuhause gebliebenen Journalisten, und sie gleichen in der Form den Verkehrsunfällen oder Berichten über Verbrechen. Es ist diese Art von Bildern, die eine wesentliche Rolle dabei spielten, einen konventionellen Krieg unter den meisten Umständen unvorstellbar zu machen. Präsident Clinton entdeckte dies im Fall von Mogadishu, wenn er es nicht schon zuvor gewußt hatte: "Keine toten amerikanischen Bodentruppen, und daher werden unter den meisten der vorstellbaren Bedingungen keine Bodentruppen in Gefahr gebracht." Das ist die Regel, die man nur unter der größten Gefährdung des politischen Erfolgs brechen kann. Nur dann, wenn die Todesrate in dem allgemeinen Rahmen bleibt, wie er sogar auch ohne Krieg besteht, kann der Politiker, der die Soldaten in Gefahr bringt, sich jetzt in Sicherheit wiegen.
Doch selbst die Zahl der eigenen Toten so gering wie möglich zu halten, ist nicht mehr genug. Jeder heutige "Staatsmann" muß vor einem Publikum spielen, das dem Krieg und seinen Konsequenzen auch zuschauen kann. Selbst wenn die einzelnen Soldaten "am Einsatzort", der sich an einer weit entfernten Basis oder in hoch fliegenden Flugzeugen befindet, jeden direkten Kontakt mit dem von ihnen verursachten Tod und Leid vermeiden können, muß ein Präsident oder ein Ministerpräsident damit rechnen, in den Abendnachrichten mit den aufschreckenden Bildern von Toten, Verstümmelten und Sterbenden oder mit denen von brennenden Häusern, Kliniken und Schulen verbunden zu werden. Und das muß möglichst vermieden werden, da eine ausreichende Menge an solchen Bildern in kürzester Zeit selbst das beliebteste Staatsoberhaupt in einen Schurken verwandeln kann.
Aber warum dann überhaupt den Krieg im Kosovo? Genau deswegen, weil der Tote ebenso ermordet aussieht, wenn fremde Truppen geschossen haben und die eigenen Soldaten nur daneben gestanden sind, auch wenn sie entsetzt waren, was sie sehen mußten. Kein westlicher Politiker will, um es in anderen Worten zu sagen, eine Wiederholung von Vietnam, Mogadishu oder Srebrnica. Die Angst vor einem neuen Srebrnica erklärt, warum das Kosovo soviel Betroffenheit in den Hauptstädten des Westens ausgelöst hat.
Pristina ist kein strategisches Zentrum, aber es ist nicht so weit entfernt, daß nicht tragbare Fernsehkameras dorthin gelangen und schreckliche Bilder aufnehmen könnten. Im Herbst des letzten Jahres befürchteten die westlichen Menschen, wahrscheinlich den Sorgen über die möglichen Folgen der Lewinsky-Affäre nachgeordnet, daß von Seiten der Serben eine ethnische Säuberung der Albaner stattfinden könnte, ohne daß die westlichen Staaten etwas unternehmen. Auch das hätte nicht akzeptable Fernsehbilder mit sich gebracht.
Das Kosovo ist aus dem einfachen Grund weder Kurdistan noch Ruanda, weil es innerhalb Europas liegt, weil Fernsehkameras leicht in ihm oder in der Nähe sein können und weil seine Bewohner dem westlichen Publikum so ähnlich sind, daß man sich leicht mit ihnen identifizieren kann. (Um ehrlich zu sein, muß ich hinzufügen, daß ein Grund, warum beispielsweise die Massaker auf dem Tienanmen-Platz oder in Tibet nicht genauso behandelt werden, darin besteht, daß China als zu mächtig gilt, um sich mit ihm anzulegen, während Serbien nicht als große Macht erscheint. Ein Präsident, der vor Serbien Angst hat, wird deswegen Schwierigkeiten bekommen.)
Das Kosovo ist überdies mit der serbischen Regierung verbunden, was erst kürzlich auf so abscheuliche Weise vor den Augen der holländischen Soldaten geschehen ist. Und da die Bombardierung der bosnischen Serben letztendlich ein schmerzliches, aber offenbar funktionierendes Ende der Massaker in Bosnien bewirkt hat, wurde die Androhung einer Bombardierung, die einzige militärische Karte, die jede westliche Regierung wirklich hält, schnell auch zu der einzigen Karte, die man ernsthaft im Fall des Kosovo auszuspielen gedachte.
Milosevich hat mindestens seit Srebrnica den Ruf im Westen erhalten, trickreich und unglaubwürdig zu sein, wenn er nicht militärisch bedroht wird. Die westlichen Diplomaten, die die Verhandlungen in Rambouillet planten und nicht für dumm verkauft werden wollten, bestanden darauf, daß sie durch die Androhung einer Bombardierung gestützt werden, bis ein felsenfestes Abkommen mit einer bewaffneten Truppe wie in Bosnien zustandekommt, die den Frieden sichert. Und weil Drohungen ausgeführt werden müssen, damit die Drohenden "glaubwürdig" bleiben, folgte auf die gescheiterten Verhandlungen eine notwendige, aber nutzlose Bombardierung. Natürlich kam eine weitere Regel der kollektiven Diplomatie hinzu, so wenig wie möglich Kreativität und Imagination zu gebrauchen: "Versuche nichts, das nicht bereits ausprobiert wurde und in ähnlichen Fällen funktioniert hat", lautet diese Regel. Die Leiter der Studios in Hollywood würden sich dabei ganz heimisch fühlen.
Wenn dies die Taktik der westlichen Staaten war, welche hatte dann Milosevich? Auch seine Handlungen lassen sich in den Begriffen der Aufmerksamkeitsökonomie darstellen, aber man muß mit der Voraussetzung beginnen, daß er nicht vor demselben Publikum spielt. Es gibt zwei grundsätzliche Methoden, um in der Welt ein Star zu werden. Man kann gewissermaßen den Hollywood-Regeln folgen, sein Spiel vor dem gemeinsamen Nenner inszenieren und jedem etwas bieten. Die andere Option ist, diese Ausrichtung auf die Masse zugunsten eines kleineren Publikums abzulehnen, das sich selbst als ausgestoßen empfindet oder dahin gebracht werden kann, sich so zu fühlen. Im besten Fall schafft man es, dieses Publikum zu beruhigen, während man gleichzeitig dessen Selbstwahrnehmung der Andersartigkeit und das Klagen verstärkt. Dann wird es außergewöhnlich loyal sein, während die Karriere als Star eng an es geknüpft ist.
Nachdem sich Milosevich nach dem Ende des Kalten Krieges in Serbien als nur einer Republik von insgesamt sechs an der Macht fand, hatte er kaum eine Chance, ein Held des Westens in der Art wie beispielsweise Gorbatschow oder Jeltsin zu werden. Die Serben waren weniger unternehmerisch wie die Slowenen, die Kroaten oder die bosnischen Muslime und empfanden sich bereits als Opfer der teilweisen Öffnung gegenüber dem Westen nach dem Tode von Tito. Da Jugoslawien kein sowjetischer Satellit war, konnte man nicht hoffen, ein Star zu werden, indem man einfach das Joch des Kommunismus abschüttelte.
Ganz offensichtlich lag die Marschrichtung für Milosevich darin, das serbische Gefühl des Verlierers aufzunehmen und damit zu spielen, wodurch er aber sein Ansehen auf der Weltbühne für eine größere Loyalität der Serben selbst riskierte. Damit gleicht er vielen anderen, die die "Identitätskarte" auspielten. In dieser Perspektive hat Milosevich diese Karte sehr geschickt ausgespielt und wurde zum Star für alle orthodoxen Christen, die weitaus stärker anti-moslemisch ausgerichtet sind als andere Christen. Konstantinopel, das Zentrum der Orthodoxen, geriet 1453 unter die Herrschaft der Mohammedaner, und die Orthodoxen sind auch die Christen, die man schlechtesten mit der Marktwirtschaft zurecht gekommen sind.
Aus der Perspektive, sich an ein solches Publikum zu wenden, ist es hilfreich, es in den Augen der Ausländer in Parias zu verwandeln. Milosevich ist wahrscheinlich der politische Führer, der sich zuletzt für eine solche Strategie entschieden hat, anstatt eine eher auf die Massen orientierte umfassende Popularität und Berühmtheit zu suchen, was heute unvermeidlich bedeutet, eine Art Satellitenstar der amerikanischen Politiker wie beispielsweise Clinton zu werden. Es ist kein Zufall, daß Milosevich jetzt auch der politische Führer ist, der am längsten an der Macht ist.
Wie man mittlerweile weiß, war das Kosovo der Ausgangspunkt für das Ansprechen des serbischen Ressentiments. Und indem Milosevich vor einem Jahrzehnt den Kosovo-Albaniern die Autonomie nahm, löste er entsprechende Schritte auf ihrer Seite aus. Nach seinen Niederlagen in Bosnien konnte er die Unterstützung für sich selbst nur erhöhen, wenn er sich dem Westen entgegensetzte, was er auch getan hat.
Da er die Serben als kampfbereit und überlegen darstellte, hat er eine Atmosphäre geschaffen, in der verzweifelte Aktionen bis hin zum Genozid, wie in Srebrnica geschehen, von den Serben als notwendig für das Überleben gesehen werden können. Die Serben betrachten sich im Unterschied zu den Deutschen unter Hitler nicht als Herrenrasse, sondern als dauernde Opfer, deren Status als Opfer dazu berechtigt, alles zu tun. Das ist eine gefährliche und abstoßende Haltung, die aber leider nicht nur die Serben haben.
Das Kosovo und die Bombardierung stellen folglich einen gefährlichen neuen Trend für die künftige Ausrichtung der zwischenstatlichen Beziehungen dar, der ironischerweise in einer Zeit geschieht, in der der Staat seinen Zweck und seine Funktion verliert. Wenn wir, die wir gegen beide Kriegsparteien sind, diese Art von Krieg verhindern wollen, dann müssen wir neue Mittel finden, die Aufmerksamkeit des Publikums zu finden, das gegenwärtig auf den Krieg fixiert ist, aber nicht wirklich in ihn hineingezogen werden will.
Die Jugoslawen haben die Vorstellung entwickelt, Bauwerke wie Brücken vor der Bombardierung zu schützen, indem sie sich selbst als mögliche Opfer anbieten, da sie genau wissen, daß zivile Opfer, selbst wenn es sich um die der Gegner handelt, nicht von den politischen Führern im Westen akzeptiert werden können. In einem neuen Kosovo könnten Stars und andere Freiwillige sich einfach in die umkämpften Gebiete als mögliche Opfer begeben, die im Hinblick auf die Weltöffentlichkeit gefährlicher als Getötete denn als Lebendige sind.
Das ist nur eine Möglichkeit. Die Aufgabe für die Friedenskämpfer, die mit ziemlicher Sicherheit keine Regierungen sein werden, besteht in der Entwicklung von Methoden der Aufmerksamkeitserzeugung, um die kriegführenden Parteien schlecht aussehen zu lassen. Sie müssen aber mit dem Krieg selbst hinsichtlich der Medienwirkung, der aktuellen Bedeutung und der Kapazität, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, konkurrieren können. Das ist keine leichte Aufgabe, aber sie ist eines Versuchs wert.
Aus dem Englischen übersetzt von Florian Rötzer