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Wann ist die Benennung "Mohammed" eine "Gotteslästerung"?

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Gillian Gibbons ist Engländerin und sieht auch so aus. Sie lehrt an der Privatschule "Unity High School" in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Vor einigen Tagen wurde sie dort inhaftiert und gestern wegen "Gotteslästerung" angeklagt. Der britische Regierungschef Brown sagte der BBC, britische Diplomaten würden sich derzeit intensiv um eine Freilassung bemühen.

Was war die Ursache der Verhaftung? Die Lehrerin soll dem Klassenmaskottchen, einem Teddybären, den Namen "Mohammed" gegeben haben. Angeblich entschied sich die Mehrheit der Schüler in einer Wahl für den von ihnen selbst vorgeschlagenen Namen, der auch in Großbritannien mittlerweile der zweithäufigste bei männlichen Neugeborenen ist. Nach anderen Angaben erlaubte Gibbons einem kleinen Jungen lediglich, den Bären so zu nennen. Darauf hin sollen sich aufgebrachte Eltern beim Bildungsministerium beschwert haben. Ein Kollege von Gibbons bestritt dagegen öffentlich, dass die Aktion von den Erziehungsberechtigten ausging. Die Online Ausgabe der Times zitierte andere Lehrer mit der Vermutung, dass möglicherweise eine Intrige hinter der Verhaftung stecken könnte.

Die Benennung des Teddybären soll, so die sudanesischen Behörden, ein Akt der "Gotteslästerung" gewesen sein, worauf im Sudan 40 Peitschenhiebe oder 6 Monate Gefängnis stehen. Angeblich drohten Islamisten vor dem Gefängnis, in dem Gibbons inhaftiert ist, schon mit drastischeren Strafen, die sie selbst durchführen wollten.

Der Vorgang wirft einige rechts- und religionstheoretisch durchaus interessante Fragen auf, über die vielleicht nicht nur der sudanesische Gesetzgeber einmal nachdenken sollte: Wenn ein Teddybär – die ideale Verkörperung des Liebenswerten – bei der Benennung mit "Mohammed" als Gotteslästerung gilt und der Benenner bestraft wird, was ist dann mit Eltern, deren "Mohammed" benannte Kinder sich zu Gewalttätern entwickeln und z.B. in Darfur Dörfer oder in Toulouse Bibliotheken niederbrennen? Sind sie nicht viel mehr eine Beleidigung des Namens des Propheten - wandelnde Gotteslästerungen, deren Eltern bestraft werden müssen?

Liegt etwa der entscheidende Unterschied zwischen solchen Kindern und dem Teddy darin, dass letzterer den Namen des Propheten bekam, ohne das moslemische Glaubensbekenntnis, die Schahada, sprechen zu können, weshalb er ihn aus Sicht der Kritiker zu Unrecht trug? Wenn es nur daran liegen sollte, dann könnte Benni, der MP3-Erzählbär, hier einfache Abhilfe schaffen:

MP3-Erzählbär Benni

Benni ist aus Plüsch, 23 Zentimeter groß, hat einen Aktivlautsprecher und bewegt beim Aufsagen seiner Texte Kopf, Mund und Arme synchron zur Wiedergabe. Im Leib des Bären befindet sich ein Speicher mit 32 Megabyte Platz. Über einen USB-Port lassen sich MP3s dorthin verschieben. Die dafür notwendige Software gibt es allerdings nur für Windows-Betriebssysteme. Mit dem Audio-Eingang sind aber auch direkte Aufnahmen möglich. Bedient wird der Bär durch Druck auf Pfoten und Ohren. Mit drei AA Mignon Batterien läuft er eine halbe Stunde – ein auf die Dauer nicht ganz billiges Vergnügen, wenn man nicht auf den Betrieb über ein 5-Volt-Netzteil zurückgreifen will, der ebenfalls möglich ist.

Eigentlich trägt der Teddybär an sich aber schon den Namen einer historischen Figur - nämlich den von Teddy Roosevelt, einem Abenteurer, Großwildjäger und amerikanischen Präsidenten, der durch seine "Big-Stick"-Außenpolitik, aber auch durch ein verhältnismäßig hartes Vorgehen gegen Monopole und Kartelle auffiel, das heute kaum mehr vorstellbar ist. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass Teddy Roosevelt mit seiner polternden Außenpolitik relativ wenig Schaden anrichtete, während der auf Roosevelt und Taft folgende Woodrow Wilson, ein erklärter Weltverbesserer und Interventionist, bei der Aufteilung der Welt in Versailles die Grundsteine für zahlreiche spätere Konflikte legte – unter anderem im Nahen Osten.

Der Cartoon, der den Stofftieren ihren Namen gab