Lecks und Korrosion verhindern Macrons Atompläne
Die utopische Forderung der französischen Regierung, zum Winter die Altmeiler wegen der Blackout-Gefahr wieder hochzufahren, zerschellt an realen Sicherheitsproblemen in den Reaktoren.
Die schlechten Nachrichten für die französische Regierung, wenn es um die Stromversorgung geht und um die Blackout-Gefahren im Land, auf die Präsident Emmanuel Macron die Bevölkerung schon eingestellt hat, reißen nicht ab. Eine dieser schlechten Nachrichten kam gerade aus dem Atomkraftwerk Civaux.
Dort hatte der Kraftwerksbetreiber EDF, gegen den wegen möglichen Vertuschungen von Störfällen ermittelt wird, ein radioaktives Leck entdeckt.
Es wurde angeblich vergangenen Mittwoch im Primärkühlkreislauf bei einem Testlauf gefunden. Dabei sei es zu einem Dampfaustritt im Instrumentenraum des Reaktorkerns gekommen. Es habe aber keine Gefahr bestanden, da sich kein Personal in der Nähe des Lecks befunden habe und es sei auch außerhalb der Anlage keine Radioaktivität gemessen worden, versicherte die EDF.
Das geplante Wiederhochfahren am 8. Januar ist nun ungewiss. Seit dem 1. August wurde die periodische Sicherheitsüberprüfung durchgeführt, die alle zehn Jahre fällig ist.
Sicherheitsüberprüfungen auch in Deutschland
Das ist genau die Prüfung, die für die drei deutschen Meiler, die jetzt bis April in den Streckbetrieb gehen sollen, seit drei Jahren aussteht. Am Freitag will die Ampel-Regierung aber im Eilverfahren im Bundestag eine Novelle des Atomgesetzes beschließen, um den gefährlichen Streckbetrieb trotz fehlender Sicherheitsprüfungen zu erlauben.
Dabei ist bekannt, dass zumindest auch im Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 viele Risse zu finden sind. Klar ist auch, dass die drei Altmeiler für die Stromversorgung in Deutschland unnötig sind. Sie dienen vielmehr dazu, um den Blackout in Frankreich angesichts der Atomsackgasse zu verhindern, in die sich Frankreich verrannt hat.
Pläne vereitelt
Dort geht man allseits davon aus, dass der ambitionierte Zeitplan der Pariser Regierung zum Wiederhochfahren der wegen Korrosion und Wartung abgeschalteten Meiler nicht einzuhalten ist.
Wie lange nun Civaux 1 abgeschaltet bleiben muss, ist unklar. Die EDF wollte sich dazu nicht äußern. Sie meint, es sei noch zu früh, um sagen zu können, welche Auswirkungen der Vorfall haben werde. Vermutlich fehlen aber mit Civaux 1 dem Land im Winter weitere 1,5 Gigawatt Strom, die fest eingeplant waren.
Tatsächlich entwickelt sich die Lage immer schlechter für die Regierung. Die hatte die EDF angewiesen, angesichts der riesigen Stromlücke alle Meiler bis oder im Winter wieder in Betrieb zu nehmen. Doch längst musste der ambitionierte Zeitplan auch schon vom Atomkonzern EDF zurückgeschraubt und das geplante Wiederhochfahren für diverse Meiler zumindest um Monate verschoben werden.
Abzusehen ist, dass der Meiler an der deutschen Grenze, Cattenom 1, nicht wie geplant nächste Woche wieder hochgefahren werden kann. Die französische Atomsicherheitsbehörde (ASN) hat die Betriebsaufnahme untersagt, da Risse an Schweißnähten festgestellt wurden, die vor der Inbetriebnahme erst repariert werden müssen, schreibt die ASN.
Es handelt sich um Risse mit "signifikanten Ausmaßen", die nach ASN-Angaben 4,7 bis 6,1 Millimeter in die Tiefe gehen. Die Risse wurden im Rahmen der Prüfungen auf "Spannungskorrosion" festgestellt. Wegen der Probleme kann dieser Reaktorblock auch frühestens im kommenden Februar ans Netz gehen.
Dazu kommt, dass gerade zwei Reaktoren neue Korrosionprobleme gemeldet haben. Neben Penly 2 ist mit Cattenom 3 wieder ein Meiler an der deutschen Grenze betroffen. Sie waren für Kontrollen schon abgeschaltet.
Wie es aussieht, ist auch der Zeitplan für das geplante Wiederhochfahren der beiden Reaktoren geplatzt ist. Am 23. November sollte Penly 2 wieder ans Netz gehen und Cattenom 3 am 11. Dezember. Nun will die EDF sie am 29. Januar und am 26. Februar wieder hochfahren. Somit fallen weitere 2,6 Gigawatt aus.
Der spezialisierte Nachrichtendienst Montel News hat berichtet, dass inzwischen schon die Ausfallzeiten für insgesamt sieben Reaktoren verlängert wurden, womit 8,4 Gigawatt zumindest länger als geplant ausfallen werden.
Die EDF und die Steuerzahler
Die EDF hat deshalb gerade ihre ohnehin ständig nach unten geschraubten Prognosen für die Atomstromproduktion erneut weiter heruntergesetzt. Hatte sie zuletzt noch geschätzt, dass es 2022 zwischen 280 und 300 Terawattstunden (Twh) werden sollen, geht sie jetzt nur noch von 275 bis 285 Twh aus.
Damit ist absehbar, dass es nicht beim Rekordverlust von bisher geplanten 32 Milliarden Euro für die EDF bleiben wird. Letztlich wird das, wenn auch über Umwege, beim Steuerzahler hängen bleiben, da der zweitgrößte Stromproduzent weltweit nun wegen der Milliardenlöcher an allen Ecken und Enden wieder vollständig wieder verstaatlicht werden muss.
Über die Geldspritzen aus der Steuerkasse wird das Märchen vom angeblich billigen Atomstrom aufrechterhalten.