Legal, illegal, scheißegal

Seite 2: Polizei wird durch Teil-Legalisierung von Cannabis nicht entlastet

Attraktiv ist das von der Regierung geplante Angebot hauptsächlich für arrivierte Mittvierziger, die keine Lust auf Drogenszene haben, die ein paar Euro Preisunterschied nicht stören und die anstelle des Weinladens vor dem Feierabend die Apotheke für den geprüft-moderaten Rausch ansteuern.

Das Fortbestehen eines informellen Marktes dürfte die Aussicht auf steuerpflichtige Einnahmen zumindest etwas dämpfen.

Die schwerwiegendere Fehleinschätzung scheint jedoch die Einsparung in der Strafverfolgung zu sein – die Einsparungen bei den Strafverfolgungsbehörden werden sich exakt auf null belaufen: Illegaler Handel mit Cannabis entspricht bislang etwa zehn Prozent aller Drogendelikte. Für die Polizei wird die Arbeit mit diesem Gesetzentwurf nicht weniger und nicht leichter.

Sowohl der Anbau wie auch der Straßenhandel und der Handel beim Dealer des Vertrauens stellen weiterhin Straftatbestände dar, weshalb der Strafverfolgungszwang für Beamte fortbesteht.

In der Praxis wird das Gegenteil eintreten, denn Strafverfolgung wird eher komplizierter: Die zu erwartenden Diskussionen, die Betäubungsmittel-Fahndern mit ihren Adressaten zu führen haben, dürften bizarr werden, wenn jedes Mal geklärt werden muss, ob das gefundene Cannabis von lizenzierter Stelle oder illegal erworben wurde.

Muss der Kaufbeleg vorgezeigt werden können, bis der letzte Krümel geraucht wurde? Auch weil sehr regelmäßiger Konsum von Cannabis zumindest im Ruf steht, etwas schusselig zu machen, scheint eine solche Bedingung nicht besonders praktikabel zu sein.

Überdies ist bei der Strafverfolgung gewerbsmäßigen Handels das erworbene und beim Käufer gefundene Betäubungsmittel für die Polizei (fast) der einzige Beweis für die mutmaßlich verübte Straftat. Denn die Erlaubnis zum Besitz gibt es im Gesetz nicht.

Zwar lässt die Justiz in den meisten Bundesländern Strafanzeigen wegen des Besitzes kleiner Rauschgiftmengen fallen, weil es sich um Bagatelldelikte handelt. An der Strafbarkeit des Besitzes rüttelt die geplante Gesetzesänderung nicht.

Ein letzter Kritikpunkt an der geplanten kontrollierten Abgabe ist der Umstand, dass es kaum Stirnrunzeln zu verursachen scheint, wenn sich wenige börsennotierte Großproduzenten in spe die Hände reiben, während schon der Anbau einer einzelnen Pflanze im eigenen Garten weiterhin strafbar bleibt. Immerhin: Wo bislang roher Kapitalismus waltet, wird ein reguliertes Oligopol geschaffen.

Letztlich müsste eine progressive Politik in dieser Frage aufhören, halbe Sachen zu machen und Cannabis einfach legalisieren. Oder es sein lassen.