Leopard-Nachfolger MGCS vor dem Aus: Scheitern noch weitere Rüstungsprojekte?
Neuer Kampfpanzer geplant: Deutschland rückt von Frankreich ab. Panzersystem MGCS auf der Kippe. Steht auch das Ende des gemeinsamen Luftkampfsystems bevor?
Das deutsch-französische Verhältnis ist von zahlreichen Widersprüchen geprägt. Das zeigt sich wohl in keinem Bereich so deutlich wie bei der Rüstung. Beide Seiten starten gemeinsame Projekte und verfolgen dann doch immer wieder eigene Interessen. Auf diesem Boden kann keine schlagkräftige, eigenständige europäische Rüstungsindustrie wachsen.
Eigentlich hatten sich Deutschland und Frankreich im Jahr 2017 zusammengetan, um einen neuen Kampfpanzer zu entwickeln. Mitte des kommenden Jahrzehnts sollte das Main Ground Combat System (MGCS) den Leopard 2 und den französischen Panzer Leclerc ersetzen.
Das Handelsblatt berichtete nun allerdings, dass sich Deutschland einem neuen Panzerprojekt zuwendet, das ohne Frankreich realisiert werden soll. Offiziell will man zwar am MGCS festhalten – aber scheinbar glaubt kaum noch jemand daran, dass die Streitpunkte gelöst werden könnten, welche die Entwicklung des MGCS hemmen. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte laut Bericht nur: "Die Hoffnung stirbt immer zuletzt".
Die deutschen Rüstungsschmieden Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall wenden sich – mit dem Segen der Bundesregierung – einer Kooperation mit Firmen aus Italien, Spanien und Schweden zu. Dieses Bündnis soll jetzt einen neuen Kampfpanzer entwerfen. Entsprechende Verträge seien vor Tagen unterzeichnet worden, heißt es in dem Bericht.
Und jetzt hofft man auf Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe aus dem Topf des European Defence Fund (EDF). Der Fonds stellt für die Jahr 2021 bis 2027 knapp acht Milliarden Euro zur Verfügung. Davon sind 5,3 Milliarden Euro für die Entwicklung neuer Kampfsysteme vorgesehen.
Letztlich hat der Zwist zwischen Deutschland und Frankreich eine gewisse Tradition. In den 1950er-Jahren scheiterte die Entwicklung eines gemeinsamen Panzers und in den 1980-er Jahren wiederholte sich das Scheitern bei einem weiteren Panzerprojekt.
Nun scheitert das MGCS wohl auch daran, dass man in beiden Ländern unterschiedliche Vorstellungen von einem Panzer hat. Die Franzosen bevorzugen ein leichtes Modell, das man leichter transportieren kann. Der Nachteil wäre ein geringerer Schutz für die Besatzung.
Deutschland setzt dagegen auf eine starke Panzerung. Das bietet zwar mehr Schutz, dafür lässt sich der Panzer aber weniger leicht transportieren: Straßen, Schienen und Brücken müssen die höhere Last auch tragen können.
Das MGCS hatte eigentlich mehr werden sollen als nur ein Kampfpanzer. Es sollte das zentrale Gefährt eines ganzen Kampfsystems sein, das mit allerlei weiterem Gerät verbunden ist und dieses steuern kann. Auch Kampfroboter sollten darüber gesteuert werden können.
Mit dem Future Combat Air System (FCAS) wollen Deutschland und Frankreich auch ein gemeinsames System für die Luftwaffe entwickeln. Dabei steht ein Kampfjet der sechsten Generation im Zentrum, der ebenfalls allerlei Drohnen, Drohnenschwärme und andere Gerätschaften steuern kann.
Am FCAS sind die Konzerne Airbus und Dassault maßgeblich beteiligt – und auch bei diesem Projekt gibt es Unstimmigkeiten zwischen Berlin und Paris, die auf ein Scheitern hindeuten könnten. Ende Mai habe Dassault-Chef Éric Trappier bei einer Anhörung im französischen Parlament den Starttermin 2040 in Zweifel gezogen. "Das ist ein sehr optimistisches Datum", sagte er laut Handelsblatt.
Gestritten wird bei FCAS, wie die industriellen Anteile zwischen Deutschland und Frankreich verteilt werden. Auch Industriegeheimnisse spielen dabei eine Rolle. Aber anders als beim MGCS hätte ein Scheitern des FCAS gravierende Auswirkungen auf Deutschland: Während Dassault den modernen Kampfjet Rafale F5 entwickelt und Vorrang einräumt, bliebe Deutschland nur der Kauf von US-Kampfjets als Alternative übrig.
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