Let's go East
Seite 2: Ungarn unter Druck
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Neben Tschechien stellt auch Ungarn aus westlicher Sicht einen "unsicheren Kantonisten" dar. Neben handfesten Wirtschaftsinteressen sind es sehr ähnliche autoritäre Politikvorstellungen, die eine russisch-ungarische Kooperation zwischen dem Rechtspopulisten Orban und dem Kremlchef Putin erleichtern. Russland hat mit Ungarn einen Deal im Umfang von zehn Milliarden Euro über den Bau eines Atomreaktors abgeschlossen, wodurch die westliche Konkurrenz aus Frankreich und den USA das Nachsehen in "ihrem" Hinterhof hatte. Zudem hält Orban weiterhin am russischen Pipelineprojekt South Stream fest, das russisches Erdgas unter Umgehung der Ukraine über das Schwarze Meer bis nach Europa liefern soll. Schon nächstes Jahr sollen die Bauarbeiten hierzu starten, erklärte ein ungarischer Regierungsvertreter.
Zudem hat Budapest die Gaslieferungen an die Ukraine über ungarisches Territorium eingestellt, die es Kiew anfangs ermöglichten, die russische Energieblockade aufzuweichen. Aktuell ist man in Berlin und Washington besorgt, Ungarn könnte seinen Anteil am kroatischen Energiekonzern INA, der sich auf 49 Prozent beläuft, an den russischen Monopolisten Gazprom veräußern. Damit würde Gazprom zu einem wichtigen Anteilseigner an einem Energiekonzern werden, der Branchenführer im EU-Land Kroatien ist.
Auf die zunehmende Kritik, die deutsche und US-amerikanische Politiker und Medien an Orban üben, der inzwischen offen für ein autoritär-postdemokratisches System eintritt (Zwischen Panik, Deeskalationsbemühungen und Bewunderung), reagieren ungarische Politiker zunehmend gereizt. Der ungarische Parlamentssprecher László Kövér warnte am 24. Oktober, sein Land könne die EU auch verlassen, sollte Brüssel sich weiterhin in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen.
Um den Verkauf der ungarischen INA-Anteile an Gazprom zu verhindern, entsandten die USA eigens eine Delegation nach Kroatien, die von dem Verkauf "abgeraten" haben soll. Vertreter des US-Außenministeriums sollen sich hierüber mit dem ungarischen Außenminister Peter Szijjarto ausgetauscht haben. Zudem verhängte Washington unter dem Vorwand von Korruptionsermittlungen erste Einreiseverbote gegen ungarische Regierungsvertreter.
Auch Orban bemüht sich, einen Balanceakt in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen zu vollführen. Einerseits betont der erzreaktionäre Staatschef, dass Ungarn seinen eigenen Weg in den Beziehungen zu Russland gehen werde und einen "Neuen Kalten Krieg" in Europa zu verhindern trachte: "Unser Job besteht darin, unser nationales Interesse zu formulieren."
Doch zugleich gibt er sich kompromissbereit und fügsam gegenüber dem Westen. Orban habe in Reaktion auf die anschwellende westliche Kritik sein Bekenntnis zur territorialen Integrität der Ukraine bekräftigt, meldete die Nachrichtenagentur Reuters 20. November. Zugleich habe der ungarische Staatschef betont, bei der Politik gegenüber Moskau sich künftig "von Berlin leiten" zu lassen, so Reuters wörtlich. Die deutsche Außenpolitik stelle für Ungarn "einen Referenzpunkt, … und manchmal einen Kompass" dar, erklärte Orban.