Letalität bei Covid-19 fünfmal höher als bei saisonaler Grippe

Seite 2: Diskussion der Studienergebnisse

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Diese im BMJ erschienene Arbeit bietet eine vergleichende Bewertung der klinischen Befunde und Ergebnisse in einer nationalen Kohorte von Patienten, die mit Covid-19 oder saisonaler Grippe in ein Krankenhaus eingeliefert und dort behandelt wurden. Die wichtigsten Ergebnisse sind, dass im Vergleich zur saisonalen Grippe Covid-19 mit einem höheren Risiko für akuten Nierenschaden, Durchführung einer Nierenersatztherapie, Insulin-Einsatz, schwerem septischen Schock, Vasopressor-Einsatz, Lungenembolie, tiefe venöse Thrombose, Schlaganfall, akute Myokarditis, Arrhythmien und plötzlicher Herztod, erhöhtes Troponin als Hinweis auf eine Herzmuskelschädigung, erhöhte Leberwerte als Hinweis auf eine Leberschädigung und eine Rhabdomyolyse einherging.

Covid-19 war auch mit einem erhöhten Sterberisiko, einem erhöhten Bedarf an mechanischer Beatmung und Aufnahme auf die Intensivstation und einer längeren Dauer des Krankenhausaufenthalts verbunden (Fig. 1). Die Übersterblichkeitsrate bei Covid-19 (über der bei saisonaler Grippe) war bei Erwachsenen über 75 Jahren mit chronischer Nierenerkrankung und Demenz sowie bei afro-amerikanischen Patienten mit Adipositas, Diabetes mellitus und chronischen Nierenerkrankungen am höchsten. Die Ergebnisse hielten einer robusten Analyse in mehreren Sensitivitätsanalysen stand.

Diese Ergebnisse weisen auf die Tatsache hin, dass das Virus zwar bevorzugt Zellen in den Atemwegen infiziert, aber auch in mehreren anderen Organen nachgewiesen werden kann, was auf einen breiten extrapulmonalen Organotropismus hindeutet. Das Coronavirus scheint eine nierentropische Wirkung zu haben. Erste Beobachtungen legten hohe Raten akuter Nierenschädigungen und der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie bei Patienten mit Covid-19 nahe. Die Studie konnte zeigen, dass das Risiko einer akuten Nierenschädigung und einer dadurch bedingten Nierenersatztherapie bei Covid-19 höher war als bei der saisonalen Grippe.

In der Kohorte der Patienten mit Covid-19 benötigten 15 Prozent eine mechanische Beatmung, die in Übereinstimmung steht mit der Spanne von 12 bis 24 Prozent, die in anderen US-Studien bei Covid-19 gefunden wurden.

Jüngste Forschungsberichte legen eine bidirektionale Beziehung zwischen Covid-19 und Diabetes mellitus nahe. Einerseits ist Diabetes ein prädisponierender Faktor für Covid-19 und andererseits kann Covid-19 zu einer Störung der Insulin- und Glukosehomöostase führen und einen neuen Diabetes auslösen.

Das Ergebnis eines höheren Risikos für die Anwendung von Insulin bei Patienten, die keine Diabetesbehandlung vor der Einweisung mit Covid-19 ins Krankenhaus erhalten hatten, deutet darauf hin, dass dem Glukose-Stoffwechsel bei Patienten mit Covid-19 größere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss und dass eine langfristige Nachbeobachtung erforderlich ist, um zu einem besseren Verständnis der Langzeitwirkungen dieser akuten Störungen der Glukosestoffwechsels zu kommen.

Die Risiken eines schweren septischen Schocks und der Verwendung von Medikamenten wie Vasopressoren waren auch in der Covid-19-Gruppe höher, in Übereinstimmung mit Berichten über das häufige Vorkommen von septischem Schock bei Patienten mit Covid-19.

Berichtet wird auch über ein erhöhtes Risiko für Lungenembolie, tiefe venöse Thrombose und Schlaganfall im Vergleich zu saisonaler Grippe. Über den zugrunde liegenden biologischen Mechanismus eines prothrombotischen hyperkoagulatorischen Zustands bei Covid-19 hat die Forschung in den letzten Monaten weitere Befunde gesammelt.

Die Ergebnisse eines erhöhten Risikos für akute Myokarditis, Arrhythmien, plötzlichen Herztod und erhöhtes Troponin deuten darauf hin, dass Covid-19 zu schweren Herzkomplikationen führen kann.

Das Risiko für erhöhte Transaminasen und Rhabdomyolyse war ebenfalls bei Patienten mit Covid-19 vermehrt. Die zugrunde liegende Pathophysiologie dieser Veränderungen in der Leber und der Skelettmuskulatur ist noch nicht vollständig geklärt.

Viele der in diesem Bericht beschriebenen akuten klinischen Erscheinungen bei Patienten mit Covid-19 sind Krankheitszustände, die ein chronisches Management benötigen (z. B. neuer Diabetes, Schlaganfall). Hinzu kommen neue Hinweise darauf, dass einige akute Symptome von Covid-19 weit über die akute Krankheit hinaus andauern und dass die Genesung bei vielen Covid-19-Patienten langwierig und unvollständig sein kann8.

Zusammengenommen deuten diese Beobachtungen darauf hin, dass über die Akutbehandlung hinaus einerseits ein besseres Verständnis der langfristigen gesundheitlichen Störungen bei Patienten mit "Long Covid" und andererseits Behandlungsstrategien zur Optimierung des Wohlbefindens und zur Verringerung der Belastung durch chronische und dauerhafte Gesundheitsschäden erforderlich sind, um die allgemeinen gesundheitlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Belastungen durch diese Pandemie zu verringern.