Linkspartei legt Bundestag neuen Gesetzentwurf für Volksabstimmungen vor [Update]

Verein Mehr Demokratie kritisiert Einführung von Sachfragen bei Wahlen als Werbetrick

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Gesetzentwürfe zur Einführung von Volksabstimmungen auf Bundesebene werden im Bundestag seit geraumer Zeit mit einer gewissen Regelmäßigkeit eingebracht: Mal von den Grünen, mal von der SPD, mal von der FDP und mal von der Linkspartei. Insgesamt waren es 12, der letzte davon stammt aus dem Jahr 2013. Bisher geschah das allerdings ausschließlich dann, wenn klar war, dass die dafür nötigen Mehrheiten nicht erreicht werden. Die Gelegenheit, in den Koalitionsverhandlungen im letzten Herbst eine Mehrheit für eine Grundgesetzklarstellung zu sichern, nahmen weder SPD noch CSU wahr, obwohl sie im Wahlkampf davor bundesweite Volksabstimmungen versprochen hatten.

Am Freitag wird nun erneut ein Gesetzentwurf für mehr direkte Demokratie eingebracht. Weil er aus den Reihen der Linkspartei kommt, ist bereits jetzt klar, dass die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD dagegen stimmen. Bei den oppositionellen Grünen heißt es, man sei vor der ersten Lesung des Entwurfs noch im Prozess der Meinungsbildung.

Linksfraktion im Plenarsaal. Foto: Die Linke.

Der Entwurf sieht eine dreistufige Volksgesetzgebung aus Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid vor. Voraussetzung für eine Volksinitiative soll sein, dass hunderttausend Wahlberechtigte unterschreiben und dass es darin nicht um das Haushaltsgesetz oder um die Änderung des "Wesensgehalts" von Grundrechten geht. Damit aus einer vom Bundestag behandelten und abgelehnten Volksinitiative ein Volksbegehren wird, sind dem Entwurf nach innerhalb von neun Monaten eine Million Unterschriften nötig. Geht es um eine Änderung des Grundgesetzes, liegt diese Hürde doppelt so hoch. Sollen Hoheitsrechte an die Europäische Union übertragen werden, wäre die Bundesregierung künftig verpflichtet, vorher die Zustimmung des Volkes über ein Referendum einzuholen.

Der Verein Mehr Demokratie, der sich für direktdemokratische Instrumente einsetzt, begrüßt den Entwurf im Grundsatz als vorbildlich, weil er auf Quoren verzichtet und nur "moderate" Hürden anlegt, bemängelt aber, dass ein Referendum lediglich vor der Übertragung von Hoheitsrechten an die EU und nicht vor Grundgesetzänderungen obligatorisch sein soll. Außerdem fehlt nach Meinung des Vereins ein sogenanntes "fakultatives Referendum", das es in der Schweiz gibt. Damit haben die Bürger die Möglichkeit, neue Gesetze zu "kassieren", wenn der Bundestag mehrheitlich gegen die Volksmeinung stimmt.

Darüber hinaus wird bemängelt, dass jeder Bundestagsfraktion das Recht eingeräumt werden soll, einen eigenen Abstimmungsvorschlag auf dem Stimmzettel unterzubringen. Das könnte nach Ansicht des Vereins dazu führen, dass die Bürger mit fünf bis acht Vorlagen konfrontiert werden, die sich nur in Details unterscheiden. Noch kritischer sieht der Mehr-Demokratie-Sprecher Ralf-Uwe Beck den Linken-Vorstoß, den Bundestagsfraktionen die Möglichkeit zu geben, auf den Stimmzetteln für Bundestagswahlen dem Volk eine Sachfrage ihrer Wahl zur Abstimmung vorzulegen. Das, so Beck, "lässt sich leicht für den Wahlkampf missbrauchen".

Über die Einführung dieser direktdemokratischen Instrumente hinaus sieht der Entwurf vor, dass das Wahlalter von 18 auf 16 Jahre herabgesetzt und nicht nur deutschen Staatsbürgern, sondern allen Personen gewährt wird, die sich seit mehr als fünf Jahren legal im Bundesgebiet aufhalten. Auch Straftäter, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt wurden, sollen dem Willen der Linksfraktion nach wieder wählen dürfen.

Update: Mittlerweile haben sich die Grünen darauf geeinigt, den Entwurf abzulehnen, weil er nach Ansicht der Ökopartei "zu wenig Schutz für Menschenrechte wie auch für die Rechte von Minderheiten vor populistischen Initiativen" bietet. Außerdem sollten "europäische Angelegenheiten europäisch und nicht [...] national entschieden" werden.

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