Lösen Erdnüsse das Rätsel der Sprache?

Nicht ganz - aber sie weisen in eine interessante Richtung

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Bei der Suche nach dem Ursprung der menschlichen Sprache, ist die Aufklärung der anatomischen Voraussetzungen des Sprachvermögens ein wichtiger Teilaspekt. Dabei geht es etwa um die Entwicklung der Schädelformen, die überhaupt erst eine differenzierte Artikulation zulassen, aber auch um die Herausbildung der notwendigen Strukturen im Gehirn. Einen neuen Mosaikstein zu diesem Puzzle haben jetzt Forscher der Universität Parma hinzugefügt.

In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science berichtet das Forschungsteam um Giacomo Rizzolatti von Experimenten mit Schweinsaffen (Macaca nemestrina), bei denen Mechanismen in deren Gehirn entdeckt wurden, die als Vorläufer der Entwicklung des Sprachvermögens gedeutet werden können.

Die Wissenschaftler beobachteten die Gehirnaktivität der Affen bei verschiedenen Aktivitäten und konzentrierten sich dabei auf sogenannte Spiegelneuronen in der Region F5. Dieser Bereich im Affengehirn entspricht der sogenannten Broca-Gehirn im menschlichen Gehirn, die als das Sprachzentrum gilt. Spiegelneuronen wiederum feuern sowohl bei Ausübung einer bestimmten Handlung als auch bei deren Beobachtung.

Das besondere Interesse der Wissenschaftler galt der Frage, ob die Neuronen auch durch die bloße Wahrnehmung spezifischer Geräusche aktiviert werden. Während die Affen etwa Erdnüsse knackten, beim Nussknacken zusahen oder nur das spezifische Knirschen hörten, wurden die Aktionspotenziale von insgesamt 497 Neuronen aufgezeichnet. Dabei zeigte sich, dass 63 Neuronen sowohl bei der Handlung selbst als auch bei der rein akustischen Wahrnehmung feuerten, am deutlichsten bei Aktionen, die von den Affen häufig ausgeführt werden, wie dem Zerbrechen oder Zerreißen von Gegenständen. Unspezifische Geräusche wie Rauschen, Klicken oder Affenstimmen riefen bei diesen Neuronen dagegen keine Aktivität hervor.

Spiegelneuronen ist schon früher eine zentrale Bedeutung für gestische Kommunikation beigemessen worden: Da sie sowohl die Wahrnehmung als auch die eigene Motorik steuern, können sie die Beobachtung einer Handlung mit der eigenen Erfahrung verknüpfen. Die Entdeckung audiovisueller Spiegelneuronen halten die Forscher nun für besonders bedeutsam, da sie diese Verbindung über akustische Reize herstellen und sich damit noch näher an der menschlichen Sprache befinden.

Frühere Forschungen hatten bereits eine Asymmetrie in den Gehirnen von Schimpansen, Bonobos und Gorillas nachgewiesen, ähnlich der im menschlichen Gehirn, wo die Sprache vornehmlich von der linken Gehirnhälfte (bei Rechtshändern) gesteuert wird. Dies wurde als Indiz dafür gedeutet, dass die Entwicklung des Sprachvermögens das Ergebnis eines langen evolutionären Prozesses ist, der bereits vor mindestens fünf Millionen Jahren in den Gehirnen nichtmenschlicher Primaten eingesetzt hat. Die neuen Erkenntnisse des italienischen Forschungsteams erhärten diese These weiter.