Maschinen des Spektakels

Eurofighter, Flugstaffeln und ein Phoenix als Attrappe: die ILA 2002 in Berlin

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Vom 6. bis 12. Mai fand die diesjährige Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld statt. Über tausend Aussteller aus vierzig Ländern zeigten ihre Exponate der Luft- und Raumfahrttechnologie. Mit insgesamt 220000 Fach- und Normalbesuchern gab es ein noch größeres Interesse als vor zwei Jahren (Zwischen Show und Waffenshopping). Militärflugzeuge bestritten wie gewohnt den Hauptteil des Flugprogramms. In der "Space Walk"-Halle präsentierte die europäische Raumfahrtindustrie publikumswirksam einige ihrer Projekte.

Der Jet hebt ab, steigt unter ohrenbetäubendem Lärm in einer Steilkurve aufwärts und vollführt kunstvolle Flugfiguren am Himmel. Das derzeit leistungsfähigste Kampfflugzeug der Welt demonstrierte vor den Augen des interessierten Publikums seine Überlegenheit: der Eurofighter Typhoon. Ein schon weltraumerprobter italienischer Pilot steuerte den ersten von sieben Prototypen. Hergestellt wird die Maschine von einem europäischen Konsortium mit britischem, italienischem, spanischem und deutschem Anteil.

Die Serienproduktion steht vor der Tür - als Milliardengrab für Steuergelder in den Schlagzeilen längst abgelöst durch den Airbus Transporter A400M. Im nächsten Jahr werden die ersten Eurofighter auf einem Stützpunkt bei Rostock stationiert. In die Maschine ist ein Hochleistungsradar eingebaut, mit dem sich mehrere Ziele gleichzeitig erfassen und angreifen lassen, auch außerhalb der Sichtweite des Flugzeuglenkers. Ein "carefree handling system" sorgt dafür, dass die Belastung für das Material nicht zu groß wird, keine Grenzwerte überschritten werden, unabhängig von der Steuereingaben des Piloten.

Prototyp des Eurofighters Typhoon. Foto:Nirto Karsten Fischer/Articulated Light

Bei aller Faszination für die Leistungs- und Belastungsfähigkeit von Maschine (und Mensch) sollte nicht vergessen werden, dass es sich um hochgezüchtete Waffensysteme handelt. Wie es in der Sprache des Flugshow-Moderators unverfänglich hieß, die gezeigten Kampfflugzeuge verfügten über die nötigen "sensorischen und pyrotechnischen Mittel", um Bedrohungen abzuwehren. Tornados brausten über die Köpfe der Zuschauer hinweg, nicht ohne den Kommentar, dass diese die bevorzugten Flugzeugtypen für den Bosnienkrieg gewesen wären.

Flugstaffel "Patrouille Swiss". Foto:Nirto Karsten Fischer/Articulated Light

Europäische Raumfahrtprojekte

Betrat man die Halle der europäischen Raumfahrtprojekte, fiel der Blick auf ein überdimensionales Globus-Gestell, versehen mit Stangen, die wohl stilisierte Umlaufbahnen darstellten. An diesen waren Flachbildschirme befestigt, die verschiedene Ansichten der Erde zeigen. Unter diesem Gebilde stand das an einer Seite offene Modell des unbemannten Raumgleiters Phoenix, ein zu Studienzwecken in Bremen gebauter "Erprobungsträger". Er wurde zum ersten Mal in der Öffentlichkeit präsentiert. Der Einsatz des in seiner Endfertigung sieben Meter langen und 1200 Kg schweren Geräts in der Atmosphäre dient dazu, physikalische Einflüsse aufzuspüren, die weder in Windkanalversuchen noch in Computersimulationen nachweisbar sind.

Phoenix-Modell in der "Space Walk"-Halle. Foto:Nirto Karsten Fischer/Articulated Light

Die European Space Agency verfolgt einige Ziele in den nächsten Jahren, teils in internationaler Zusammenarbeit, teils autonom, die sie in der "Space Walk"-Halle mit Schaubildern, Modellen, Kulissenbau, Computeranimationen und 3D-Fernsehen vorstellte. "Galileo" ist ein satellitengestütztes Navigationssystem, das als ziviles Konkurrenzprojekt zum amerikanischen GPS und zum russischen Glonass gedacht ist. Es ermöglicht die genaue Positionsbestimmung von Flugzeugen, Schiffen und anderen Objekten auf der Erdoberfläche. Dreißig Satelliten werden hierfür in eine Erdumlaufbahn gebracht. 2008 wird das System einsatzbereit sein. Daneben soll mit SARLupe, einem bundesdeutschen Projekt von fünf Kleinsatelliten, ein militärisches Aufklärungssystem im Weltraum installiert werden.

Zu sehen war in einer etwas dürftig inszenierten Situation das Landegerät "Beagle 2", das von der ESA im Zuge des internationalen Vorhabens "Mars Express" im Juni 2003 zum roten Planeten geschickt wird. Eine begleitende Computeranimation illustrierte, wie es landet und seine Solarzellen-Flächen entfaltet. Ein weiteres Ausstellungsstück war die Sonde "Rosetta", die im gleichen Jahr starten und im Jahre 2011 schließlich den Kometen Wirtanen umrunden und mit einem speziellen Landegerät dessen Kern untersuchen wird.

Impression am Abend. Foto:Nirto Karsten Fischer/Articulated Light

Auch wenn es in den Animationen so auszusehen schien - ein Spaziergang ist die Raumfahrt nicht. Irgendwie müssen die kommenden (Miss)Erfolge kommuniziert werden, wie es im Marketing-Neusprech heißt. Die Rede ist von einem günstigen Einfluss der geschilderten Planungen auf die europäische Industrie; allein das "Galileo"-Projekt werde 140.000 Arbeitsplätze in den vor uns liegenden Jahren sichern. Doch solche Prognosen werden in der Öffentlichkeit auf Skepsis stoßen.

"Raumfahrt ohne 3D geht nicht", ist die Losung der Beteiligten, um die Erlebniswelt des Orbits zu den Erdbewohnern zu transportieren. Auf der I(nternational) S(pace) S(tation), die seit Herbst 2000 ständig drei AstronautInnen beherbergt, soll eine spezielle Video-Kamera mit zwei Objektiven eingesetzt werden, die mehrere Signale aufnimmt und das Bordgeschehen zu events wie Veranstaltungen und Messen live übertragen werden kann. Diese Kamera könne aber auch im "Telescience-Mode" von der Erde aus bei einigen Experimenten sinnvoll sein, für die eine visuelle Beobachtung vonnöten ist. Mit einem schon sich in Erprobung befindenden 3D-Fernseher nebst Shutter-Brille kann sich aber auch der normale Fernsehbenutzer in Zukunft eine plastischen Eindruck von der ISS verschaffen.