Masterplan Energiewende

Seite 4: Der Staat muss dafür sorgen, dass Fördermittel ihren Zweck erfüllen

Die Kosten für den Zubau der benötigten Ökostromkapazität inklusive Akkuspeicher belaufen sich bis 2030 auf 40 bis 50 Milliarden. Euro jährlich. Dazu kommen noch die Kosten für die Umstellung des Pkw-Parks auf E-Fahrzeuge und für den Ausbau des Übertragungsnetzes. Die Umstellung der Heizsysteme ist ebenfalls nicht enthalten, sie kommt später. Und die E-Fahrzeuge sind sowieso Ersatzinvestitionen für alte, größtenteils private Pkw. Die werden von ihren Besitzern getätigt. Dort kann es nur eine kleine E-Förderung bzw. einen kleinen E-Bonus geben.

40 bis 50 Milliarden jährlich sind eine Menge Geld, aber es nützt nichts, die Summe schönzurechnen. Wenn wir unsere Energieversorgung zukunftsfähig machen wollen, müssen wir das investieren. Und langfristig zahlt es sich auch aus (z.B. durch eingesparte Kosten für Energieträgerimporte, derzeit etwa 60 Mrd. Euro jährlich). Außerdem ist es ein riesiges Konjunkturprogramm.

Wir müssen aber sehen, wie wir es finanzieren und wer welche Kosten trägt bzw. Förderung erhält. Klar ist, dass es ohne große staatliche Förderung nicht geht. Aber wenn der Staat schon fördert, muss er auch dafür sorgen, dass die Fördermittel ihren Zweck erfüllen und dass einerseits damit eine zukunftsfähige regenerative Energieversorgung aufgebaut wird und dass die Bevölkerung durch den Umbau andererseits nicht übermäßig belastet wird und die Energiekosten für die Bevölkerung nicht steigen.

Außerdem darf die Energiewende nicht zu einer Energiemangelverwaltung degenerieren. Deshalb sind Maßnahmen wie eine hohe CO2-Steuer oder eine zwangsweise Dimmung bzw. Abschaltung des Stroms absolut kontraproduktiv, ebenso Pkw-Verbote.

Eine CO2-Steuer kann nur dann eine Lenkungswirkung entfalten, wenn Alternativen zur Verfügung stehen. Solange wir aber nicht genug Ökostrom erzeugen, gibt es keine - und die CO2-Steuer wird zur bloßen Abzocke. Allenfalls kann man sie für die Kraftwerke einführen, die sowieso abgeschaltet werden sollen. Aber auch da muss man aufpassen, dass sie nicht an die Verbraucher durchgereicht wird.

Sinnvolle Lenkungsinstrumente unterhalb der Verbotskeule

Praktisch könnte man beispielsweise eine CO2-Steuer erheben, die erst ab 100 t/a erhoben wird, um die Heizsysteme zu entlasten, die sowieso noch nicht umgebaut werden können. Auch beim Treibstoff ist eine CO2-Steuer gefährlich, da viele Bürger leider auf ihr Auto angewiesen sind. Da müssen wir erst einen ausreichenden ÖPNV aufbauen und genug E-Fahrzeuge anbieten, bevor wir das Benzin unbezahlbar machen.

Und noch etwas: Wer einen großen SUV fahren will - bitte. Allerdings als E-Fahrzeug, mit hohen Kfz-Steuern und ohne Förderung sowohl für die Anschaffung derartiger Fahrzeuge als auch für die für sie notwendige Schnellladeinfrastruktur.

Um zu lenken, sollten wir nicht immer gleich zur großen Verbotskeule greifen. Es gibt vielleicht auch andere Mittel. Niemand lässt sich gerne etwas vorschreiben oder verbieten. Das bringt oft nur die Trotzreaktion und Ärger.

Der Aktionsplan Klimagerechtigkeit der Linken beruht bei seiner Umsetzung auf 4 Säulen, die alle als Stellschrauben genutzt werden können, um einerseits eine zukunftsfähige Energieinfrastruktur aufzubauen und andererseits gesellschaftliche Fehlentwicklungen zu korrigieren.

Das Hauptproblem im Energiesektor ist, dass er von einigen großen Energiekonzernen kontrolliert wird, die den Markt unter sich aufgeteilt haben und im Besitz von großen internationalen Fondsgesellschaften und Banken sind. Diese Konzerne haben nicht nur eine riesige Marktmacht, sondern verfügen auch über eine extrem starke Lobby, um politische Entscheidungen in ihrem Interesse durchzusetzen. Da hilft es auch nichts, wenn der Energielieferant und direkte Geschäftspartner des einzelnen Bürgers ein kleiner Stromlieferant oder die örtlichen Stadtwerke sind, denn diese müssen sich an die Gesetze des Strommarktes halten, die von den Großen manipulativ vorgegeben werden.

Da wir aber die regenerative Energie sowieso dezentral erzeugen muss, bietet sich hier die Chance, die marktbeherrschende Stellung der Energiekonzerne aufzubrechen, indem durch eine geschickte Förderpolitik dafür gesorgt wird, dass die neuen Energieerzeugungsanlagen und Speicher breit gestreut der Bevölkerung gehören.

Am einfachsten geht das bei der Photovoltaik und Eigenheimen. Auf jedes geeignete Dach muss eine PV-Anlage gebaut werden. Bei Eigenheimen wird die Höchstleistung meist zwischen sieben und zehn kWpeak liegen, je nach Dachgröße. Mit einem Hybridwechselrichter und Pufferspeicher ca. 6-7 kWh sollte die Installation dieser Anlage momentan 10.000 bis 13.000 Euro kosten. Dazu kommen noch rund 150 Euro an Kosten für Elektronikversicherung und Zähler.

Kosten und Einsparpotenziale von PV-Anlagen

Eine PV-Anlage produziert mindestens 1.000 kWh/a pro kWpeak installierte Leistung. Wenn man für diese Anlagen zinsfreie Kredite mit einer Laufzeit von zehn Jahren über die KfW-Bank zur Verfügung stellt, fallen jährlich Zahlungen für Tilgung und Unterhalt von 1.150 bis 1.450 Euro an. In einem Singlehaushalt werden in einem Einfamilienhaus durchschnittlich ca. 2.300 kWh Strom jährlich verbraucht, im Mehrfamilienhaus etwa 2.000 kWh. Bei einem Strompreis von 30 ct/kWh sind das jährliche Stromkosten von 690 bzw. 600 Euro. 70 bis 80 Prozent des Strombedarfs können durch die PV-Anlage mit Pufferspeicher aus Eigenerzeugung abgedeckt werden.

Daraus ergibt sich eine Einsparung durch Eigenerzeugung von 480 bis 550 Euro jährlich. Außerdem werden 5.000 bis 8.000 kWh Strom mehr erzeugt, als selbst verbraucht werden. Wenn für diesen Strom ein Erlös von zwölf ct/kWh erzielt wird, wird der Bürger durch die Rückzahlung des zinslosen Installationskredits nicht zusätzlich belastet. Aber wenn nach zehn Jahren die Anlage abbezahlt ist, bringt sie ihm ordentlich Geld ein, selbst wenn dann mal Reparaturen (Akkus, Wechselrichter) fällig werden.

Und je größer die Familie ist, desto mehr rechnet sich eine solche Anlage, weil der Eigenverbrauch und damit die Stromkostenersparnis größer wird. Das Gleiche gilt natürlich, wenn das eigene E-Auto mit dem Solarstrom betankt wird oder wenn das Eigenheim ganz oder teilweise mit Strom (Wärmepumpe) geheizt wird.

Dabei muss man sich allerdings darüber im Klaren sein, dass der Hauptstromverbrauch für die Heizung im Winter liegt und dass die PV-Anlage von November bis Februar nur sehr wenig Strom liefert. Aber geheizt wird ja auch noch in Frühling und Herbst, wo überschüssiger PV-Strom anfällt.

Die Förderung durch zinslose Kredite hat mehrere Vorteile: Sie belastet den Staatshaushalt nicht durch neue Schulden, sie schafft breit gestreut Eigentum in der Bevölkerung ohne zusätzliche finanzielle Belastungen und sie ermöglicht zielgenau den Aufbau einer dezentralen Energieerzeugungs - und Speicherinfrastruktur, ohne dass dabei große Investoren zum Zuge kommen, deren Renditeerwartungen dann hinterher bezahlt werden müssen.

Die Rendite bei diesem Modell besteht in der Schaffung einer zukunftsfähigen und sicheren Energieversorgung und langfristig stabilen Strompreisen sowie einer dadurch möglichen Reduzierung von Energieträgerimporten (Energieautarkie). Damit ist die Bundesrepublik dann außenpolitisch weniger erpressbar.

Außerdem wird durch einen derartigen Umbau der Netze der Anteil der EVUs und Übertragungsnetzbetreiber am Gesamtstrommarkt geringer, was mithilft, ihre aus den vorhandenen Monopolstrukturen resultierende Macht zu brechen.

Natürlich ist diese Förderung durch zinslose Kredite nur bei Wohneigentum sinnvoll. Eine Förderung von Konzernen wie "Deutsche Wohnen" ist abzulehnen. Hier könnten die örtlichen Stromversorger (Stadtwerke) gesetzlich verpflichtet werden, die entsprechende Speicherkapazität pro Wohneinheit zu installieren, der Besitzer hat das zu ermöglichen (Raum für Akkus + Leitungen und Zugang). Die entsprechenden zinslosen Kredite bekommt dann das Stadtwerk, allerdings mit der Verpflichtung zu einer entsprechenden Strompreisgestaltung.

Auch für Dach-PV-Anlagen sollten große Wohnungskonzerne nur Förderung erhalten, wenn sie im Gegenzug den Mietpreisdeckel einhalten. Eventuell sollte man auch nicht die Stadtwerke als Empfänger der Förderung vorsehen, weil diese oft teilweise im Besitz der Energiekonzerne oder großer Finanzinvestoren sind. Hier wäre die Neugründung entsprechender kommunaler Betriebe sinnvoll.

Auch bei den Übertragungsnetzen muss umgesteuert werden. Wir brauchen die Nord-Süd HGÜ-Stromtrassen dringend, um den im Norden erzeugten Windstrom in den bevölkerungsreichen Süden zu transportieren. Das wird in Zukunft, wenn wir mit Strom heizen wollen, noch viel wichtiger, denn im Winter bringt die Photovoltaik auch in Bayern und BW nicht viel, während die Windanlagen im Norden, speziell auch die Offshoreanlagen, dann ihre größte Leistung erreichen.

Derzeit ist geplant, dass die vier großen Übertragungsnetzbetreiber den notwendigen Bau der Stromautobahnen übernehmen und dafür Traumrenditen staatlich garantiert bekommen. Das ist Irrsinn.

Wir sollten stattdessen die Leitungen durch staatliche oder von den örtlichen Versorgern als Gemeinschaftsunternehmen gebildete Trassenbetreiber bauen. Dadurch würden die derzeitigen Übertragungsnetzmonopole aufgeweicht und die Macht der Netzbetreiber eingeschränkt. Außerdem kommt es für die Endkunden im Endeffekt billiger, wenn nur zinslose Kredite zurückgezahlt werden müssen, mit denen die Trassen finanziert wurden, als wenn auch noch die Renditen erwirtschaftet werden müssen. Natürlich werden sich die Energiekonzerne mit allen Mitteln gegen eine solche Beseitigung ihrer Monopole wehren, zumal sie ja an einer gewinnbringenden Investition ihrer Mittel interessiert sind.

Aber das ist nicht unser Problem. Wir sind nicht verpflichtet, gewinnbringende Anlagemöglichkeiten für überschüssiges Kapital großer Konzerne und internationaler Fonds zu zur Verfügung zu stellen.

Gegenwärtig versuchen Betreiber der Strom- und Gasnetze über ihre Lobbyisten bei im Beirat der Bundesnetzagentur neue Konditionen auszuhandeln. Sie fürchten um ihre Profite, da ihnen als Folge der Energiewende eine deutlich niedrigere Verzinsung ihres Eigenkapitals droht.2

Wenn Energiekonzerne sich auf bestehende Verträge berufen, sollte man die entweder über die Kartellgesetzgebung knacken oder aufgrund nicht eingehaltener Termine (die Vorhaben zum Netzausbau sind ja alle im Verzug).

Natürlich werden alle Lobbyisten bei den Plänen zur zinslosen Finanzierung aufheulen, dass dann die ganz große Inflation droht. Das braucht niemand stören. Darauf muss man antworten, dass die Geldpolitik Sache der EZB ist und nicht im Bundestag entschieden wird.

Und solange die Federal Reserve und die chinesische Zentralbank die Märkte mit billigen Krediten fluten, hat die EZB gar keine andere Möglichkeit, als mitzugehen. Wir leben schließlich in einer globalisierten Welt.Wir können die Finanzpolitik der EZB nur als gegeben hinnehmen und das Beste daraus machen, indem wir dafür sorgen, dass das Geld bei der Bevölkerung ankommt und nicht irgendwo versandet oder verzockt wird.

Wenn wir damit die Besitzverhältnisse ein bisschen in die richtige Richtung verschieben und zusätzliches Eigentum in der Bevölkerung und bei den Kommunen schaffen können, ist schon sehr viel erreicht.