Medien- und Drogenkonsum in der Coronapandemie

Seite 3: Kommentar

Wie so oft dürften sich auch hier die Geister daran scheiden, ob die in der Studie berichteten Zahlen hoch sind oder nicht. Allgemein nehmen in vielen westlichen Ländern der Alkoholkonsum und auch das Rauchen ab, wohl aufgrund des größeren Gesundheitsbewusstseins.

Hier in den Niederlanden wurde zudem erst zum 1. Juli 2021 das Alkoholgesetz verschärft. Seitdem darf es beispielsweise in Supermärkten nur noch bis zu 25 Prozent Rabatt auf alkoholische Getränke geben. Das war allerdings erst nach dem Zeitraum, in dem die Daten der Studie erhoben wurden (Frühjahr 2021).

Die Studienautoren gehen jedenfalls davon aus, dass der Substanzkonsum unter Studierenden schon vor der Coronapandemie hoch war und in bestimmten Fällen dann noch einmal zugenommen hat (Cannabis). Auch das Computerspielen ist demnach verbreiteter geworden.

Es ist aber auch kein Geheimnis, dass sich jüngere Menschen eher noch ausprobieren und neugieriger sind. Fachhochschulen und Universitäten haben es an sich, dass hier sehr viele junge Menschen zusammenkommen. Nicht wenige verlassen in dieser Zeit auch das Elternhaus und müssen sich in den neuen Strukturen erst noch zurechtfinden.

In den Niederlanden kommt noch eine sehr lebendige Kultur der Studentenverbindungen dazu, die an vielen Orten fest zur Tradition gehören und eigene Rituale haben. Dass deren Einweihungsriten und Partys öfter mal aus dem Ruder laufen und dabei auch Alkohol eine Rolle spielt, liefert alljährlich Schlagzeilen.

Bei den meisten Menschen dürfte sich das Verhalten aber auch von selbst wieder normalisieren. Das Studentenleben ist zudem nicht nur Party, sondern erfordert oft auch eine feste Struktur, ähnlich dem Arbeitsleben.

Wichtig scheint mir, denjenigen mit ernsthaften Schwierigkeiten – seien sie psychischer, sozialer oder finanzieller Natur – Hilfsangebote zu machen. Dass man die Probleme mit Repression oft auch noch vergrößert, ist inzwischen hinlänglich bekannt (Warum repressive Drogenpolitik nicht funktioniert).

Die Kinder und Jugendlichen, die laut der DAK-Studie mehr Zeit mit Computerspielen oder auf Sozialen Medien verbrachten, dürften das selbst kaum als Problem betrachten. Ein Problem wird es aus schulischer oder familiärer Perspektive, wenn andere Aktivitäten darunter leiden.

Auch hier würde in Einzelfällen eine psychologische Betreuung sicher helfen. Meistens dürfte man feststellen, dass das problematische Verhalten aber Ausdruck eines grundlegenderen Problems in der Kind-Familie-Schule-Konstellation ist.

Stempel wie "Computerspielsucht", "Internetsucht" oder gar "Instagramsucht", die alle schon in der Forschungsliteratur sowie den Medien auftauchen und im ersteren Fall bereits von der Weltgesundheitsorganisation offiziell eingeführt wurden, bergen immer auch Risiken. Risiken nämlich, die Hintergründe zu übersehen. Dass sich solche Probleme dann schlicht mit Pillen lösen lassen, an denen bereits geforscht wird, scheint mir eher unwahrscheinlich.

Die hier genannten Untersuchungen betrachteten das Verhalten von Kindern, Jugendlichen und Studierenden in der Coronapandemie. Diese Menschen sind in der Regel noch in festen Strukturen eingebunden oder gehören zum gebildeteren Teil der Gesellschaft.

Eine ernsthaftere Drogenproblematik dürfte es bei denjenigen geben, die am Rande der Gesellschaft stehen. Dass beispielsweise in bestimmten Kreisen immer mehr Schmerzmittel mit Opioiden konsumiert werden, ist hinlänglich bekannt. In den USA herrscht hier seit Jahren regelrecht eine Epidemie.

Die sozialen Probleme, die hinter solchem Konsum stehen, lassen sich nicht so einfach lösen. Diejenigen, die die wirklich harten und gefährlichen Drogen konsumierten, dürfte die Coronapandemie vor ganz andere Herausforderungen gestellt haben. Darüber verraten die hier vorgestellten Studien aber nichts.

Hinweis: Dieser Artikel erscheint ebenfalls im Blog "Menschen-Bilder" des Autors.