Mehr aggressive Geopolitik wagen: Hardliner drängen auf EU-Militarisierung

Übung der Nordic Battle Group, eine der EU-Kampfgruppen, 21. September 2010. Bild: Nordic Battle Group / CC BY 2.0 Deed

Ukraine-Krieg hat Wechsel von zivil auf militärisch verschärft. Das geopolitische Europa will global mitreden. Über Aufrüstung, Eingreiftruppen und Strategiepläne.

Nach der Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 hat die Nato eine Aufwertung in Europa erfahren. Gefordert wird von verschiedenen Seiten, die Militärallianz zu stärken und auszubauen. Schweden und Finnland, vormals neutral, sind der Nato beigetreten.

Neuerfindung der EU als geopolitische Großmacht

Gleichzeitig ist die Europäische Union dabei, sich als eine Großmacht neu zu erfinden, die geopolitisch und bei Kriegen stärker mitreden möchte, worauf Colin Gannon in Jacobin hinweist.

Das sieht man allein an den Ausgaben für das Militär in den EU-Mitgliedsstaaten. Im letzten Jahr waren es insgesamt 270 Milliarden Euro, so viel wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr, während die EU viele Milliarden an Militärhilfe an die Ukraine bereitstellte.

Die EU hat auch vor Kurzem die erste "Defense Industrial Strategy" ("Industriestrategie für den Verteidigungsbereich") vorgelegt. Während man den Green Deal herunterstufte und den Europäischen Souveränitätsfonds – eine Antwort auf Konjunkturprogramm IRA der Biden-Regierung in den USA – von zehn auf 1,5 Milliarden Euro kürzte, wird der Schwerpunkt von klima- auf verteidigungsbezogene Projekte verlagert.

Rüstung boomt, Grenzschutz militarisiert sich

Diese Schwerpunktverlagerung findet vor dem Hintergrund einer Verschärfung der Sparpolitik statt. Insbesondere Deutschland fordert strengere fiskalische Regeln. Das könnte die EU-Mitgliedstaaten dazu zwingen, ihre ohnehin schon knappen Haushaltsmittel im nächsten Jahr gemeinsam um mehr als 100 Milliarden Euro zu kürzen.

Währenddessen berichtet die Financial Times, dass "Europas Rüstungsindustrie boomt" – was den Trend hin zu Kriegswirtschaft unterstreicht. Der EU-Außenamtschef Josep Borrell zitiert derweil den lateinischen Spruch "Si vis pacem, para bellum", "Wenn man Frieden will, muss man sich auf den Krieg vorbereiten."

Vor dem EU-Parlament verkündete die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass man die "Verteidigungskapazitäten" mit einem Turbolader versehen müsse und "operative Fähigkeiten, mit denen Schlachten gewonnen werden können", entwickeln müsse. Außerdem schreitet die Militarisierung der EU-Außengrenzen und der "Krieg gegen Flüchtlingen", auch außerhalb der eigenen Jurisdiktion, voran.

Die wuchernde EU-Grenzschutzagentur Frontex wurde kürzlich mit einem Budget von 5,6 Milliarden Euro ausgestattet, dem höchsten aller EU-Agenturen. Frontex operiert mehr und mehr auch außerhalb der EU, vor allem in Afrika.