Mehr als nur Raubkunst: Der Westen und sein koloniales Erbe

Seite 2: Das koloniale Erbe von Portugal und Spanien

Portugal war seit dem Ende des 14. Jahrhunderts der Pionier des Welthandels und des europäischen Kolonialismus. Schon die erste Reise von Vasco da Gama nach Indien (1497 bis 1499) war ein sensationeller wirtschaftlicher Erfolg. Der Verkauf der mitgebrachten Waren aus Indien brachte ein Vielfaches der gesamten Expeditionskosten ein. Brasilien, fast hundertmal größer als Portugal war von 1500 an portugiesische Kolonie und wurde 1822 unabhängig.

Geblieben sind die portugiesische Sprache und die Nachkommen der afrikanischen Sklaven, die für die Herstellung der Kolonialwaren importiert wurden. Angola, vierzehnmal so groß wie Portugal, war seit 1655 Kolonie und von 1951 bis zur Unabhängigkeit 1975 als Überseeprovinz ein Teil des Mutterlandes.

Der Abzug der Portugiesen hinterließ ein Land im Bürgerkrieg, der bis 2002 dauerte und mehr als 200.000 portugiesische Siedler zurück ins Mutterland trieb, das sie nur mit Mühe integrieren konnte. Mit zahlreichen Stützpunkten entlang der indischen Küste und einem Vizekönig für Portugiesisch-Indien in Goa dominierte Portugal den Gewürzhandel zwischen Südostasien und Europa seit 1510.

Die Kolonie Goa fiel erst 1961 an Indien zurück. Als permissive Touristenattraktion ist die Region bis heute beliebt, was wohl auch ein Erbe des wenig invasiven Kolonialismus der Portugiesen war. Die heutige Inselrepublik Ost-Timor kam im 16. Jahrhundert unter portugiesische Kontrolle und wurde 1975 unabhängig, um sofort von Indonesien besetzt zu werden, zu dem der westliche Teil der Insel gehört.

Erst 2002 wurde Ost-Timor wirklich unabhängig. Das kleine Macao, etwa ein Drittel der Fläche Berlins, war seit 1557 portugiesische Kolonie und ging erst 1999 an China zurück. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kolonien Portugals war Macao als "Las Vegas des Ostens" vor allem durch seine Glücksspielindustrie finanziell erfolgreich. Im Rückblick hat Portugal als Pionier des Kolonialismus einen Teil seiner Kolonien am längsten halten können.

Spanien wurde unter Karl V. (1500-1585), der deutscher Kaiser und König von Spanien war, die bei Weitem größte Kolonialmacht der Neuzeit. Es verlor aber, ähnlich wie Portugal, schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts seine Besitzungen in Lateinamerika und die ehemals spanisch-mexikanischen Territorien einige Jahrzehnte später an die USA.

Übriggeblieben sind nur noch die problematischen Enklaven Ceuta, ironischerweise gegenüber der britischen Enklave Gibraltar, und Melilla in Marokko. Die erste spanische Kolonie, von Kolumbus auf seiner zweiten Reise 1493 auf der Insel Hispaniola gegründet, wurde wenige Jahre später aufgegeben. Heute ist die Insel geteilt, im Westen liegt Haiti und im Osten die Dominikanische Republik, seit 1821 unabhängig von Spanien.

Interne politische Spannungen und amerikanische Interventionen hat die Dominikanische Republik besser überstanden als das ewig krisengeschüttelte Haiti. Heute ist sie ein tropisches Urlaubs- und Rentnerparadies. Am längsten in spanischem Besitz blieben die Philippinen, so benannt nach König Philipp II., seit 1565 zunehmend kolonisiert und verwaltet vom spanischen Mexiko aus.

Nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 übernahmen die USA den Archipel mit seinen 7.600 Inseln, brauchten aber einen erheblichen Militäreinsatz, um den Widerstand der Einwohner zu brechen. Erst 1946 entließen sie das Land in die Unabhängigkeit.

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