Mehr radioaktive Emissionen

Seite 2: Tiefsee-Raubbau

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Hierzulande setzt die interessierte Industrie derweil auf den Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee, was unter Umweltgesichtspunkten mindestens ebenso bedenklich ist. Die dortigen, meist noch weitgehend unbekannten Ökosysteme sind wegen der niedrigen Temperaturen und der geringen Verfügbarkeit von Energie für den Stoffwechsel, besonders empfindlich.

Dennoch treibt die Bundesregierung die Erschließung der Tiefseeressourcen voran, wie unter anderem am Dienstag mit einer internationalen Konferenz zum Thema in Berlin demonstriert wurde.

Deutschland hat von der Internationalen Seabed Authority ISA bereits mehrere Erkundungslizenzen erhalten, eine davon im indischen Ozean und im zentralen Pazifik. Umweltverbände sind alarmiert. Statt unkalkulierbare Risiken für die Umwelt in Kauf zu nehmen sollten lieber sollte lieber auf mehr Effizienz und Recycling gesetzt werden.

Im Pazifik geht es bisher vor allem um Manganknollen, die vom vom Meeresboden eingesammelt werden sollen. Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus Mangan, Eisen, Kupfer, Kobalt, Zink und Nickel, das sich um einen Kristallisationskern ablagert.

Die Metalle stammen aus dem Meerwasser, der größere Teil ist zuvor von diesem aus dem Sediment im Boden gelöst worden. Für menschliche Begriffe ist das Wachstum der bis zu 15 Millionen Jahre alten Knollen ein sehr langsamer Prozess. Sie können einen Durchmesser von bis zu 25 Zentimeter haben, im Durchschnitt sind sie mit drei Zentimetern allerdings deutlich kleiner.

Die Knollen sollen, die Technik ist noch in der Entwicklung, einst in der einen oder anderen Form vom Meeresboden im vier bis sechs Kilometern Tiefe abgekratzt werden. Frühere Versuche mit ersten Proben haben gezeigt, dass die Spuren solcher Einfgriffe - fast wie auf dem Mond - über Jahrzehnte kaum verändert erhalten bleiben.

"Dem Wissen über die Ökologie der Tiefsee fehlen nach wie vor grundlegende Erkenntnisse, um die Auswirkungen des Tiefseebergbaus abschätzen zu können. Der Abbau von einzigartigen Habitaten führt zu gravierenden und irreparablen Schäden in der sensiblen Tiefsee", meint die Meeresschutzreferentin des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Nadja Ziebarth.

"Der geplante Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee schlägt einen vollkommen falschen Pfad ein und verletzt grundlegende Rechte der direkt betroffenen Menschen", ergänzt Michael Reckordt, Koordinator des zivilgesellschaftlichen Netzwerks Arbeitskreis Rohstoffe. Reckrodt hat vor allem die Bewohner der unzähligen pazifischen Inseln im Blick, vor deren Haustür der Abbau erfolgen soll.

Sollten die dortigen Fischbestände oder Korallenstöcke durch die vom Bergbau verursachten Verschmutzungen in Mitleidenschaft gezogen werden, wären die wichtigsten Einnahmequellen vieler Insulaner, Fischerei und Tourismus bedroht.

Anstatt immer neue Rohstoffquellen zu erschließen, müssen wir den Rohstoffverbrauch absolut reduzieren. Die Regierung sollte sich daher stärker für geschlossene Rohstoffkreisläufe, intelligentes und nachhaltiges Produktdesign sowie menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für rohstoffnutzende Unternehmen einsetzen.

Michael Reckordt, Arbeitskreis Rohstoffe