Mexiko: Überraschende Einigung der Linken

Seite 4: Mit Liebe und Frieden zum Wahlsieg?

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Lopez Obrador hat in seiner nun begonnen Vorwahlkampagne ganz neue Töne angeschlagen. Zum einen hat er dem Medienimperium Televisa Frieden angeboten und sich mit dem Unternehmerverband versöhnt. Beides waren wichtige Kontrahenten bei seiner Kandidatur 2006. In seinen Ansprachen bezieht er sich auf "drei fundamentale Werte einer liebenden Republik: Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und Liebe". Die geistig-moralische Wende, die Lopez Obrador da fordert, mag sich merkwürdig anhören und insbesondere der dritte Begriff der "Liebe" ist auch unter sonst besonders loyalen Anhängern umstritten (und wird teilweise durch "Solidarität” ersetzt), aber es trifft durchaus den Nerv vieler Mexikaner – die den Terror des von Präsident Calderon ausgerufenen Drogenkriegs (Krieg gegen die Drogen in Mexiko gescheitert) mit seinen bis zu 50.000 Todesopfern in vier Jahren leid sind. Obrador verspricht als einziger Präsidentschaftskandidat klar und deutlich den Abzug des Militärs aus dem öffentlichen Raum zurück in die Kasernen.

Und obwohl die PRD in der wohl tiefsten Krise seit ihrer Gründung steckt, könnte es also sein, dass ihr Kandidat die kommenden Wahlen gewinnt. "Das wäre gut für Mexiko. Aber die PRD hat ihren Alleinvertretungsanspruch in der Linken verloren. Es haben sich neue Organisationen wie die OPT (Organización Política del Pueblo y los Trabajadores) gegründet, und auch die kommunistische Bewegung formiert sich neu und erlebt erstmals seit Jahrzehnten Zulauf. Die Wahlalternative ist vorhanden, wir sollten den Profipolitikern aber nicht den Aufbau der politischen Organisation überlassen. Das ist die neue Herausforderung für die soziale Linke in Mexiko", sagte Francisco Saucedo.

Die Linke in Mexiko stellt überdies die Frage, ob es nach den Erfahrungen von 1988 und 2006 denn überhaupt möglich ist, dass ein progressiver Kandidat die Wahlen in Mexiko gewinnen kann. Der Schriftsteller und politische Aktivist Paco Ignacio Taibo II beantwortet die Frage wie folgt: "Erstens müsste sie tatsächlich in der Stimmenzahl vorne liegen. Zweitens muss es eine Kraft geben, die das Ergebnis verteidigen kann. Drittens muss die Bourgeoisie davon überzeugt sein, dass ein erneuter Wahlbetrug das Land an den Rand eines Bürgerkrieges bringen würde. Wenn diese drei Situationen eintreten, können wir die Wahl tatsächlich gewinnen."