Mexiko kämpft gegen den Ressourcenfluch

Sheinbaum und Amlo

Claudia Sheinbaum mit ihrem Amtsvorgänger Amlo. Foto: Octavio Hoyos, shutterstock

Die Mexiko will die Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen besser steuern und kontrollieren. Doch welcher Voraussetzungen bedarf es, damit das auch Erfolg hat?

Ende Oktober unterzeichnete Mexikos neugewählte Präsidentin Claudia Sheinbaum ein Dekret, das die Wiederverstaatlichung der Ölunternehmens Petróleos Mexicanos (Pemex) und des Energieversorgers Comisión Federal de Electricidad (CFE) ermöglicht.

Vorher hatten sowohl der Senat als auch das Abgeordnetenhaus den Plänen zugestimmt, für die immerhin drei Artikel in der Verfassung geändert werden mussten. Damit kann Sheinbaum die Politik ihres Amtsvorgängers Andrés Manuel López Obrador (Amlo) fortsetzen, der im April 2022 bereits die mexikanischen Lithiumvorräte verstaatlicht hatte.

Die Renationalisierung der Pemex erfolgt allerdings in einer Phase, in der die mexikanische Ölproduktion schrumpft. 2004 hatte die Produktion mit über 3,5 Millionen Barrel pro Tag (MMbpd) ihren Höchststand erreicht. 2013, zum Zeitpunkt der Privatisierung, förderte die Pemex immerhin noch 2,6 MMbpd. Derzeit sind es nur noch 1,5 MMbpd.

Renationalisierung trotz sinkender Förderung

Die Gründe dafür sind vielfältig. In Mexiko wird seit 120 Jahren Öl gefördert, und gerade die wichtigsten Vorkommen sind nahezu leergepumpt. Und eine langfristige Planung wurde erst vor wenigen Tagen vorgelegt. Für die die Erdölvorkommen, die jetzt noch erschlossen werden können, fehlt es der Pemex an Geld, Technologie und Know-how.

Zwar gibt es auch neue Funde, doch die liegen vor der Küste in tiefen Gewässern. Wenn die Produktion, wie derzeit vorgesehen, wieder erhöht wird, könnte die Fördermenge im Jahr 2028 vorübergehend auf fast 2,25 MMbpd steigen. Doch ab 2030 wird ein rascher Rückgang der Produktion erwartet, der Mexiko schon bald zum Nettoimporteur von Energie machen könnte.

Die Einnahmen aus den Erdölexporten sind bedeutsam für Staatshaushalt und werden allgemein auf 30 bis 40 Prozent beziffert. Allerdings sind diese Zahlen alt und wahrscheinlich ist dieser Anteil heute geringer.

Reform des Bergbaugesetzes

Dreh- und Angelpunkt dieser konzertierten Kampagne zum Schutz der natürlichen Ressourcen Mexikos vor unkontrollierter Ausbeutung ist die Reform des Bergbaugesetzes. Seit dem 9. Mai 2023 müssen Bergbaukonzessionen öffentlich ausgeschrieben und auf Umwelt- und Sozialverträglichkeit geprüft werden.

Konzessionen werden nur noch für 30 Jahre vergeben anstatt für 50 und auch nur noch für den konzessionierten Rohstoff. Bisher durften die Bergbauunternehmen alles verwerten, was sie in ihrem Konzessionsgebiet fanden. Staatlich oder öffentlich betriebene Unternehmen können ausgenommen werden von dieser Regel.

Wasser wird nun ausdrücklich vorrangig für den menschlichen und häuslichen Gebrauch bereitgestellt. Selbst wenn eine Wasserkonzession für den Bergbau bereits erteilt wurde, kann die Wassermenge, reduziert und/oder die Konzession aufgehoben werden, um den Zugang der Anwohner zu Wasser zu gewährleisten.

Wasser für die Menschen

Sogar das Verbot des Tagebaus ist in Mexiko heftig diskutiert, allerdings nicht in das Gesetz aufgenommen worden. Und auch in Zukunft wird es wohl nicht kommen.

Die ausländischen Direktinvestitionen in den mexikanischen Bergbau sind letztes Jahr um knapp sechs Prozent gefallen. Doch halten sie das Niveau von etwa fünf Mrd. US-Dollar jährlich.

Und selbstverständlich gehen die betroffenen Bergbauunternehmen und die US-Regierung gegen die neuen gesetzlichen Anforderungen vor. Besonders erbittert hat die Konzerne die Enteignung der US-Firma Vulcan, die Mexiko Kalkstein abbaut. Die Konzession befindet sich in einer Region, die nun zum Naturschutzgebiet erklärt worden ist.

Die USA schreiten ein

Die dafür angebotenen 360 Mio. US-Dollar Entschädigung sind dem Unternehmen zu wenig, weshalb Vulcan nun eine Klage vor dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) anstrengt. Die Firma hat Mexiko auf 1,5 Mrd. US-Dollar verklagt.

In den Fall hat sich sogar US-Senat eingeschaltet. Ein Gesetzentwurf "Defending American Property Abroad Act" (Gesetz zur Verteidigung von amerikanischem Eigentum im Ausland) zielt auf Vergeltungsmaßnahmen ab, um Staaten in der westlichen Hemisphäre abzuschrecken und zu bestrafen, die US-Eigentum "unrechtmäßig" beschlagnahmen.

Im Falle der Verabschiedung des Gesetzes würde Schiffen das Einlaufen in einen US-Hafen untersagt, wenn sie zuvor einen Hafen, ein Land oder eine Infrastruktur genutzt haben, die einem US-Unternehmen von einer ausländischen Nation in der westlichen Hemisphäre "illegal" entzogen wurden.

Starke staatliche und öffentliche Institutionen gefragt

Der Ressourcenfluch ist real. Aus einer ganzen Reihe von Gründen sind Menschen in rohstoffreichen Ländern oft erschreckend arm. Wie der Fall Mexikos zeigt, braucht es jedoch kompetente, funktionierende und ausreichend starke staatliche und öffentliche Institutionen, um ihm letztlich zu entgehen.

Auch Finanzmittel zur Entschädigung privater Eigner oder Konzessionäre oder für verlorengegangene Prozesse bei Investitionsstreitigkeiten sind unabdingbar.

Schwache oder Vasallenstaaten haben keine Spielräume für solche Politiken. Umgekehrt zeigt das Beispiel Mexiko aber auch, dass die Wiedererlangung der Souveränität über die eigenen Bodenschätze selbst gegen einen übermächtigen Nachbarn wie die USA durchsetzbar ist, wenn die institutionellen Voraussetzungen stimmen.