Mexiko stehen aufrührerische Zeiten bevor

Seite 2: Austeritätspolitik und Privatisierung der Ölindustrie auf dem Rücken der Bevölkerung

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Angeblich sollen mit dem Gasolinazo nur Subventionen in Höhe von 50 Millionen US-Dollar gestrichen werden, welche die Vorgängerregierung eingeführt hatte. Dass sich damit kaum die Erhöhungen von 14 bis 20,1% begründen lassen, weiß auch der Staatspräsident. Deshalb griff er - ganz im Trump-Stil - in die Tasten und erklärte per Twitter: "Der Benzinpreis hat sich erhöht, weil der Ölpreis im vergangenen Jahr weltweit um etwa 60% gestiegen ist."

Er behauptete per Twitter auch, dass es das Land 200 Millionen Pesos - nach dem Absturz des Peso mit der Trump-Wahl nur noch gut neun Millionen Dollar - kosten würde, den künstlich verbilligten Preis zu halten. Dieses Geld fehle, um es in Schulen, Krankenhäuser und ähnliches zu stecken, meint er. Doch das nimmt einer Elite, die vor allem auf persönliche Bereicherung aus ist, in Mexiko ohnehin kaum jemand ab. Dort glaubt man eher, dass die zusätzlichen Einnahmen in die Taschen der Führungselite landen. Deshalb sah sich der Präsident gezwungen, eine Kürzung der Gehälter von führenden Beamten von 10% anzukündigen.

Ob diese Kürzung tatsächlich kommt und wie sie real ausfällt, muss noch abgewartet werden. Doch hungernden Familien ist es ohnehin angesichts steigender Preise egal, ob Gutverdiener 10% weniger einstreichen. Ohnehin verschweigt Peña Nieto geflissentlich, dass Mexiko ein großer Ölproduzent ist, der vom Anstieg der Ölpreise im letzten Jahr massiv profitiert hat. Das passt nicht in seine postfaktische Argumentation. Auch der siebtgrößte Öl-Produzent weltweit hat sich gerade zur weiteren Anhebung der Ölpreise im Rahmen der Opec-Initiative zu einer Förderbegrenzung um 100.000 Barrel pro Tag durchgerungen.

Trotz der Begrenzung sorgen schon die bisherigen Preissteigerungen nicht nur für Mehreinnahmen in Millionenhöhe, sondern man muss sie eher im Bereich von Milliarden messen. Deshalb ist seine Argumentation schlicht eine Irreführung, mit der er die Spritpreiserhöhung zu begründen versucht, die vor allem die einfache Bevölkerung trifft. Das Ziel ist die allgemeine Öffnung der Ölindustrie für private Investoren.

Für den linken Mario Delgado, von der Bewegung zur Nationalen Erneuerung (Morena), handelt es sich um ein Geschenk an ausländische Unternehmen, damit die auf höhere Gewinne erzielen können. In einem Beitrag für die spanische Zeitung El País schreibt er: "Der Vorschlag der Regierung ist eine Ironie: Damit die Mexikaner in den Genuss des freien Wettbewerbs kommen, müssen sie immer tiefer für Benzin in die Tasche greifen." Man spräche insgesamt über ein Geschäftsvolumen von 30 Milliarden Dollar jährlich, das bisher in der Hand der staatlichen Pemex war und nun in private Hände gebracht werden soll.

Dass der Preisanstieg dazu dient, die wirtschaftliche Stabilität des Landes zu garantieren, kann bezweifelt werden. Vielmehr gehen schon jetzt Experten davon aus, dass das ohnehin schwache Wachstum im Land weiter einbrechen und die Inflation zunehmen wird, die der Bevölkerung weiter Kaufkraft raubt. So rechnet die Weltbank (WB) in ihrem Wirtschaftsausblick für 2017 schon damit, dass das schwächelnde Wachstum weiter um 0,5 Prozentpunkte auf 2% zurückgeht.

Hier sind die zunehmenden politischen Konflikte, die angekündigte Austeritätspolitik angesichts einer Staatsverschuldung, die seit 2012 unter Peña Nieto im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung (BIP) um 12 Punkte auf 56% hochgeschnellt ist, und die Sorgen um den angekündigten Protektionismus unter dem neuen Präsidenten Trump noch gar nicht wirklich berücksichtigt. Die Weltbank warnte aber schon einmal vorsorglich, dass Trump auch ein mögliches zusätzliches Wachstum in den USA, das aus den versprochenen Steuersenkungen rühren soll, aufs Spiel setze, wenn er Handelskriege mit China oder Mexiko vom Zaun breche. Vor allem mit China, aber auch in Bezug auf Mexiko geht der neue US-Präsident vor seinem Amtsantritt zusehends auf Crash-Kurs.

Das zeigen nicht zuletzt seine Drohungen gegenüber Autofirmen, die einen Teil der Produktion ins Nachbarland verlagern wollen, das schließlich auch zum Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (Nafta) gehört. Damit stellt er Nafta in Frage und damit die engen wirtschaftlichen Verflechtungen, die sich daraus auch mit Kanada ergeben. Lustig wäre das auch für Kanada nicht (obwohl der Umgang mit dem nordamerikanischen Partner noch nicht definiert ist), da dessen Exporte zu drei Vierteln zum großen Nachbar im Süden fließen.

Doch Trump ist zuzutrauen, dass er es sich sogar mit traditionellen Partnern wie Kanada verscherzt, schließlich hat er im Fall der Drohungen gegen Toyota auch schon die japanische Regierung auf die Palme gebracht. Per Twitter warnte er Toyota in Bezug auf einen geplanten Bau eines Werks jenseits der Grenze zum Bau des Corolla: "Baut die Anlage in den USA oder zahlt eine hohe Grenzsteuer", twitterte er. Das Werk in Mexiko dürfe "auf keinen Fall!" gebaut werden, fügte er an.

Nicht nur Toyota reagierte verschnupft, sondern auch die japanische Regierung, bisher stets ein treuer Verbündeter der USA. "Japanische Autobauer leisten signifikante Beiträge bezüglich Arbeitsplätzen in den Vereinigten Staaten", erklärte der Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Hiroshige Seko. "Es ist wichtig, dass ihre Bemühungen und Ergebnisse breit akzeptiert werden", fügte er an. Toyota bemühe sich, ein gutes Unternehmen für die Bürger zu sein, meinte auch der Regierungssprecher Yoshihide Suga.

Doch Toyota ist bisher nicht eingeknickt und hält an der Investition in Mexiko fest. Trump feierte dagegen, dass Ford eine Investition im Umfang von 1,6 Milliarden Dollar zum Bau eines neuen Werkes in San Luis Potosí aufgegeben hat. Dafür werde der Autobauer in "Michigan erweitern", twitterte der Dampfplauderer stolz. Allerdings hält auch der große US-Konzern General Motors an seiner Entscheidung fest, das Modell Cruze in Mexiko bauen zu wollen und muss vermutlich mit Repressalien rechnen.