Mit Echelon gegen ETA?
Möglicherweise suchen USA nach einer Rechtfertigung des Lauschsystems in Europa
Um Unterstützung für Echelon und den umstrittenen Raketenschirm (NMD) zu bekommen wollen die USA Spanien im Kampf gegen die baskische Separatistenorganisation ETA unterstützen. Alles weist darauf hin, dass die angebliche Terrorbekämpfung dafür herhalten muss, damit die USA ihre Vormachtstellung ausbauen können.
US-Präsident, George Bush sicherte dem spanischen Ministerpräsidenten José Maria Aznar seine Beteiligung am Kampf gegen "den Terrorismus auf spanischem Boden" zu. Spaniens Außenminister, Josep Piqué macht einen qualitativen Sprung im Kampf gegen ETA aus: "Aus technologischer Sicht kann man durch die Kommunikationsüberwachung viel erreichen."
Näheres wollte Piqué nicht preisgeben, konnte er wahrscheinlich auch nicht. So erklärte er: "Die Verantwortlichen auf beiden Seiten müssen die Ideen weiter entwickeln, doch ich glaube, hier wird ein Feld geöffnet, um definitiv den Terrorismus niederzuschlagen." Da Spanien das baskische Problem nicht in den Griff bekommt, war das Angebot Bushs erneut Anlass, der Bevölkerung den baldigen Sieg zu versprechen. Gebetsmühlenhaft reden alle Regierungen seit mehr als 30 Jahren, die Franco-Diktatur eingeschlossen, vom Ende der ETA. Doch das Ende der ETA wird auch die US-Überwachung nicht herbeiführen.
So ist zu vermuten, dass sich hinter der ganzen Angelegenheit Ablenkungsmanöver verbergen. Auffällig war, dass Aznar schon vor dem Bush-Besuch von technischer Unterstützung sprach, aber den Kampf gegen die ETA nicht erwähnte, obgleich er sonst dazu keine Gelegenheit auslässt. Die Verknüpfung mit der ETA stellte erst Bush her, der möglicherweise in Europa nach einer Rechtfertigung für sein Lauschnetz sucht.
Die ETA würde sich in der Tat als gelungene Rechtfertigung für Echelon in Europa anbieten. Denn zur angekündigten Überwachung der ETA müssten weltweit alle Kommunikationswege überwacht werden. Genau das aber soll Echelon leisten. Und als gewollter Effekt fließen dabei auch andere Informationen. Spanien könnte so Schützenhilfe bei der Industriespionage in Europa leisten.
Bush hat ohnehin ein klares Interesse, Spanien an seine Seite zu ziehen, um einen Botschafter in Europa zu haben. Politisch stehen sich die beiden ultrakonservativen Bush und Aznar nah. Spanien nennt Bush "einen unserer vertrauenswürdigsten Partner" - und deshalb begann seine Europareise hier. Mit Aznar an seiner Seite kann er auch europäischen Interessen in Südamerika in die Parade fahren. Auffällig war die Betonung gemeinsamer Interessen beider Länder in Südamerika. "Spanien und die USA sind die wichtigsten Akteure in Iberoamerika und das muss Konsequenzen haben", meinte Außenminister Piqué.
So sieht es auch bei dem mittlerweile in den USA selbst mehr und mehr umstrittenen Raketenschirm aus, mit dem die USA ihre militärische Vormachtstellung sichern wollen. Für NMD sagte Aznar den USA, trotz Widerspruch aus Europa, schon seine Unterstützung zu und will sich an der Seevariante direkt beteiligen. Dazu soll Spanien vier Fregatten vom Typ F-100 erhalten, wie schon im Mai vereinbart wurde. Die Fregatten sollen mit dem hochmodernen Radarsystem Aegis ausgestattet sein. Aegis könne bis zu einhundert Ziele gleichzeitig über sechshundert Kilometer Entfernung verfolgen und sei deshalb besonders geeignet für die Raketenabwehr.
Schon heute ist in der Militärbasis im spanischen Rota eine Einheit Spionageflugzeuge vom Typ EP-3 Orion stationiert. Vom gleichen Typ musste kürzlich eines in China notlanden. Da sich die USA wegen des bevorstehenden Abzugs von Echelon im Jahr 2002 aus Bad Aibling einen neuen Standort suchen müssen, könnte Spanien eine Alternative sein. Besonders, wenn Großbritannien wegen seiner Annäherung an den Kontinent beginnt, die Echelon-Einrichtungen auf der Insel in Frage zu stellen.
Madrid entwickelt sich zusehends zum unsicheren Kantonisten in Europa, der bereit ist, für einige Millionen Peseten europäische Interessen zu verhökern. Mit dem Verkauf der staatlichen Waffenschmiede Santa Barbara an die US-Firma General Dynamics statt an die deutsche Firma Krauss Maffei wurden im letzten Jahr Pläne für eine eigene europäische Rüstungsindustrie durchkreuzt. Der Verkauf ist besonders delikat, weil Santa Barbara Lizenzen für den Bau von Leopard II Panzern besitzt. Die FAZ zitierte europäische Militärkreise, die hinter dem Manöver der USA den Versuch sehen, die europäische Panzerindustrie zu zerstören, um auch hier die Führung auszubauen.
Für Spanien, das zusehends europäischen Ärger erregt, springt bei den Deals mit den USA nicht einmal viel heraus. Eine abgespeckte Version von Aegis soll von der spanischen Firma Izar und der US-Firma Lockheed Martin auf F-85 Fregatten montiert werden, um sie an Norwegen und Saudi Arabien zu verkaufen. Aznar will als Gegenleistung für seine Dienste als US-Botschafter in Europa zudem, dass die sechste US-Flotte in Spanien bleibt und Wartungsaufträge für etwa 30 Million Mark jährlich an die gebeutelten Werften in Cadiz gehen. Zusätzlich steht der Verkauf von 50 CASA-EADS Flugzeugen an die US-Küstenwache an.