Mit Gen-Profiling sollen Politiker patentierbar werden

Mit einem Patentantrag zur genetisch fundierten Auswahl von Politikern will Greenpeace die Praxis bloßstellen, beim Europäischen Patentamt auch natürlich vorkommende Gene und damit Pflanzen und Tiere patentieren zu können

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Um die Herstellung von Mench-Tier-Chimären zu erschweren, hatten Jeremy Rifkin, Leiter der Foundation for Economic Trends, und der Biologe Stuart A. Newman vom Council for Responsible Genetics 1998 ein Patent für die Herstellungsmethode von Mensch-Tier-Chimären und die daraus entstehenden Lebewesen beim amerikanischen Patentamt beantragt. 2004 hat das Patentamt den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die Chimären zu menschenähnlich seien (Mäuse mit menschlichen Gehirnzellen). Patentanträge auf Mensch-Tier-Chimären müssten während einer Zeitspanne von 20 Jahren in den USA zurückgewiesen werden, hoffen sie. Eine ähnliche Aktion hat nun Greenpeace gestartet und ein Patent beim Europäischen Patentamt eingereicht, das zu kommerziellen Zwecken "Gen-Profiling zur Auswahl von politischen Kandidaten" umfasst.

Greenpeace kämpft schon seit vielen Jahren) gegen "Patente auf Leben". Im Jahr 2000 hat das Europäische Patentamt in Umsetzung der EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen entschieden, dass auch Pflanzen und Tier dann patentierbar seien, wenn sie durch neuartige biotechnologische Verfahren hergestellt werden. Seitdem geht der Streit um die Klärung der technischen Bereitstellung und damit um den Unterschied zwischen einer Entdeckung und einer Erfindung. So ist etwa Frage, ob natürlich vorkommende Gene, wenn sie beispielsweise nur durch ein bestimmtes Verfahren isoliert und ihre Funktionen beschrieben werden, mitsamt den Lebewesen, in denen sie vorkommen, patentiert werden können.

Es gibt bereits zahlreiche Patente auf menschliche Gene. Patente dürfen nur für Erfindungen nicht ausgesprochen werden, die die Menschenwürde und die Würde der Kreatur verletzen, wozu das Klonen menschlicher Lebewesen, das Herstellen von Mischwesen mit menschlichen Embryonal- oder Stammzellen oder Veränderungen der Gene in der Keimbahn gehören.

Im Rahmen einer internationalen Kampagne gegen die Patentierung genetischer Ressourcen, an der neben Greenpeace auch Misereor, internationale Bauernverbänden und anderen Organisationen beteiligt sind, hat Greenpeace nun auch einen Patentantrag auf Politiker eingereicht, um die in ihren Augen absurde Politik, auch Beschreibungen von Genen bereits zu patentieren, herauszustellen. In einer Aktion vor dem Bundestag haben Greenpeace-Mitglieder schon einmal von Abgeordneten, die dazu bereits waren, eine Speichel- oder Haarprobe genommen, um sie angeblich einer DNA-Analyse zu unterziehen, für die als "technisches Verfahren" der Patentantrag eingereicht wurde.

Christoph Then, Gentechnikexperte von Greenpeace, begründete den Antrag damit, dass auch das Politikerverhalten von Genen bestimmt werde. Man dürfe Politiker nicht mehr allein vom "Zufall, internen Seilschaften, Parteizugehörigkeit, Traditionen und Meinungsumfragen" auswählen lassen, sondern könne mit Genanalysen die Qualität der Politiker für das Wohl der Gesellschaft optimieren. Für die kommerzielle Verwendung der Genanalyse zur Optimierung der Politikerauswahl fordert Greenpeace nicht nur für die Methode Patentschutz, sondern auch für die derart ausgewählten Politiker.

In dem Antrag "Gen-Profiling zur Auswahl von politischen Kandidaten, kommerzielle Nutzung von Politikern" heißt es, dass vom Europäischen Patentamt auch "Erfindungen" patentiert werden, bei denen man lediglich die "natürlicherweise vorkommenden Gene in Pflanzen und Tieren" nutzt, sie aber nicht gentechnisch verändert. Verwiesen wird auf einen Patentantrag auf Brokkoli (EP1069819), der auch die Patentierung von "biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren" ermöglichen würde (Wie der Brokkoli die Welt verändert).

Diese Entwicklung eröffnet auch die Möglichkeit, die wirtschaftliche Verwertung von entsprechenden Genen und Genprofilen von Menschen zum Patent anzumelden, um diese bei der Auswahl bestimmter gewünschter human ressources nutzen zu können. Diese Patentanmeldung setzt hier an und beschreibt - auf dem technischen und rechtlichen Niveau bereits erteilter Patente ein technisches Verfahren zur Auswahl von Politikern ("marker assisted breeding").

Grundlage der "Erfindung" ist eine repräsentative Genanalyse von Politiker und solchen Menschen, die gerne Politiker werden wollen. Die Eignung von Politikern für bestimmte Aufgaben wird dann nach genetischen Eigenschaften bestimmt. So wird eine Auswahl nach regionaltypischen Merkmalen vorgeschlagen. Für Bundes- und EU-Politiker gibt es die Merkmale des "Globaltyps". Man kann aber auch Politiker mit "besonders ausgeprägten und ungewöhnlichen Charakterzügen" (Charaktertyp) oder "mit möglichst gering ausgeprägtem Charaktertyp" (Flexibler Typ") bestimmten. Unterscheiden ließen sich überdies Politiker für bestimmte Wählerschichten oder allseitig einsetzbare Politiker ("one-size-fits all Typ").

Die Formulierungen im Patentantrag sind eine ausgesprochen gelungene Persiflage nicht nur auf die normalen Patentanträge, sondern auch auf den Jargon, mit dem die Geschäftsaussichten für Innovationen angepriesen werden. Im Unterschied zum Patentantrag auf Chimären von Rifkin/Newman dürfte Greenpeace damit allerdings keinen Erfolg beim Europäischen Patentamt erzielen, da die Beschreibungen zu übertrieben und abwegig sind. Damit macht man vielleicht die Absurdität mancher "Patente auf Leben" deutlich und findet größere Aufmerksamkeit, stellt aber der Institution und den gesetzlichen Regelungen kein Bein.

Die Eigenschaften von Politikern werden qualitativ und technisch klar definierbar und damit zur echten Erfindung und zum patentgeschützten Produkt. Eine breitgefächerte Palette neuer und innovativer Anwendungen ist das Ergebnis dieser technischen Entwicklung. Es ist zu erwarten, dass nicht nur die Demokratie insgesamt, sondern insbesondere bestimmte Wirtschaftszweige von dieser Erfindung profitieren werden.

Damit einhergehend ist es auch erstmal möglich, politische Erfolge, gewonnene Wahlen oder steigende Umfragewerte durch entsprechende Lizenzverträge kommerziell nutzbar zu machen. Damit können politische Erfolge sogar zum Gegenstand börsennotierter Wertschöpfung gemacht werden. So wird es für einen größeren Kreis interessierter Anleger erstmals möglich, gezielt in bestimmte Karieren oder politische Programme zu investieren.