Mit falschen Papieren gegen "Euro-Anarchisten"

Seite 4: Deutscher Kraftwerksbetreiber E.ON kauft "diskrete Beobachtung"

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Die europaweit in beträchtlicher Zahl anrückenden Undercover-Polizisten ärgern sich über ihre Kollegen aus der Privatwirtschaft und beklagen, dass Firmen inzwischen mehr Spitzel in politischen Bewegungen platziert hätten als die Polizei.

Letzte Woche hatte die Tageszeitung Guardian berichtet, wie die deutsche E.ON und andere britische Unternehmen Aktivisten ausspähen ließen. Auftragnehmer war beispielsweise die Firma Vericola, die auf ihrer Webseite mit 90 Kunden wirbt und eine "diskrete Beobachtung" politischer Gruppen, die den "Ruf einer Firma ruinieren" könnten, anbietet.

E.ON hatte auch die Firma "Global Open" mit Spitzel-Diensten beauftragt, von einer Zusammenarbeit mit dem Polizisten Mark Kennedy distanziert sich das Unternehmen jedoch. Auf Indymedia wurde kürzlich enthüllt, dass ein "Paul Mercer" für "Global Open" gearbeitet hatte und Umweltgruppen sowie Tierrechtsaktivisten infiltriere. Mercer war mindestens fünf Jahre lang aktiv. Zu seinen Auftraggebern gehörte auch der Waffenkonzern BAE.

Ausgeforscht wurden von "Global Open" auch Protestgruppen gegen den G20-Gipfel in London und den Ausbau des Heathrow-Flughafens. Weitere Firmen, die ehemalige Undercover-Polizisten unter Vertrag nahmen, war die "Inkerman Group" und "C2i International". Beide unterwanderten die Kampagne "Plane Stupid", die sich gegen zunehmenden Flugverkehr zur Wehr setzt.

"Global Open" -Chefin Rebecca Todd behauptet, lediglich Quellen aus "Open Intelligence" abgeschöpft zu haben. Dies wurde dem Guardian auch von E.ON so diktiert. Der Spiegel hatte E.ON eine Stellungnahme abgerungen, nach der das Unternehmen den Auftrag gab, "Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen, insbesondere Websites, zu sammeln, zu bewerten und zur Verfügung zu stellen". "Vericola" habe keinen Auftrag bekommen, Email-Services zu nutzen oder an Veranstaltungen teilzunehmen.

Tatsächlich hat Todd jedoch elektronische Adressen eingerichtet und diese auf politische Mailinglisten gesetzt. Die Indiskretion wurde bekannt durch die offensichtlich unerfahrene Nutzung ihres Blackberry-Mobiltelefons, über das sie mehrere für Mitarbeiter bestimmte Emails an die ausgeforschten Listen weiterleitete. Laut Aktivisten waren die Mailinglisten allerdings geschlossen; zum Subscribieren müssen Interessierte zuvor an Treffen teilgenommen haben. Tatsächlich wurde Todd unter anderem von 2007 bis 2008 regelmäßig bei der Umweltschutzorganisation "Rising Tide" gesehen.

Mitarbeiter der Firma haben indes durchaus an handfesten Protesten teilgenommen: "You need to send an email to london@climatecamp.org.uk", instruierte Todd einen ihrer Mitarbeiter in einer bekanntgewordenen Mail. "Say that you want to go Sunday and that this is your first time of direct action."