Möglicher Trump-Sieg in USA: Wie würde China reagieren?
Trump 2.0: Chinas Albtraum oder Chance? Xi Jinping und 350 Beamte debattieren über das Szenario einer zweiten Trump-Amtszeit. Was Beijing erwartet.
Die Diskussionen hinter den Kulissen des dritten Plenums des 20. Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas, bei denen sich vergangenen Monat über 350 hochrangige chinesische Beamte in Beijing versammelten, drehten sich zwar primär um Präsident Xi Jinping, doch ein anderer Mann, mehr als 10.000 Kilometer entfernt, könnte sich als Störfaktor erweisen.
Es geht um die Möglichkeit einer erneuten Präsidentschaft Donald Trumps, die laut Analysten tiefgreifende Auswirkungen sowohl auf die chinesischen Politik von "Reform und Öffnung", als auch die Außenpolitik des "Reichs der Mitte" haben könnte.
Zerbrochenes Porzellan
Trumps erste Amtszeit war von einem Weg aus zerbrochenem Porzellan zwischen Washington und Beijing gepflastert. Er bezeichnete China nicht nur als "strategischen Konkurrenten", sondern leitete auch einen Handelskrieges ein – ein Erbe, das von seinem Nachfolger Joe Biden übernommen und auf die Technologiefront ausgeweitet wurde.
Dies könnte sich unter einer möglichen Präsidentschaft Trump 2.0 fortsetzen, was sich geopolitisch sowohl als Herausforderung als auch als Chance für Beijing erweisen könnte, schreibt die South China Morning Post.
China könnte eine Trump-Präsidentschaft als Katalysator nutzen, um seine Außenpolitik neu zu justieren, insbesondere im Hinblick auf das Verhältnis zu Europa und die Beteiligung am Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Wang Xiangwei, ehemaliger Chefredakteur der South China Morning Post und jetzt Dozent für Journalismus an der Hongkonger Baptist University, betont die Dringlichkeit dieser Neuausrichtung.
Drohende Eskalation des Handelskriegs
Die vorherrschende Sicht von Analysten deute darauf hin, dass eine mögliche zweite Amtszeit Donald Trumps das Verhältnis weiter verschlechtern könnte, sagt Wang.
Das hat zunächst offensichtliche handelspolitische Gründe: Zuletzt erklärte Trump in Interviews, dass er im Falle einer Wiederwahl nochmals höhere Zölle auf chinesische Importe verhängen würde. Was laut Einschätzung von Wirtschaftsanalysten das Risiko eines unkontrollierten globalen Handelskriegs massiv verschärfen würde.
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Trotzdem könnte eine mögliche Wiederwahl "nicht nur Ungemach" für das US-Chinesische Verhältnis bedeuten, meint Wang. Denn eine signifikante Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und China sei von keinem der beiden Kandidaten zu erwarten.
"Das Beste, was sich Beijing erhoffen kann, ist eine Stabilisierung der Beziehungen, wenn China sich auf das heimische Wachstum konzentrieren will", urteilt Wang.
Dabei gebe es für China laut Wang nicht ausschließlich Grund zur Sorge:
In vielerlei Hinsicht könnte der für Trumps internationale Politik typische transaktionale Ansatz China geopolitisch entgegenkommen. In einem Interview bekräftigte Trump kürzlich seine seit langem bestehende Skepsis gegenüber der Verteidigung Taiwans im Falle eines Angriffs vom chinesischen Festland. Trump 2.0 könnte dazu beitragen, die Temperatur in der Taiwan-Frage zu senken, die Peking als wichtigste rote Linie in den bilateralen Beziehungen betrachtet.
China und Europa
Auch seine Handelspolitik könnte global gesehen China sogar in die Karten spielen, da Trump wohl "gegen jeden vorgehen würde, der einen Handelsüberschuss mit den USA erzielt, einschließlich der Europäischen Union." Auch die Spannungen um den europäischen Beitrag zur Finanzierung des Nato-Rüstungsausgaben (möglicherweise könnte Trump künftig auf ein Ziel von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts drängen) ist für China eher nützlich, meint Wang:
All dies könnte China die dringend benötigte Gelegenheit bieten, die vereinte westliche Front zu durchbrechen, die Washington zusammengeschustert hat, um sich dem vermeintlich wachsenden und durchsetzungsfähigen Einfluss Beijings zu widersetzen.
Chinas außenpolitische Priorität dürfte sich daher auf die Reparatur und Wiederherstellung der Beziehungen zu den europäischen Ländern konzentrieren, die durch Pekings Unterstützung für die russische Invasion in der Ukraine und die zunehmenden Handelsspannungen belastet wurden.
Damit dies gelingt, müsse China seine Bemühungen um eine baldige Beendigung des Ukraine-Kriegs verstärken, meint Wang. Das jüngste Treffen zwischen Chinas Außenminister Wang Yi und seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba deute bereits genau darauf hin.
Chinas Außenpolitik dürfte sich mit dem Szenario "Trump 2.0" stärker Europa zuwenden, während Beijing mit Blick auf seine Reformpolitik innenpolitisch eine eher abwartende Haltung einnehmen wird. Oberstes Ziel dabei dürfte die "Störfreimachung" wichtiger Industrien und mehr Autarkie bleiben.