Mosul: Schiitische Milizen und Türkei auf Konfrontationskurs

Seite 2: Schiitische Milizen drohen damit, auch in Syrien einzudringen

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Die USA versuchen zu verhindern, dass die schiitischen Milizen, die für die irakische Armee allerdings wichtig sind, auch in die Städte vordringen. Die Türkei, die die schiitischen und kurdischen Milizen fernhalten will, hat ebenfalls gewarnt und mit dem Eingreifen in die Kämpfe gedroht. Seit letztem Jahr hat die Türkei ein Militärlager in Bashiqua, in der Nähe von Mosul, und bildet dort sunnitische Araber als Bodentruppen aus, die von Ankara gesteuert werden können. Gestern hat die türkische Armee an der irakischen Grenze Panzer und Artillerie in Stellung gebracht. Das könnte sich auch gegen die PKK richten, ist aber wohl als Drohung gegen die schiitischen Milizen gedacht, die versuchen, Mosul im Westen einzuschließen und den Verbindungsweg zu Syrien über Tal Afar zu kappen. Man sei für alles bereit, sagte der Verteidigungsminister. Nach nicht bestätigten Informationen bestand die Absicht, den IS-Kämpfern zur Flucht einen Korridor im Westen offen zu halten.

IS-Kämpfer vor Mosul

Umstritten ist, ob sie dann im offenen Land bekämpft werden oder ob sie nach Syrien sollten, um dort im Sinne des Prinzips "Der Feind meines Feinds ist mein Freund" die sunnitische Seite gegen das Assad-Regime und seine Verbündeten zu stärken. Das wollen die nur teils in die irakische Armee integrierten schiitischen Milizen, die bei ihrem Vormarsch Richtung Tal Afar nicht von den USA unterstützt werden, wie Washington betont, offenbar auf jeden Fall verhindern. Eine Besetzung von Tal Afar wäre für Ankara, so betonte Präsident Erdogan, Anlass, militärisch im Irak einzugreifen, zudem will er um jeden Preis mit am Tisch sitzen, wenn es um die Zukunft des befreiten Mosul geht. Und er betonte, dass die Türkei auch intervenieren würde, wenn sich die PKK in Sindschar einnistet.

Der irakische Regierungschef Haider al-Abadi verkündete zwar, dass die IS-Kämpfer nicht fliehen könnten: "Wir werden von allen Seiten vorrücken", sagte er am Montag. Sie hätten keinen Ausweg: "Sie können sterben oder sie können sich ergeben." Noch allerdings ist der Ring im Westen nicht geschlossen und das Vorrücken der schiitischen Milizen könnte zu einem Konflikt mit der Türkei führen. Und er erklärte gestern gegenüber der Türkei: "Wir sind nicht auf Krieg aus, aber wenn dies die Türkei will, sind wir bereit."

Am Montag hatte Hadi al-Amiri, der Chef der schiitischen Badr-Miliz, noch erklärt, dass man zunächst noch dem IS einen Weg zur Flucht freihalten wolle, um die Kämpfe in der Stadt zu erleichtern. Das scheint eine Ambivalenz bei den schiitischen Milizen anzudeuten. Tatsächlich würden auf Selbstmordkommandos getrimmte IS-Kämpfer, wenn sie eingeschlossen wären, eher bis zuletzt sich wehren und viele Angreifer in den Tod reißen.

Möglicherweise aber steckt dahinter eine andere Absicht. Hadi al-Ameri sprach auch davon, die schiitischen Milizen (PMU oder Hashid al-Shaabi) auch nach Syrien zu bringen, um dort den IS zu eliminieren: "Wir haben den Auftrag, das Land zu befreien und die Grenzen dicht abzuschließen, und wir werden nach Syrien gehen, wenn es notwendig ist, weil wir glauben, dass dann, wenn der IS nicht in Syrien vernichtet wird, er eine wirkliche Bedrohung für den Irak darstellt." Damit würden allerdings auch die mit Assad verbündeten Kräfte gestärkt. Man kann davon ausgehen, dass die irakischen schiitischen Milizen ebenso wie die Hisbollah- und iranischen Milizen, die schon auf der Seite von Assad kämpfen, nicht nur gegen den IS, sondern auch gegen die übrigen sunnitischen "Rebellen" vorrücken werden, was den Konflikt zwischen den Regionalmächten Türkei und Saudi-Arabien mit den Golfstaaten und Damaskus, Russland und Iran noch stärker schüren würde.

Inzwischen ist der einzige russische Flugzeugträger "Admiral Kusnezow" mit anderen Kriegsschiffen nach der Durchfahrt durch den Ärmelkanal in das Mittelmeer eingefahren. Die Nato-Staaten hatten dies mit Nervosität und Alarmrufen begleitet. Es sollen sich vor Syrien auch drei russische Kriegsschiffe befinden, die Marschflugkörper mit einer Reichweite von mindestens 1500 km abfeuern können.